OGH 1Ob199/18y

OGH1Ob199/18y5.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Dr. E. Solé, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** LTD, *****, Vereinigtes Königreich, vertreten durch die Hochedlinger Luschin Marenzi Kapsch Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Land Kärnten, Klagenfurt am Wörthersee, Arnulfplatz 1, und 2. Nachtragsverteilungsmasse, Klagenfurt am Wörthersee, Völkermarkter Ring 21–23, beide vertreten durch die Hausmaninger Kletter Rechtsanwälte – Gesellschaft mbH, Wien, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. Juli 2018, GZ 3 R 15/18b‑24, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 30. November 2017, GZ 26 Cg 31/17f‑9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00199.18Y.0305.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 9.459,40 EUR (darin enthalten 1.576,57 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin erwarb im Oktober 2010, zeitlich bereits nach der „Notverstaatlichung“ der Hauptschuldnerin, nachrangige Nullkuponanleihen im Nennbetrag/Anfangsbetrag von 5 Mio EUR, die die (nunmehrige) HETA ASSET RESOLUTION AG (kurz: HETA) im Jahr 1999 emittiert hatte und die laut Schuldtitel am 14. 5. 2029 zur Rückzahlung fällig sein sollten. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind behauptete Ansprüche der Klägerin als Anleihegläubigerin, die nach dem Ausfall der Forderung gegenüber der Emittentin die Feststellung der Haftung des erstbeklagten Landes und der zweitbeklagten Nachtragsverteilungsmasse – einem zweckgebundenen Sondervermögen mit eigener Rechtspersönlichkeit – geltend macht.

Das Erstgericht stellte mit Wirkung zwischen den Parteien fest, dass die Beklagten als Ausfallsbürgen gemäß § 1356 ABGB für sämtliche Verbindlichkeiten der HETA gegenüber der Klägerin aus der gezeichneten Nullkuponanleihe im Nenn‑/Anfangsbetrag von 5 Mio EUR bis zur Höhe der Ausgleichszahlung im Sinn des § 2a Finanzmarktstabilitätsgesetz (BGBl I 2008/136 idF BGBl I 2016/69; FinStaG) solidarisch haften. Das darüber hinausgehende Feststellungsbegehren, die Beklagten hafteten über die Ausgleichszahlung hinaus unbeschränkt, wies es ab.

Das Berufungsgericht gab – nachdem der Verfassungsgerichtshof (zu G 248/2017, G 2/2018 ua) den § 2a FinStaG betreffenden Parteiantrag der Klägerin auf Normenkontrolle abgewiesen hatte – den Berufungen der Parteien nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil eine höchstgerichtliche Judikatur zu einem vergleichbaren Sachverhalt nicht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

1. Die in diesem Zusammenhang von der Revision der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen wurden jüngst vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 23. 1. 2019 zu 1 Ob 201/18k eingehend begründet beantwortet und (zum Grund des dort primär erhobenen Leistungsbegehrens) klargestellt, dass die Restschuldbefreiung der Beklagten nach § 2a Abs 5 FinStaG wirksam zustande kam. Die Entscheidung des Berufungsgerichts bedarf, dieser Begründung folgend, keiner Korrektur.

Der Umstand, dass die nunmehr vorliegende hinreichende Klärung der vom Berufungsgericht und von der Revisionswerberin aufgeworfenen Rechtsfragen durch die Entscheidung zu 1 Ob 201/18t erst nach der angefochtenen Berufungsentscheidung ergangen ist, führt nicht zur Zulässigkeit des Rechtsmittels. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nämlich für den Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen. Die Erheblichkeit einer im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfenen Rechtsfrage fällt somit weg, wenn die bedeutsame Rechtsfrage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde (RIS‑Justiz RS0112921 [T5]). Wegen der Klärung der auch hier entscheidungswesentlichen Rechtsfragen durch die Entscheidung 1 Ob 201/18t sind die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen nicht (mehr) als erheblich einzustufen.

2. Soweit die Revisionswerberin eine Ungleichbehandlung zu ihrem Nachteil zwischen den das Angebot gemäß § 2a Abs 2 FinStaG annehmenden und den dieses ablehnenden Gläubigern in der Besserungsverpflichtung nach Abs 2 Z 4 leg cit sehen will, vermag sie eine solche nicht nachvollziehbar darzulegen. Die Norm ist nur dann anzuwenden, wenn jene Gläubiger, die ihre Schuldtitel behalten haben, aus der Abwicklung des Rechtsträgers eine – im Verhältnis zum jeweiligenNominale – höhere Zahlung erhalten haben als vergleichbare annehmende Gläubiger durch die Gegenleistung für den Erwerb der Schuldtitel nach Z 2 (abzüglich der Ausgleichszahlung für die Aufgabe der gesetzlichen Haftungen). Wenn letzteren nun zusätzlich zu den bereits erhaltenen Zahlungen (bloß) ein „angemessener Anteil“ an der Differenz zusteht, ist eine Besserstellung nicht zu erkennen.

3. Wenn die Klägerin weiters bemängelt, die begehrte Feststellung der Haftung (ohne Einschränkung auf einen bestimmten Rechtsgrund) sei durch den Ausspruch, die Beklagten hafteten „als Ausfallsbürgen gemäß § 1356 ABGB“ unvollständig erledigt worden, versucht sie einen behaupteten Verfahrensmangel erster Instanz, den das Berufungsgericht schon als nicht vorliegend erachtete, neuerlich in dritter Instanz überprüfen zu lassen, was aber nicht zulässig ist (RIS‑Justiz RS0042963). Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens im Sinne einer unterlassenen Auseinandersetzung mit der Verfahrensrüge vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

4. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979 [T16]).

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