Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 844,85 EUR (darin enthalten 140,81 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Kläger erwarben von der beklagten Partei am 26. 5. 2006 702 Stück Wertpapiere der M***** Ltd (M*****) zu einem Kurswert von 10.986,30 EUR zuzüglich Spesen von 384,52 EUR, insgesamt daher um 11.370,82 EUR.
In dem zu 46 Cg 89/09x des Handelsgerichts Wien anhängigen Verfahren (Erstprozess) begehren die Kläger die Aufhebung dieses Kaufvertrags und die Rückzahlung des gesamten Kaufpreises samt 4 % Zinsen seit 26. 5. 2006 Zug um Zug gegen Rückstellung der Wertpapiere. Sie stützten die Klage „vordergründig“ auf listige Irreführung nach § 870 ABGB und auf einen veranlassten Irrtum nach § 870 ABGB. Wesentliche anspruchsbegründende Behauptung war, die beklagte Partei hätte ihre (insbesondere aus dem WAG abzuleitende) Aufklärungspflicht verletzt und die Kläger über die (wertbildenden) Eigenschaften der erworbenen Wertpapiere in die Irre geführt.
Im vorliegenden Verfahren, das denselben Wertpapierkauf zum Gegenstand hat, begehren die Kläger primär die Zahlung von 13.101,68 EUR samt 4 % Zinsen seit 16. 3. 2010 Zug um Zug gegen die Rückstellung der Wertpapiere. Hilfsweise wird die Feststellung angestrebt, dass die beklagte Partei für jeden Schaden hafte, welcher den klagenden Parteien aus der Vermittlung von sowie aus der fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wertpapiere entstehe. Der Klagsbetrag setzt sich aus dem Kaufpreis inklusive Spesen von 11.370,82 EUR und dem Betrag von 1.730,86 EUR an hypothetischem Zinsgewinn bei einer alternativen Veranlagung in Höhe von 4 % Zinsen aus 11.370,82 EUR für den Zeitraum von 26. 5. 2006 bis 15. 3. 2010 zusammen. Die Kläger erklärten, ihre Klage auf Schadenersatz aufgrund culpa in contrahendo, auf Schadenersatzansprüche nach § 874 ABGB, § 15 WAG aF, § 1300 ABGB, § 295 iVm § 1311 ABGB iVm § 146 StGB, § 255 AktienG, § 48a bis d BörseG, §§ 1 und 2 UWG und §§ 4, 11 und 15 KMG sowie auf jeden weiteren erdenklichen Rechtsgrund wegen arglistiger bzw schuldhafter Verletzung der gebotenen Aufklärung zu stützen.
Das Erstgericht wies die Klage im Umfang des Zahlungsbegehrens von 11.370,30 EUR samt 4 % Zinsen seit 16. 3. 2010 zurück.
Das Rekursgericht bestätigte diese Zurückweisung mit der Maßgabe, dass die Klage im Umfang von 11.370,82 EUR samt 4 % Zinsen seit 16. 3. 2010 zurückgewiesen werde. Es ließ den Revisionsrekurs wegen der Vielzahl vergleichbarer beim Handelsgericht Wien und beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien anhängiger Fälle zu.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Kläger ist entgegen diesem Ausspruch nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst in mehreren gleichgelagerten Fällen, in denen die dort auftretenden - durch dieselbe Rechtsanwaltsgmbh vertretenen - Kläger praktisch gleiche Argumente vortrugen, das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit ausgehend von einem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff bejaht (7 Ob 194/10w; 7 Ob 207/10g; 1 Ob 177/10a). Dabei wurde die auch jetzt im Revisionsrekurs vertretene Ansicht, es lägen verschiedene Streitgegenstände vor, weil im Erstprozess eine Irrtumsanfechtung vorgenommen werde, während mit der vorliegenden Klage Schadenersatzansprüche verfolgt würden (dreigliedriger Streitgegenstandsbegriff), ebenso ausdrücklich abgelehnt wie das (auch hier im Revisionsrekurs nicht konkretisierte) Argument, die zweite Klage enthalte neue, in der ersten Klage nicht vorgetragene Sachverhaltselemente. Bereits die erste Klage habe Umstände enthalten, aus denen sich ein Fehlverhalten der beklagten Partei durch Verletzung der sie treffenden Aufklärungspflichten ergäbe. Dass diese Kriterien bei den hier jeweils zu beurteilenden Tatsachenbehauptungen nicht gelten sollten, vermag der Revisionsrekurs nicht darzulegen. Das Eventualfeststellungsbegehren war nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.
Da der Revisionsrekurs keine erheblichen Rechtsfragen aufzeigt, die sich nicht durch die (insbesondere jüngst ergangene) Judikatur des Obersten Gerichtshofs - und zwar im Sinn der Entscheidung der Vorinstanzen - beantworten ließen, ist er als unzulässig zurückzuweisen (ebenso jüngst in einem weiteren Parallelfall 3 Ob 196/10k).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat zwar in ihrer Revisionsrekursbeantwortung nicht ausdrücklich auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen, was in der Regel Voraussetzung für den Zuspruch der Kosten der Rechtsmittelbeantwortung ist (Fucik in Rechberger, ZPO³ § 41 ZPO Rz 5 mwN). Im konkreten Fall ist aber zu berücksichtigen, dass der beklagten Partei zum Zeitpunkt der Erstattung der Revisionsbeantwortung die erst im Dezember 2010 ergangene Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu den gleichgelagerten Fällen nicht bekannt gewesen sein konnte. Damit sind die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten zu qualifizieren. Die Bemessungsgrundlage beträgt aber nur 11.370,82 EUR.
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