OGH 1Ob209/75

OGH1Ob209/7510.11.1975

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Schragel, Dr. Petrasch und Dr. Schubert als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*, Inhaber einer *Fabrik,*, vertreten durch Dr. Walter Vavrovsky, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Mag. Arch. K*, vertreten durch Dr. Peter Raits, Rechtsanwalt in Salzburg als Prozesskurator, wegen S 40.432,82 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14. Mai 1975, GZ. 2 R 83/75‑36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 12. Dezember 1974, GZ. 3 Cg 426/73‑32, teilweise abgeändert, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00209.75.1110.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird unter gleichzeitiger Aufhebung des Urteils erster Instanz auch in Ansehung des Teilbetrages von S 28.176,66 s.A. zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der * 1972 verstorbene Architekt K* erteilte dem Kläger im Jahre 1971 den Auftrag, in seinem Haus (Neubau) in Salzburg Blindböden, Parkettriemenböden, Klebeparketten und Spannteppiche zu liefern und zu verlegen. Der Kläger nahm diesen Auftrag an und stellte am 30. Juni 1972 ein Entgelt von S 108.117,21 brutto und nach Gewährung eines Sondernachlasses von 12 % in der Höhe von S 13.117,24 den Betrag von S 95.000,‑‑ netto in Rechnung.

Der Kläger begehrte zunächst den auf diese Rechnung offenen Restbetrag von S 55.000,‑‑ samt 9,5 % Verzugszinsen und schränkte infolge einer weiteren Teilzahlung der beklagten Partei in Höhe von S 14.576,18 das Begehren auf S 40.432,82 (richtig S 40.423,82) samt stufenweise berechneten Zinsen ein.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Der strittige Restbetrag betreffe die Position 1 bis 4 der Rechnung des Klägers, deren Bezahlung wegen Mangelhaftigkeit der ausgeführten Arbeiten verweigert werde. Die gelieferten Parkettböden lägen nämlich an einigen Stellen nicht eben, sondern hätten sich geworfen und sogenannte Schüsselungen bekommen. Der Kläger habe die Behebung dieser Mängel zugesagt, verweigere jedoch die Schadensbehebung nunmehr mit der Begründung, dass er Architekt M* vor dem frühzeitigen Verlegen der Parkettböden gewarnt habe, weil die Decken noch nicht vollständig ausgetrocknet gewesen seien. Tatsächlich seien jedoch zur Zeit der Verlegung die Decken schon ausgetrocknet gewesen; infolge vertragswidriger Mangelhaftigkeit sei der vom Kläger begehrte Werklohn nicht fällig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Der Kläger führte die in Auftrag gegebenen Arbeiten in der Zeit vom 25. September 1971 bis 15. Dezember 1971 durch, abgesehen von kleineren Restarbeiten, die bis 31. Dezember 1971 zu Ende geführt wurden. Er wies Arch. M* vor Ausführung des Auftrages darauf hin, dass er die hohe Baufeuchtigkeit bedenklich finde. Arch. M* erwiderte aber, dass er die Frist einhalten und sein Haus in 6 Monaten fertigstellen wolle. Trotz seiner geäusserten Bedenken führte der Kläger den Auftrag durch, ohne eine Haftungsbefreiung zu vereinbaren. Arch. M* akzeptierte über Vorschlag des Klägers eine teurere Verlegungsweise, nämlich das Einziehen von Polsterhölzern, stellte auch Dachpappe bei, um dem Kläger eine bessere Isolierung zu ermöglichen. Die (noch strittigen) Arbeiten des Klägers betrafen das Wohnzimmer, den Stiegenaufgang, die Galerie und den Gang im ersten Stock. Der Wohnraum des Hauses ist nicht unterkellert. Während normalerweise Parkettriemen, die im sogenannten Schiffverband verlegt sind, direkt auf Polsterhölzer verlegt werden, wurden im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der grossen Bauhöhe drei Lagen Polsterhölzer und darauf noch zusätzlich ein Blindboden aufgebracht. Die unterste Polsterlage wurde mit Hilfe eines Bolzensetzgerätes in den Beton genagelt, um in Verbindung mit der verlegten Bitumenpappe einen grösseren Schutz vor Feuchtigkeit zu bewirken und dadurch die zu erwartende Bewegung des Bodens durch Aufwölben zu verhindern. Auch im ersten Stock (Diele bzw. Galerie) wurde eine Lage Polsterhölzer mit Hilfe eines Bolzensetzgerätes in den Unterbeton genagelt. Unter Berücksichtigung normaler Austrocknung müssten die im Oktober 1971 hergestellten Betondecken im Zeitpunkt der Vernagelung (Dezember 1971) genügend ausgetrocknet und damit theoretisch verlegereif gewesen sein. Der vom Kläger verlegte Parkettboden entspricht bezüglich Holzqualität und Verarbeitung eindeutig der Qualitätsklasse 1. Ein Werfen des Bodens ist an keiner Stelle des Hauses (richtig des Erdgeschosses) festzustellen. Lediglich bei der Terrassentür des Erdgeschosses ist an den dort befindlichen Sockelleisten und am Rahmen der Terrassentür eine Bewegung des Bodens erkennbar. Die beanstandete Schüsselung ist zum überwiegenden Teil lediglich auf einen optischen Effekt des durch die tiefen Fensterflächen sehr schräg einfallenden Lichtes in Verbindung mit der Versiegelungsschicht und der eingetretenen Quellung des Holzes zurückzuführen. Nur vereinzelte Parkettriemen weisen eine echte Schüsselung auf. In der Diele des Obergeschosses hat sich das massive Randbrett des Parkettbodens am Ende der Treppe verschoben, wodurch es zu einem Hochwölben der Parkettriemen um etwa 25 mm kam. Ursache für den geschilderten Zustand der Böden im Erdgeschoss und im ersten Stock und die optischen Eindrücke ist die überraschend hohe Luftfeuchtigkeit im Raume, welche nach Beendigung des Baues nicht zu erwarten war. Für die an und für sich geringfügigen Mängel in der Bodenverlegung ist nicht die Feuchtigkeit im Untergrund, sondern die allgemein hohe Baufeuchtigkeit ursächlich. Während im Wohnzimmer nach den Bekundungen des Sachverständigen keine Mängel vorhanden sind, welche vom Kläger als Verleger zu vertreten wären, erfordern die Mängel des Obergeschosses einen ganz geringen Materialaufwand, sowie einen Arbeitsaufwand von 2 Arbeitstagen für 2 Mann, wobei die Partiestunde (ein Facharbeiter und eine Hilfskraft) zusammen mit etwa S 200,-- bis S 220,‑‑ anzunehmen ist. Ob nach der Mängelbehebung im Obergeschoss auch eine Neuversiegelung notwendig sein wird, kann erst nach Durchführung der Reparaturarbeiten verlässlich beurteilt werden.

Bei seiner rechtlichen Beurteilung ging der Erstrichter davon aus, dass der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren sei. Der Kläger habe das Werk Ende 1971 vollendet. Die beklagte Partei, welche die unvollständige Erfüllung des Werkes angenommen und Verbesserung verlangt habe, könne aber den gesamten Werklohn bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrages, somit bis zur Verbesserung des mangelhaften Werkes, zurückbehalten.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung des Klägers Folge. Es erkannte die beklagte Partei mit Teilurteil schuldig, dem Kläger einen Betrag von S 28.176,66 s.A. zu bezahlen. Im übrigen wurde das Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass bei dem vorliegenden Werkvertrag gemäss § 1168 a ABGB die Gefahr des zufälligen Unterganges und damit auch die Gefahr der zufälligen Verschlechterung vom Besteller zu tragen sei, wenn das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers misslingt, vorausgesetzt, dass der Unternehmer den Besteller gewarnt hat. Der Kläger habe Arch. M* darauf hingewiesen, dass er die Baufeuchtigkeit bedenklich finde. M* habe jedoch darauf bestanden „das Haus in 6 Monaten hochzuziehen“ und habe mit dem Kläger auch verschiedene Maßnahmen vereinbart, um der das Werk gefährdenden Baufeuchtigkeit zu begegnen. Arch. M* habe auf Grund seiner eigenen Sachkunde das von ihm eingegangene Risiko und den voraussichtlichen Erfolg der Maßnahmen entsprechend beurteilen können. Bei dieser Sachlage sei es nicht erforderlich, dass der Kläger ausdrücklich eine Haftungsbefreiung vereinbare, um sich vor der Haftung hinsichtlich jener Schäden, von deren Auftreten er gewarnt hatte, zu schützen. Dem Kläger könne auch nicht zum Vorwurf gereichen, dass die Isolierung des Bodens im Erdgeschoss nur mittels Dachpappe erfolgte und nicht zusätzlich mit Bitumen, zumal die Unterlassung dieser Maßnahme im Erdgeschoss zu keinen Mängeln geführt habe. Die im Erdgeschoss festgestellten Mängel (Verschiebung einer Sockelleiste um 5 mm und eines Türrahmens um 10 mm) müssten als unerheblich bezeichnet werden. Was aber die im ersten Stock aufgetretenen Mängel betreffe, so hafte der Kläger für diese Mängel, die sich als Folge der nicht zu erwartenden allgemeinen Luftfeuchtigkeit eingestellt haben, nicht. Ungeachtet dieses Umstandes sei aber das Verfahren noch nicht in vollem Umfang spruchreif. Die beklagte Partei habe sich nämlich darauf berufen, der Kläger habe die Behebung der bestehenden Mängel zugesagt. Hiezu habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen. Sollte sich der Kläger zur Verbesserung der Mängel verpflichtet haben, dann könne zwar der Beklagte nicht den gesamten Werklohn bis zur Behebung der Mängel zurückbehalten, wohl aber jenen Teil, der den notwendigen Verbesserungen entspreche. Der beklagten Partei sei daher die Zurückbehaltung der Rechnungsbeträge laut Position 3 und 4 der Rechnung (Beilage B) zuzubilligen; hingegen bestehe hinsichtlich der unter den Positionen 1 und 2 aufscheinenden Leistungen, die keine oder nur unerhebliche Mängel aufweisen, kein Leistungsverweigerungsrecht. Demzufolge habe der klagenden Partei ein Teilbetrag von S 28.176,66 mittels Teilurteil zuerkannt werden können, wogegen im übrigen das Urteil aufzuheben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurückzuverweisen gewesen sei. Darüber hinaus werde das Erstgericht bei seiner neuen Entscheidung auch noch einen geringfügigen Rechenfehler, der durch einen Ziffernsturz hervorgerufen worden sei, zu beseitigen haben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Der Kläger hat beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gerechtfertigt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird ausgeführt, die beklagte Partei habe schon in der Berufungsmitteilung die Feststellung des Erstrichters über die Mangelfreiheit des vom Kläger im Wohnzimmer verlegten Parkettbodens bekämpft, das Berufungsgericht habe diese Feststellungen zu Unrecht übernommen. Wie aus dem Gutachten des Dipl. Ing. S* hervorgehe, weise auch der im Wohnzimmer verlegte Fussboden Mängel auf, die auch nicht – wie das Berufungsgericht annimmt – als unerheblich bezeichnet werden können. Im einzelnen sei bei einigen Parkettriemen eine Schüsselung festzustellen, der Rahmen der Terrassentüre und die Sockelleisten seien verschoben und der optische Effekt der Schüsselung ergebe sich auf Grund der vom Kläger zu vertretenden Mängel. Diesen Ausführungen ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Erstrichter auf Grund des vom gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl. Ing. S* erstatteten Gutachtens (S. 45 d.A.) feststellte, dass der im Wohnzimmer verlegte Fussboden „keine Mängel aufweist, welche vom Kläger, des Verlegers, zu vertreten wären“ (S. 144 d.A.). Das Berufungsgericht verwies darauf, dass die Frage, ob die vom Sachverständigen angeführten Mängel vom Kläger zu vertreten seien, eine Rechtsfrage darstelle, deren Lösung nicht dem Sachverständigen oblegen sei. Es hat aber die Haftung des Klägers mit der Begründung verneint, dass die im Wohnzimmer aufgetretenen Mängel nicht erheblich seien. Zu dieser Frage hat allerdings der Sachverständige nicht Stellung bezogen. Letztlich kommt der Erklärung des Sachverhaltes in dieser Richtung aber keine Bedeutung zu. Die Tatsacheninstanzen haben nämlich ebenfalls auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen (S. 45 d.A.) die Feststellung getroffen, dass Ursache für den Zustand des Bodens die überraschend hohe Luftfeuchtigkeit sei, welche nach Beendigung des Baues nicht zu erwarten war. Dies gilt sowohl für die Mängel im Wohnzimmer wie auch für jene, die im Obergeschoss festgestellt wurden. Die beklagte Partei hat diese nicht Feststellung in ihrer Berufungsmitteilung nicht nur nicht bekämpft, sondern auf den Umstand der allgemein hohen Baufeuchtigkeit noch besonders hingewiesen. Gemäss § 1168 a ABGB ist der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller beigestellten Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers misslingt, sofern der Unternehmer den Besteller nicht gewarnt hat (Ehrenzweig II/1, 519, Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz, 94). Dabei ist unter Stoff alles zu verstehen, aus dem oder mit dessen Hilfe das Werk hergestellt wird, insbesondere auch das Gebäude, an dem oder in dem die aufgetragenen Arbeiten des Unternehmers zu verrichten sind (vgl Adler-Holler in Klang² V, 408, weiters 6 Ob 82/65, 4 Ob 89/71 und 1 Ob 46/73 u.a.). Offenbar ist ein Mangel des Stoffes bzw. der Anweisung dann, wenn er bei der auf Seiten des Unternehmers vorauszusetzenden Fachkenntnis (§ 1299 ABGB) erkannt werden musste. Darüber hinaus besondere, nicht übliche Prüfungen anzustellen und Untersuchungen vorzunehmen, ist der Unternehmer nicht verpflichtet; er hat aber die zur sachgemässen Ausführung des Werkes notwendige Sorgfalt und Fachkenntnis zu prästieren (Adler-Höller a.a.O 408, JB1. 1966, 562, 4 Ob 89/71). Die festgestellten Mängel sind nach den getroffenen Feststellungen darauf zurückzuführen, dass im Haus eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Sie wurde vom Sachverständigen mit 68 % gegenüber 40 % Normalwert beziffert. Diese hohe Luftfeuchtigkeit war nach den Bekundungen des Sachverständigen und den getroffenen Feststellungen nicht zu erwarten, mit ihrem Vorhandensein musste der Verleger nicht rechnen. Es ist daher, wie schon das Berufungsgericht zutreffend hervorhob, nicht die Feuchtigkeit im Untergrund, sondern die allgemein hohe Raumfeuchtigkeit für die aufgetretenen Mängel ursächlich. Es ist dann aber auch unerheblich, ob der Untergrund zwischen Holzboden und Estrich mit einfacher Dachpappe oder mittels Bitumen verklebter Dachpappe isoliert wurde und ob der Kläger, der Arch. M* auf die hohe Baufeuchtigkeit hingewiesen und die Anbringung einer aufwendigen Unterkonstruktion vorgeschlagen hatte nach Akzeptierung der Vorschläge, noch weitere Bedenken äusserte. Die beständige extrem hohe Raumfeuchtigkeit musste der Kläger auch bei Anwendung der von ihm zu fordernden Sachkunde nicht erkennen; sie ist aber für die aufgetretenen Schäden kausal. Bei dieser Sachlage kommt der Frage, ob dem Kläger auch gegenüber Arch. M* als sachkundigem Besteller eine Warnpflicht getroffen hat, keine Bedeutung zu, weil ja die Warnpflicht sich nur auf solche Umstände erstrecken kann, die vom Unternehmer auf Grund seiner Sachkenntnis als den Werkerfolg allenfalls beeinträchtigend erkannt werden müssen. Abgesehen davon hat der Kläger Architekt M* ohnehin vor der hohen Baufeuchtigkeit gewarnt, deren Fortdauer für ihn freilich nicht erkennbar war. Es ist daher dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass den Kläger nach dem Gesetz eine Haftung für das teilweise Misslingen des Werks nicht trifft. Die beklagte Partei hat aber behauptet (S. 12 d.A.), der Kläger habe sich vertraglich zur Behebung der aufgetretenen Schäden verpflichtet. Der Kläger hat zu dieser Frage im Rahmen der Parteienvernehmung Stellung genommen und erklärt, er habe zugesagt, kleine Mängel im Kulanzwege zu beheben. Feststellungen darüber, welcher Inhalt die behauptete Vereinbarung hatte, liegen nicht vor. Das Berufungsgericht erachtete es mit Recht als klärungsbedürftig, ob der Kläger eine vorbehaltslose Verpflichtung zur Behebung der aufgetretenen Mängel übernommen hat oder ob er – unter Ablehnung einer ihn treffenden gesetzlichen Verpflichtung – die Behebung von Schäden im Kulanzwege zusagte. Für den ersteren Fall erachtete das Berufungsgericht dennoch nur die Zurückbehaltung des vereinbarten Entgelts durch die beklagte Partei in jenem Ausmass als gerechtfertigt, das erforderlich ist, um die voraussichtlich für die Schadensbehebung notwendigen Kosten zu decken. Es gründete seine Rechtsansicht auf die Entscheidung SZ 44/69 und die weitere Erwägung, dass der Bestimmung des § 1052 ABGB nur der Zweck entnommen werden könne, die ordnungsgemässe Leistung durch den Vertragspartner zu sichern, nicht aber auf ihn einen Druck zur Erbringung der Leistung auszuüben; es wäre auch unbillig, der beklagten Partei nach Annahme der Leistung ein volles Leistungsverweigerungsrecht wegen des noch bestehenden Verbesserungsanspruchs einzuräumen. Im vorliegenden Falle sei dem Sicherungsbedürfnis im Hinblick auf die Höhe der zur Behebung der Schäden notwendigen Kosten im Betrage von S 3.500,‑‑ bis S 4.000,‑‑ Genüge getan, wenn der beklagten Partei die Zurückbehaltung des gesamten auf die Positionen 3 und 4 der gelegten Rechnung entfallenden Entgelts gestattet werde.

Diesen Ausführungen ist jedoch entgegenzuhalten, dass das Entgelt aus einem Werkvertrag in der Regel erst nach vollendetem Werk zu entrichten ist (§ 1170 ABGB); der Unternehmer hat die Herstellung des Werkes in der Regel als Vorleistung zu bewirken. Darüber hinaus wird durch diese Regelung auch der Zeitpunkt der Fälligkeit des Entgelts bestimmt (JBl 1970, 371; SZ 23/26 u.a., Adler-Höller a.a.O. 417). Es ist herrschende Rechtsprechung, dass auch der Besteller, der die unvollständige Erfüllung eines Werkes angenommen, seine Gegenleistung aber noch nicht erbracht sondern die Verbesserung des Werkes verlangt hat, in der Regel die gesamte Gegenleistung (das Entgelt) bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrages durch den Unternehmer, somit bis zur Verbesserung des mangelhaften Werkes, verweigern kann. Dieses Vorgehen soll dem Besteller die Erlangung eines einwandfreien Werkes sichern und ist ein geeignetes Mittel, den Vertragspartner zu einer umgehenden Verbesserung und Vollendung des Werkes zu bestimmen und den Besteller der undankbaren Aufgabe zu entheben, selbst die Beseitigung der vorhandenen Mängel durch einen anderen Unternehmer erreichen zu müssen. Warum dem Zurückbehaltungsrecht nicht auch dieser Zweck innewohnen sollte, ist nicht einzusehen. Wenn das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen Wahle’s in Klang, Kommentar2 IV/2 zu § 1052 ABGB meint, die Interessenlage sei vor und nach Annahme der Leistung als Erfüllung verschieden, nach diesem Zeitpunkt solle die Leistung nicht mehr im gleichen Masse von der Gegenleistung abhängig sein, wird übersehen, dass die Regelung des § 1052 ABGB beim Werkvertrag, bei dem das Gesetz eine Vorleistungspflicht des Unternehmers statuiert jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden nicht zur Anwendung gelangt. Vor der gehörigen Erbringung der zugesagten Leistung ist der Werkvertrag noch nicht erfüllt. Eine Willenseinigung der Parteien aber, dass die mangel-behaftete Leistung „als Erfüllung“ angenommen wurde, ist nicht festgestellt worden (hiezu Bydlinski in Klang a.a.O. IV/2, 159). Der Besteller kann dann aber, wenn der Unternehmer auf Entrichtung des Werklohns klagt, bevor er seine Vorleistung gehörig bewirkt hat die Einrede des nicht erfüllenden Vertrages erheben und damit zugleich die mangelnde Fälligkeit des Entgeltsanspruchs geltend machen. Dabei obliegt die Beweislast dafür, dass ein Mangel vorliegt, der die Fälligkeit hinausschiebt, ohnehin dem Besteller. Diese Einrede steht dem Besteller aber auch bei Vorliegen geringer Mängel zu. Dieses Recht findet seine Grenze nur in dem nicht nur für den Bereich des Schadenersatzrechtes geltenden Grundsatz, dass die Ausübung eines Rechtes nicht zur Schikane ausarten darf (JBl 1970, 371, HS 6482; SZ 39/27 und zahlreiche nicht veröffentlichte Entscheidungen, zuletzt 5 Ob 198/75, 1 Ob 97/75, 1 Ob 46/73; Ehrenzweig2 II/1, 215). Der in dieser Frage vereinzelt gebliebenen Auffassung der Entscheidung SZ 44/69 kann der erkennende Senat nicht beitreten, zumal sie zu der wiedergegeben ständigen Rechtsprechung überhaupt nicht Stellung bezogen hat. Soweit sie sich aber auf die Entscheidungen HS 3161/28 (richtig 3161/38) und SZ 25/277 berief, stützt sie sich – wie das Berufungsgericht ohnehin selbst einräumt – gar nicht auf Entscheidungen in gleich gelagerten Fällen. Gewiss wurde auch die Auffassung vertreten, dass dann, wenn es dem Gegner nicht an dem nötigen guten Willen fehlt, sondern Hindernisse vorliegen, deren augenblickliche Beseitigung untunlich ist, gegen Treu und Glauben verstossen und daher unzulässig sein kann, mehr zurückzubehalten als es dem Interesse an dem noch ausstehenden Rest der Leistung entspricht (Ehrenzweig2 II/1 , 215). Solche besondere Gründe, welche das Beharren auf einer vom Kläger übernommenen Verbesserungsverpflichtung als wider Treu und Glauben verstossend erscheinen ließen wurden aber nicht behauptet. Die unverändert hohe Luftfeuchtigkeit im Hause stellt jedenfalls einen solchen Grund nicht dar. Auch sonst liegen keine Anhaltspunkte für eine schikanöse Rechtsausübung durch die beklagte Partei vor.

Sollte freilich im fortgesetzten Verfahren hervorkommen, dass der Kläger eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung der Verbesserungsarbeiten ablehnte und lediglich entgegenkommenderweise, also aus Gründen der Kulanz, bereit war, gewisse Verbesserungen durchzuführen, und die beklagte Partei dem zumindest stillschweigend zustimmte, so würde dies die Zurückbehaltung des Entgelts durch die beklagte Partei im Hinblick auf die Auslegungsregel des § 915 ABGB nicht rechtfertigen.

Es war demnach aber der Revision der beklagten Partei Folge zu geben, das angefochtene Teilurteil und in diesem Umfang auch das Urteil des Erstrichters aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

 

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