OGH 1Ob2303/96z

OGH1Ob2303/96z25.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner in der Rechtssache der klagenden Partei D***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Fritz Müller und Dr.Michael Müller, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei E***** P***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Harald Christandl, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 3,121.297,22 sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 13.Juni 1996, GZ 1 R 123/96-12, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 15.März 1996, GZ 3 Cg 255/95-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei wurde von der beklagten Partei mit der Verlegung und Montage der Trapezblecheindeckung samt Kleinarbeiten, der Verkleidung der Radträger Achse 13 und der Herstellung der Atrium-Hochzüge und der Wandverkleidungen samt Stahlkonstruktion für die Fensterausnehmungen in deren Grazer Einkaufszentrum beauftragt. Eine Pauschalpreisvereinbarung konnte nicht festgestellt werden. Die Arbeiten in Erfüllung des Hauptauftrags waren im großen und ganzen im Oktober 1992 beendet. Bis zum 5.11.1992 leistete die klagende Partei noch kleinere Fertigstellungsarbeiten. Schließlich machte die beklagte Partei Ersatzansprüche geltend, weil sich ein Betonteil gelöst hatte. Zum 30.11.1992 waren alle Arbeiten endgültig abgeschlossen. Infolge "betriebsinterner Schwierigkeiten" legte die klagende Partei die Schlußrechnung erst am 9.11.1995. Diese ging der beklagten Partei am 10.11.1995 oder wenig später zu. Vorher hatte es seit Abschluß der Arbeiten keine Korrespondenz zwischen den Streitteilen gegeben; es hatten auch keine Gespräche stattgefunden. Da die beklagte Partei nicht bereit war, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, überreichte die klagende Partei die vorliegende Klage am 5.12.1995. Für die im November 1992 erbrachten Leistungen ist zwischen den Parteien streitig, ob diese von der beklagten Partei überhaupt in Auftrag gegeben wurden.

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von S 3,121.297,22 sA als Werklohn aufgrund der Schlußrechnung vom 9.11.1995.

Die beklagte Partei wendete ua ein, der geltend gemachte Werklohnanspruch sei verjährt. Das Werk sei überdies mangelhaft. Die Mängel seien anläßlich der "Abnahme der Arbeiten" festgestellt und die klagende Partei zur Mängelbehebung aufgefordert worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es bejahte die Verjährung des Klageanspruchs. Gemäß § 1486 Z 1 ABGB beginne die Verjährung nämlich ab dem Zeitpunkt, in dem eine Rechnungslegung objektiv möglich gewesen wäre, zu laufen. Aus der bisherigen Rechtsprechung ergebe sich für die Rechnungslegung eine Höchstfrist von einem Jahr. Daß gelte jedoch nicht, wenn die Rechnungslegung - wie hier - bis zum Ende der Verjährung verzögert worden sei. Dann sei es vielmehr sachgerecht, den Beginn der Verjährung mit Vollendung des Werks anzunehmen. Das entspreche § 1170 ABGB. Auch aus der Gewährleistungsfrist von drei Jahren für unbewegliche Sachen und den Rechtsfolgen einer nicht gehörigen Verfahrensfortsetzung sei zu schließen, daß die Rechnungslegung knapp vor Ende der Verjährungsfrist verspätet sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, trug dem Erstgericht die Ergänzung des Verfahrens und die neuerliche Entscheidung auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, daß eine Werklohnforderung gemäß § 1486 Z 1 ABGB in drei Jahren ab deren Fälligkeit verjähre. Die Fälligkeit trete gemäß § 1170 ABGB nach Vollendung des Werks ein, wenn nicht die Verkehrsübung oder die Vereinbarungen der Vertragspartner einen späteren Fälligkeitszeitpunkt ergäben. Fehle es an einer fixen Pauschalpreisvereinbarung, habe der Unternehmer den Werklohn detailliert zu errechnen. Dessen Fälligkeit trete dann aber erst mit Zusendung der Rechnung an den Besteller ein. Vorher könne nämlich weder der Unternehmer einen bestimmten Betrag fordern, noch der Besteller einen solchen zahlen. Die Rechnungslegung habe jedoch in angemessener Frist zu erfolgen. Verletze der Unternehmer diesen Grundsatz, beginne die Verjährung ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechnungslegung objektiv möglich gewesen sei. Hier sei die klagende Partei ab 30.11.1992 (Vollendung des Werks) in der Lage gewesen, eine detaillierte Rechnung zu erstellen. Dafür sei eine Frist von etwa drei Monaten zuzubilligen. Die Klage sei am 5.12.1995 eingebracht worden. Eine Verjährung des Klageanspruchs wäre daher nur eingetreten, wenn man der klagenden Partei lediglich eine Rechnungslegungsfrist von fünf Tagen zubilligen wollte. Das wäre jedoch nicht sachgerecht. Nichts anderes gelte, wenn der Entscheidung die Annahme zugrunde zu legen wäre, daß für die im November 1992 ausgeführten Arbeiten kein Werkauftrag vorliege. Dann wäre das Werk im Oktober 1992 vollendet worden. Auch in einem solchen Fall hätte die angemessene Rechnungslegungsfrist erst Ende Jänner 1993 geendet. Die auf die Gewährleistungsfrist für unbewegliche Sachen gestützte Rechtsansicht des Erstgerichts sei unzutreffend, weil der Besteller primär an der Herstellung eines mangelfreien Werks interessiert sei und daher im Regelfall unabhängig von der Rechnungslegung auf Mängelbehebung bestehen werde.

Der Rekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Fehlt es - wie hier - an der Vereinbarung eines fixen Pauschalentgelts, wird der Werklohn nicht schon mit Vollendung des Werks, sondern erst nach Rechnungslegung fällig (7 Ob 620/95; RdW 1996, 357; SZ 54/35; EvBl 1974/158; EvBl 1971/119; SZ 38/44 uva). Der Unternehmer darf allerdings den Beginn der Verjährung nicht durch eine ungebührliche Verzögerung der Rechnungslegung hinausschieben. Fehlt es an einer Vereinbarung über den Zeitpunkt der Rechnungslegung (JBl 1982, 429), beginnt die Verjährung nach Ablauf einer angemessenen Frist zu laufen, innerhalb deren die Rechnungslegung objektiv möglich gewesen wäre (7 Ob 620/95; RdW 1996, 357; SZ 54/35;

Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 21 zu § 1170 mwN aus der Rsp). Ihre Dauer wird durch die Verkehrsübung bestimmt. Diese ist aber ihrerseits von den Umständen des Einzelfalles abhängig (7 Ob 620/95; JBl 1970, 314;

EvBl 1974/158). Demnach läßt sich keine allgemein gültige Frist festlegen, nach deren Verstreichen die Verjährung jedenfalls beginnt (7 Ob 620/95). Die Beurteilung, in welcher als angemessen anzusehenden Frist die klagende Partei nach Vollendung des Werks die Schlußrechnung hätte legen können, hängt daher allein von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist in der Annahme einer Frist von drei Monaten jedenfalls auch keine gravierende Fehlbeurteilung als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rekurses zu erblicken. Die Entscheidung hängt daher schon deshalb nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 519 Abs 2 ZPO und § 502 Abs 1 ZPO ab.

Verfehlt ist aber auch die Ansicht der beklagten Partei, die Verjährungsfrist dürfe nicht länger als die Gewährleistungsfrist sein. Darauf erwiderte bereits das Berufungsgericht zutreffend, das Verbesserungsinteresse des Bestellers bestehe unabhängig von der Verjährung der Werklohnforderung. Folgte man den Rekursausführungen, liefe das im Ergebnis darauf hinaus, der Spekulation des Bestellers, den Unternehmer vor Eintritt der Verjährung nicht an die Werklohnforderung erinnern zu wollen, ein rechtlich schutzwürdiges Interesse zuzubilligen. Im übrigen ist bei der hier zu lösenden Verjährungsfrage - entgegen den Rechtsmittelgründen - auch keine Parallele zur Anspruchsverjährung wegen nicht gehöriger Verfahrensfortsetzung gemäß § 1497 ABGB zu ziehen. Bis zum Ablauf der Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechnungslegung nach der Verkehrsübung objektiv möglich war, kann sich nämlich die Frage der Verjährung der Werklohnforderung wegen nicht gehöriger Verfahrensfortsetzung gar nicht stellen. Die Klage wurde aber jedenfalls noch vor Verjährung des geltend gemachten Anspruchs eingebracht. Eine Verjährung der Werklohnforderung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens könnte nur das Ergebnis einer künftigen Säumnis der klagenden Partei sein. Erst dann wäre zu klären, ob der Klageeinbringung nach dem Gewicht einer solchen Säumnis die Wirkung der Unterbrechung der Verjährung zu versagen wäre.

Der Klageanspruch wäre aber auch dann nicht verjährt, schlösse man sich dem Prozeßstandpunkt der beklagten Partei zur Rechnungslegungsfrist an. Die beklagte Partei brachte nämlich im Verfahren erster Instanz vor, das durch die klagende Partei hergestellte Werk sei mangelhaft. Die Mängelfeststellung sei bei Abnahme des Werks erfolgt und die klagende Partei sei auch zur Mängelbehebung aufgefordert worden (ON 6). Bei Verbesserungsverzug wird die Verjährung jedoch nicht vor der objektiven Möglichkeit einer Verbesserung oder der Ablehnung einer solchen in Gang gesetzt (RdW 1996, 357; SZ 54/35). Die für die Voraussetzungen der Verjährung behauptungs- und beweispflichtige beklagte Partei erstattete allerdings kein Vorbringen, wonach eine Mängelbehebung innerhalb weniger Tage oder weniger Wochen objektiv möglich gewesen wäre, je nachdem, ob als Zeitpunkt der Vollendung des Werks Ende November 1992 oder Ende Oktober 1992 zu unterstellen wäre.

Der Rekurs ist daher zurückzuweisen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen, weil sie auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der beklagten Partei nicht einmal hinwies. Die Rekursbeantwortung war demnach zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte