Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit S 32.778,90 (darin S 5.463,15 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft, auf der sie eine Landwirtschaft betreiben. Die beklagte Partei war im Bergbau tätig. Im Jahre 1985 schlossen die Streitteile ein Übereinkommen, mit welchem die Kläger dem weiteren Unterbau ihrer Grundstücke durch den Bergbau der beklagten Partei zustimmten und sich letztere verpflichtete, unter Heranziehung modernster bergtechnischer Erkenntnisse alles zu unternehmen, um Schäden an den Grundstücken der Kläger hintanzuhalten. Die beklagte Partei verpflichtete sich für den Fall des Auftretens von Bergschäden, diese zu vergüten. Die Höhe der Vergütung sollte, soweit es um die durch den Bergbau verursachten Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken bzw darauf befindlichen landwirtschaftlichen Kulturen und Waldbeständen geht, nach den Richtlinien der Oberösterreichischen Landwirtschaftskammer bestimmt werden. Was die durch den Bergbau verursachten Schäden an Bauwerken, Straßen etc betrifft, verpflichtete sich die beklagte Partei zur Behebung zum frühestmöglichen Zeitpunkt und zur Vergütung der damit verbundenen Betriebsausfälle, Erschwernisse und ähnlichen Nachteile.
Die Kläger begehrten die Verurteilung der beklagten Partei zum Ersatz ihres mit S 3,620.000,-- bezifferten Schadens. Durch den Betrieb des Kohlebergbaus unter Tag habe die beklagte Partei Schäden an den Grundstücken der Kläger sowie an den auf diesen Liegenschaften befindlichen Bauwerken verursacht. Die beklagte Partei habe sich vertraglich verpflichtet, den Klägern alle durch den Bergbau verursachten Schäden zu ersetzen. Verschiedenste Schäden (an Gebäuden, an landwirtschaftlichen Maschinen, am Waldbestand und Waldboden, an Holzbringungswegen, durch den Einsatz einer Steinsammelmaschine, durch Geländeeinbrüche) seien nicht ersetzt worden. Die beklagte Partei habe lediglich S 600.000,-- zur Abgeltung all dieser Schäden angeboten und diesen Betrag gerichtlich hinterlegt.
Die beklagte Partei erhob - neben sachlichen Einwendungen - die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Es handle sich bei den von den Klägern geltend gemachten Ansprüchen um solche nach § 182 des Berggesetzes (BergG), über welche die Berghauptmannschaft zu entscheiden habe.
Dem hielten die Kläger entgegen, die Streitteile hätten ausdrücklich die Bereinigung der geltend gemachten Bergschäden im ordentlichen Rechtsweg vereinbart; sie machten keine in § 182 BergG geregelte Schäden geltend, vielmehr seien alle Schäden während der noch nicht beendeten Bergbautätigkeit der beklagten Partei entstanden.
Das Erstgericht hob das Verfahren ab Anordnung der Klagszustellung wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs als nichtig auf und wies die Klage zurück. Die Kläger hätten keinen Bergschaden im Sinne des § 183 Abs 1 BergG geltend gemacht, weil nach dessen Abs 2 kein Bergschaden vorliege, wenn ein Schaden an einem Grundstück entstehe, der durch dessen Benützung nach dem Berggesetz oder einer bürgerlich-rechtlichen Vereinbarung entstehe. § 182 BergG enthalte Regelungen über die Herstellung des früheren Zustands zur Sicherung der Oberflächennutzung nach Beendigung der Bergbautätigkeit. In § 182 Abs 3 sei der Geldersatz geregelt, im Abs 5 sei bei Nichtzustandekommen einer Einigung zwischen dem Bergbauberechtigten und dem Grundeigentümer die Zuständigkeit der Berghauptmannschaft unter Verweisung auf § 172 Abs 6 BergG angeordnet. Es sei daher die Berghauptmannschaft zur Entscheidung über die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche zuständig.
Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichts ersatzlos auf und trug diesem die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf; der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt. Für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs sei in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt maßgeblich. Es komme auf die Natur und das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an. Beim Begehren der Kläger handle es sich um privatrechtliche, in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallende Schadenersatzansprüche, nämlich die Kosten der Wiederherstellung ihrer im Zuge der Bergbaumaßnahmen beschädigten Grundstücke und Bauwerke. Die Entscheidung über diese Ansprüche sei durch das Berggesetz den ordentlichen Gerichten nicht entzogen und vor eine andere Behörde (Berghauptmannschaft) verwiesen. Es handle sich nicht um Ansprüche nach § 182 BergG.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte, ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt maßgeblich. Es kommt auf die Natur (das Wesen) des geltend gemachten Anspruchs an. Immer dann, wenn von der Zuständigkeit der Gerichte zur Entscheidung über bürgerliche Rechtssachen (§ 1 JN) eine Ausnahme geschaffen werden soll, muß dies in dem hiefür erforderlichen „besonderen Gesetz“ (hier: Berggesetz) klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden. Eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, welche die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde normieren, ist unzulässig. Im Zweifel müssen bürgerliche Rechtssachen mangels ausdrücklicher oder unzweifelhaft schlüssiger anderer Anordnung durch die Gerichte entschieden werden. Es ist daher zu prüfen, ob die vorliegende Rechtssache ausdrücklich einer anderen Behörde zur Entscheidung übertragen ist (JBl 1992, 108; JBl 1991, 53; SZ 59/107).
Die beklagte Partei vertritt die Ansicht, gemäß § 182 Abs 5 BergG sei die Berghauptmannschaft zur Entscheidung über die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche zuständig. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. § 182 BergG behandelt die Sicherung der Oberflächennutzung nach Beendigung der Bergbautätigkeit. Zu diesem Zweck hat der Bergbauberechtigte geeignete Maßnahmen zu treffen und für Bergbauzwecke benützte fremde Grundstücke und Grundstücksteile wieder in den früheren Zustand zu versetzen. Gemäß § 182 Abs 3 BergG hat er dem Grundeigentümer für den durch die Bergbautätigkeit entstandenen, nicht durch die Wiederherstellung des früheren Zustands oder andere Maßnahmen nach Abs 1 ausgeglichenen Vermögensnachteil eine angemessene Entschädigung zu leisten. Kommt über eine solche Entschädigung zwischen dem Bergbauberechtigten und dem Grundeigentümer keine Einigung zustande, ist die Berghauptmannschaft gemäß § 182 Abs 5 BergG zur Entscheidung berufen. Eine Entschädigung im Sinne des § 182 Abs 3 BergG wird aber von den Klägern nicht begehrt. Sie brachten nicht etwa vor, ein Vermögensnachteil sei ihnen dadurch entstanden, daß die dem Bergbauberechtigten obliegende Sicherung der Oberflächennutzung nach Beendigung der Bergbautätigkeit nur ungenügend vorgenommen worden sei bzw die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht habe erfolgen können, sie begehren vielmehr den Ersatz von Schäden, die während der Bergbautätigkeit („durch den Kohleabbau“, „durch die Abbauarbeiten“ ...: S 3 f der Klage) entstanden seien. Dabei berufen sie sich auf eine zwischen den Streitteilen geschlossene Vereinbarung, mit der sich die beklagte Partei verpflichtet habe, alle durch den Bergbau verursachten Schäden zu ersetzen. Die Verletzung der die beklagte Partei treffenden Sicherungspflicht gemäß § 134 Abs 1 BergG und der damit verbundene Anspruch der Kläger auf angemessene Entschädigung (§ 182 Abs 3 BergG) sind nicht dem Anspruch der Kläger auf Ersatz ihres Schadens gleichzusetzen, den sie unmittelbar durch die Bergbautätigkeit selbst erlitten haben (vgl 1303 BlgNR 13.GP 98).
Die Kläger machen einen vertraglichen Anspruch auf Ersatz der durch den Bergbau der beklagten Partei verursachten Schäden geltend. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Schaden zufolge § 183 Abs 2 Z 2 BergG, wonach ein Schaden an einem Grundstück, der durch dessen Benützung nach diesem Bundesgesetz oder einer „bürgerlichrechtlichen“ Vereinbarung entsteht, nicht als Bergschaden gilt, als Bergschaden im Sinne des V.Abschnitts des Berggesetzes anzusehen ist (1303 BlgNR 13.GP 99), denn gemäß § 189 BergG bleiben die Vorschriften, nach denen ein Bergbauberechtigter für einen von ihm verursachten Bergschaden in weiterem Umfang als nach dem Berggesetz haftet, unberührt. Als solche haftungsbegründende Vorschriften kommen vor allem § 364a bzw die §§ 1293 ff ABGB in Betracht (1303 BlgNR 13.GP 100; vgl. ÖZW 1994, 109). Die Berghauptmannschaft ist zur Schadensregulierung - auch nur - primär (also vor der sukzessiven Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte) bloß gemäß § 182 BergG zuständig, doch liegen diese Voraussetzungen - wie zuvor ausgeführt - nicht vor. In diesem Zusammenhang ist noch zu bedenken, daß das von der Behörde nach Beendigung der Bergbautätigkeit durchzuführende Verfahren zur Sicherung der Oberflächennutzung (§ 182 Abs 1 BergG) eine Antragstellung des Grundeigentümers, dessen Grundstücke für Bergbauzwecke benutzt wurden, nicht vorsieht, es sich vielmehr um ein von Amts wegen durchzuführendes Verfahren handelt (VwGH in ecolex 1996, 210). Das Auslegungsergebnis, einen Grundeigentümer auf § 182 BergG zu verweisen, obwohl er keinen Einfluß darauf nehmen kann, ob Maßnahmen zur Sicherung der Oberflächennutzung ergriffen bzw angeordnet werden, wäre daher nicht vertretbar.
Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 und 52 ZPO, weil über die erfolglose Prozeßeinrede der beklagten Partei im Zwischenstreit endgültig entschieden wurde (Fucik in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 52 mwN).
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