OGH 1Ob198/63

OGH1Ob198/6317.1.1964

SZ 37/10

Normen

HGB §354
Handelsvertretergesetz §6
Handelsvertretergesetz §29
HGB §354
Handelsvertretergesetz §6
Handelsvertretergesetz §29

 

Spruch:

Zum Verhältnis von §§ 6, 29 HVG. einerseits, § 354 HGB. andererseits.

Entscheidung vom 17. Jänner 1964, 1 Ob 198/63. I. Instanz:

Bezirksgericht Weitra; II. Instanz: Kreisgericht Krems.

Text

Der Kläger ist Schmiedemeister in J., betreibt aber auch einen Handel mit Landmaschinen; der Beklagte, nunmehr Bundesbahnbediensteter, war seinerzeit ebenfalls Landmaschinenhändler.

Im vorliegenden Prozeß belangte der Kläger den Beklagten auf Bezahlung von ursprünglich 2580 S samt Zinsen seit 1. Jänner 1962. Er machte geltend, daß er diesem im Jahre 1961 durch seinen Sohn, den Zeugen Josef H., den Verkauf von zwei Heuraupen zum Preis von je 17.200 S vermittelt und daß ihm der Beklagte die Hälfte der ihm selbst zukommenden Provision von 15%, sohin also 7.5%, zugesagt habe. Bei der Tagsatzung vom 19. Februar 1963 schränkte der Kläger sein Begehren infolgte Zahlung eines Teilbetrages von 1032 S auf 1548 S samt Zinsen aus 2580 S für die Zeit vom 1. Jänner 1962 bis 18. Februar 1963 und aus 1548 S für die Zeit ab 19. Februar 1963 ein.

Der Erstrichter wies dieses Begehren ab und hob die Prozeßkosten gegenseitig auf. Er nahm als erwiesen an, daß der Beklagte an den Zeugen G. eine Heuraupe dank der von Josef H. namens des Klägers durchgeführten Vermittlung verkaufte, wofür er dem Kläger auch eine Provision in Höhe von 6% zugesichert hatte (6% von 17.200 S = 1032 S, welche Summe der Beklagte bezahlte bzw. um welche Summe der Kläger sein Begehren einschränkte). Bezüglich des zweiten in Frage kommenden Geschäftes, nämlich der Bestellung einer Heuraupe durch den Zeugen K., sprach der Erstrichter aus, das Beweisverfahren lasse eine Feststellung, daß der Kläger eine Vermittlungstätigkeit entfaltet und der Beklagte ihm eine Provision versprochen oder auch nur stillschweigend eingeräumt habe, nicht zu; Josef H. habe als Zeuge ausgesagt, daß er mit dem Beklagten bei diesem zweiten Geschäft über die Provision nicht reden konnte und daß er überhaupt nicht von vornherein mit dem Beklagten vereinbart habe, er werde ihm Käufer namhaft machen, an die dieser dann Heuraupen liefern sollte; daraus ergebe sich, daß die Provisionsvereinbarung anläßlich des G.- Geschäftes nur für dieses Geschäft gelten sollte; selbst wenn also Josef H. den K. als Käufer namhaft gemacht oder vermittelt haben sollte, stehe dem Kläger mangels einer Vereinbarung keine Provision hiefür zu, da es an einem Auftrag des Beklagten an den Kläger bzw. dessen Sohn gemangelt habe.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung eines Teilbegehrens von 258 S samt Zinsen seit 1. Jänner 1962, hob das Urteil des Erstrichters aber hinsichtlich des Teilbegehrens von 1290 S samt Zinsen aus 2322 S für die Zeit vom 1. Jänner 1962 bis 18. Februar 1963 und aus 1290 S für die Zeit ab 19. Februar 1963 und im Kostenpunkt unter Rechtskraftvorbehalt auf, wobei es den Beklagten mit seinem Kostenrekurs auf diese Entscheidung verwies. Die Begründung dieser Entscheidung läßt sich - soweit sie hier von Bedeutung ist - wie folgt zusammenfassen: Dem Erstrichter könne darin gefolgt werden, daß eine ausdrückliche Provisionsvereinbarung nur für das G.-Geschäft und nur mit einem Satz von 6% erfolgt sei; hinsichtlich des K.-Geschäftes sei die Sache aber aus rechtlichen Gründen nicht spruchreif; der Erstrichter sei offensichtlich von der Meinung ausgegangen, ein Provisionsanspruch setze ein Provisionsversprechen voraus; dies sei aber unrichtig, weil bei einer Geschäftsvermittlung nach §§ 6, 29 HVG. Voraussetzung des Provisionsanspruches die Erteilung des Auftrages und die Entwicklung einer Vermittlungstätigkeit seitens des Beauftragten sei, die zum Geschäftsabschluß führe; aber auch wenn man die Meinung vertreten wollte, die Provision müsse versprochen worden sein, sei doch zu beachten, daß ein solches Versprechen auch stillschweigend erfolgen könne; in der Annahme einer von Josef H. vermittelten Bestellung des K. durch den Beklagten könnte eine solche stillschweigende Zusage erblickt werden, wenn es der Beklagte trotz der Provisionszusage im Falle G. unterlassen haben sollte, darauf hinzuweisen, daß er im Fall K. keine Provision zahlen werde; da sowohl der Kläger als auch der Beklagte Maschinenhandel betrieben und als Kaufleute anzusehen seien, würde gemäß § 354 HGB. für eine Geschäftsvermittlung auch ohne Verabredung Provision gebühren; allerdings habe der Erstrichter den Standpunkt eingenommen, daß das Beweisverfahren eine Feststellung, der Kläger habe eine verdienstliche Tätigkeit entfaltet und der Beklagte habe ihm eine Provision versprochen oder auch nur stillschweigend eingeräumt, nicht zulasse; es handle sich dabei aber nicht um eine auf Grund der Beweiswürdigung getroffene Tatsachenfeststellung, weil der Erstrichter ja auch den Standpunkt eingenommen habe, selbst wenn Josef H. den K. als Käufer namhaft gemacht oder vermittelt haben sollte, stehe dem Kläger der Provisionsanspruch nicht zu; der Erstrichter habe also dem in tatsächlicher Beziehung zu beurteilenden Sachverhalt die rechtliche Eignung zur Erzeugung eines Anspruches generell abgesprochen, die Frage, ob der Kläger bzw. sein Sohn eine Vermittlungstätigkeit, die zur Bestellung K.'s führte, entfaltete, in tatsächlicher Hinsicht aber offen gelassen; zusammenfassend ergebe sich daraus die Notwendigkeit von Feststellungen über die Entfaltung einer verdienstlichen Vermittlungstätigkeit des Zeugen Josef H. einerseits und der Klarstellung andererseits, ob nicht Umstände vorliegen, aus denen sich der Wille der Parteien in dem Sinne ergebe, daß auch im Fall K. die im ersten Geschäftsfall vereinbarte Provision gewährt werden sollte, oder ob Umstände vorliegen, die einen Willen der Parteien, daß dem Kläger für den zweiten Geschäftsfall keine Provision gebühren solle, ausschlössen; falls die Kaufmannseigenschaft beider Streitteile zur Zeit des Geschäftsabschlusses noch streitig sein sollte, wären auch diesbezüglich Feststellungen zu treffen; das erstrichterliche Urteil habe aber auch hinsichtlich der Abweisung des Zinsenbegehrens aus 1032 S für die Zeit vom 1. Jänner 1962 bis zum 18. Februar 1963 aufgehoben werden müssen, weil keinerlei Feststellungen getroffen worden seien, wann die dem Kläger während des Prozesses bezahlte Provision (G.) fällig geworden war; das Zinsenbegehren wäre nur dann unberechtigt, wenn die Fälligkeit dieser Provision erst im Zeitpunkt der Zahlung eingetreten wäre.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, daß der Erstrichter die Frage, ob Josef H. namens des Klägers im Fall K. eine Vermittlertätigkeit entfaltet hat oder nicht, letzten Endes offen ließ. Das wird auch durch einen Blick auf jene Beweisaufnahmen bestätigt, aus denen sich eine solche Tätigkeit ergeben müßte. Nach der Darstellung des Josef H. wäre er an jenem Tag, an dem es zur Bestellung K.'s kam (nach dem im Akt erliegenden Bestellungsbuch wäre es der 18. Juni 1961 gewesen), im Gespräch wegen des Ankaufs einer Heuraupe auf der Straße gestanden; er habe nun den mit seinem Auto des Weges kommenden Beklagten angehalten und gefragt, ob er noch eine Maschine haben könne; K. habe dann mit ihnen gemeinsam eine Übernahme auf Probe vereinbart, doch habe der Beklagte den Bestellschein gleich ausgeschrieben. Der Beklagte bestätigte zwar auch, daß K. und Josef H. auf der Straße im Gespräch beisammen gestanden seien, will aber aus eigenem angehalten und mit K. wegen des Ankaufs der Heuraupe unterhandelt haben. Nach seiner Darstellung wäre Josef H. bei dem Gespräch zwar anwesend gewesen, hätte sich daran aber nicht beteiligt. Welche dieser Darstellungen, bei deren Wiedergabe naturgemäß nicht auf alle Einzelheiten eingegangen werden muß, nun richtig ist, hat der Erstrichter, obgleich auch K. selbst über dieses Thema vernommen wurde, nicht näher geprüft. Er hat auch keineswegs etwa den Standpunkt eingenommen, eindeutige Feststellungen seien wegen Unverläßlichkeit aller Beteiligten nicht möglich. Das Berufungsgericht hat darum zutreffend zunächst eine Klarstellung verlangt, ob der Kläger (bzw. sein Sohn für ihn) eine verdienstvolle Vermittlertätigkeit entfaltet hat oder nicht. Ergänzend sei dem nur noch beigefügt, daß sich aus der Verfolgung ausschließlich eigener Interessen ein Provisionsanspruch nachträglich nicht ableiten ließe, da dann von einer "verdienstvollen Vermittlertätigkeit" nicht gesprochen werden könnte.

Unterstellt man nun zugunsten des Klägers, sein Sohn habe in seinem Namen tatsächlich auch das Geschäft K. vermittelt, erscheint von besonderer Bedeutung, daß nach ständiger Judikatur zu §§ 6, 29 HVG. eine noch so verdienstvolle Vermittlertätigkeit keinen Provisionsanspruch gewährt, wenn sie ohne ausdrücklich oder konkludent erteilten Auftrag entfaltet wurde (EvBl. 1958 Nr. 222, HS. 728 u. a.). Gemäß § 30 (2) HVG. finden aber auch die Vorschriften des Handelsgesetzbuches und des allgemeinen bürgerlichen Rechtes auf die im HVG. geregelten Vertragsverhältnisse Anwendung, soweit letzteres selbst nichts anderes bestimmt. Nun bezieht sich zwar gerade § 29 HVG. auch auf die Gelegenheitsvermittlung durch Kaufleute, doch bedeutet dies keineswegs, daß deshalb etwa die Bestimmung des § 354 HGB. (Entgeltlichkeitsvermutung) hier unanwendbar geworden wäre. Im Gegenteil, die Judikatur hat bereits wiederholt den Standpunkt eingenommen, daß sich ein Kaufmann zur Begründung eines Provisionsanspruches sehr wohl auf diese Gesetzesstelle berufen kann (HS. 179 und 180). Mit Recht hat also das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß nach dieser Gesetzesstelle derjenige, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, dafür auch ohne Verabredung Provision fordern kann.

Eine Ungenauigkeit ist dem Berufungsgericht nur insofern unterlaufen, als es meinte, beide Teile müßten zur Zeit des Geschäftsabschlusses Kaufleute gewesen sein. Dies gilt nur für den, der das Geschäft besorgte oder den Dienst leistete; sein Anspruch besteht aber auch gegen einen Nichtkaufmann. Ob er selbst Voll- oder Minderkaufmann ist, ist dabei unerheblich. Sein Handelsgewerbe kann sich auch auf andere Geschäfte beziehen (vgl. dazu Godin in der 2. Aufl. des vorm. RGR-Kommentars zu § 354 HGB. unter Anm. 3 und 4, Hämmerle, § 113 unter I A). Der Ergänzungsauftrag an den Erstrichter ist in diesem Belang also auf den Fall einzuschränken, daß die Kaufmannseigenschaft des Klägers noch streitig sein sollte.

Die Regelung des § 354 HGB., die im wesentlichen auch schon im Art. 290 AHGB. enthalten gewesen war, ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie den Provisionsanspruch auch bei einer Geschäftsführung ohne Auftrag gewährt, sofern sich nämlich der "Geschäftsherr" den Vorteil daraus zuwendet oder sie sonst gegen sich gelten lassen muß (vgl. dazu schon Staub - Pisko zu Art. 290 AHGB., Godin und Hämmerle a. a. O.). Diesmal träfe ersteres offenbar in Form des Provisionsbezuges des Beklagten für das K.-Geschäft grundsätzlich zu, was sich aus seinem eigenen Vorbringen ergibt (arg. "Dieses" - angeblich auf Josef H. zurückgehende - "1% Überskonto wurde mir jedoch von der Erzeugerfirma von meiner Provision in Abzug gebracht").

Nur für den Fall, daß wider Erwarten noch Bedenken gegen die Kaufmanneigenschaft des Klägers entstehen und nicht zerstreut würden, wäre noch der vom Berufungsgericht aufgezeigten Möglichkeit nachzugehen, daß unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände des Falles, insbesondere die Provisionsvereinbarung im vorangegangenen Geschäftsfall G., bei Annahme der Bestellung K.'s eine konkludente Honorierungszusage seitens des Beklagten erfolgt sein könnte bzw. der Kläger sich nach dem Gesamtverhalten des letzteren vielleicht darauf verlassen konnte, dieser werde wiederum eine Provision zahlen. Zusätzlich zu den Ausführungen des Berufungsgerichtes sei in diesem Zusammenhang noch darauf verwiesen, daß der Beklagte z. B. selbst ausgesagt hat, nachdem die Sache mit G. abgeschlossen gewesen sei, habe der junge H. - also der Zeuge Josef H. - zu ihm gesagt, wenn er noch wen habe, werde er sie ihm bringen, worauf er erwidert habe "Kommst halt, wenn ich noch was hab', kannst was haben." Welche Bewandtnis es damit hatte und wie der Kläger bzw. Josef H. dies verstand oder verstehen konnte, wird gegebenenfalls noch zu klären sein.

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß das Berufungsgericht die Rechtssache im hier strittigen Umfang zutreffend als nicht spruchreif angesehen hat.

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