OGH 1Ob192/99p

OGH1Ob192/99p5.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martin M*****, vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Ivo Greiter, Dr. Franz Pegger, Dr. Stefan Kofler, Dr. Christian Zangerle, Dr. Norbert Rinderer, Dr. Herwig Frei und Dr. Georg Huber, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen DM 52.962,80 (= S 374.102,74) sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 15. Juni 1999, GZ 4 R 132/99i-32, womit der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Innsbruck vom 3. Mai 1999, GZ 10 Cg 42/98m-26, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird ebenso zurückgewiesen wie der Antrag der klagenden Partei, "diese Frage an den Europäischen Gerichtshof heranzutragen".

Text

Begründung

Bereits mit Beschluß vom 26. 11. 1998 wies das Erstgericht den Antrag des Klägers, "den von der beklagten Partei am 12. 11. 1998 erhobenen Widerspruch gegen das Versäumungsurteil des Landesgerichts Innsbruck vom 22. 10. 1998 zurück- bzw abzuweisen bzw dem Antrag auf Folgegebung des Widerspruchs nicht zu entsprechen", ab. Es führte dort aus, die beklagte Partei sei im Zeitpunkt der Erteilung des Auftrags zur Erstattung einer Klagebeantwortung nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen, sodaß ihr der Rechtsbehelf des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil offengestanden sei. Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs des Klägers als unzulässig zurück, überprüfte aber die Entscheidung des Erstgerichts auch auf deren sachliche Richtigkeit und billigte im Ergebnis dessen rechtliche Erwägungen. Deshalb wies der erkennende Senat bereits mit Beschluß vom 23. 2. 1999 den vom Kläger gegen den Beschluß des Rekursgerichts erhobenen Revisionsrekurs als unzulässig zurück, weil Konformatbeschlüsse im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vorlägen (1 Ob 19/99x).

Mit Beschluß vom 3. 5. 1999 hob das Erstgericht das von ihm gefällte Versäumungsurteil vom 22. 10. 1998 (ON 13) auf. In der Begründung dieser Entscheidung führte es aus, die beklagte Partei habe rechtzeitig Widerspruch gegen das Versäumungsurteil erhoben, sodaß es gemäß "§ 368, 397a ZPO" aufzuheben sei.

Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs des Klägers als unzulässig zurück und sprach aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Es läge ein zulässiger Widerspruch der beklagten Partei vor, denn diese sei bei Entgegennahme des Beschlusses "nach § 243 ZPO" anwaltlich nicht vertreten gewesen. Die deutschen Anwälte, die für die beklagte Partei den Auftrag zur Erstattung einer Klagebeantwortung entgegengenommen hätten, hätten gemäß § 4 EWR-RAG nur im Einvernehmen mit einem in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt als Parteienvertreter handeln können, und dieses Einvernehmen hätte bei der ersten Verfahrenshandlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachgewiesen werden müssen. Das Einschreiten der deutschen Anwälte der beklagten Partei habe daher mit einer anwaltlichen Vertretung im Sinne der österreichischen ZPO nichts zu tun. Die Regelung des § 4 EWR-RAG verstoße auch nicht gegen "Europäische Richtlinien". Infolge Vorliegens eines zulässigen Widerspruchs komme der Rechtsmittelausschluß des § 397a Abs 3 letzter Satz ZPO zum Tragen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist unzulässig.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, daß die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Dieser absolute Rechtsmittelausschluß geht der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 528 Abs 1 ZPO vor und verhindert jede Anfechtung des voll bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlusses (1 Ob 621/94 uva). Wenngleich die erste Instanz das Versäumungsurteil aus sachlichen Gründen aufgehoben und das Rekursgericht den Rekurs primär wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen hat, liegt dennoch eine Konformatentscheidung vor: Die zweite Instanz hat nämlich die Entscheidung des Erstgerichts (auch) auf deren sachliche Richtigkeit überprüft und jedenfalls im Ergebnis die rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts gebilligt. Dieses hatte nämlich dargelegt, daß die beklagte Partei rechtzeitig Widerspruch erhoben habe, weshalb das Versäumungsurteil gemäß §§ 368 (offenbar gemeint 398), 397a ZPO aufzuheben sei. Stellt man den Inhalt des zuvor zitierten Beschlusses vom 26. 11. 1998 (ON 17) in Rechnung, in dem das Erstgericht bereits dargelegt hatte, die beklagte Partei sei bei Zustellung des Auftrags zur Erstattung der Klagebeantwortung nicht wirksam durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen, so ist die erstinstanzliche Entscheidung vom 3. 5. 1999 dahin zu verstehen, daß die beklagte Partei ihren Widerspruch nicht nur rechtzeitig, sondern auch ordnungsgemäß erhoben habe. Nur so kann das Zitat der §§ 398, 397a ZPO verstanden werden, zumal die Rechtsprechung in Analogie zu § 398 Abs 1 ZPO die Zulässigkeit eines Widerspruchs nur dann verneint, wenn der Auftrag zur Beantwortung der Klage einem im Verfahren bereits ausgewiesenen Rechtsanwalt zugestellt wurde (Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 2 zu § 397a mwN). Auch die zweite Instanz vertrat die Auffassung, die beklagte Partei habe der anwaltlichen Vertretung bei Entgegennahme des Beschlusses, mit dem der Auftrag zur Erstattung der Klagebeantwortung erteilt wurde, entbehrt. Damit sind die Vorinstanzen nach meritorischer Prüfung zu einer übereinstimmenden Sachentscheidung gekommen, weshalb Konformatbeschlüsse im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vorliegen (siehe 1 Ob 19/99x mwN). Der gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO absolut unzulässige Revisionsrekurs des Klägers ist demnach zurückzuweisen, ohne daß darauf eingegangen werden müßte, ob eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO vorliegt.

Ob die Voraussetzungen für die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH vorliegen, hat allein das Gericht von Amts wegen zu prüfen; den Parteien kommt kein Antragsrecht zu. Der Antrag des Klägers, "diese Frage an den Europäischen Gerichtshof heranzutragen, sollte nicht seiner Ansicht entsprochen werden", ist daher zurückzuweisen (SZ 70/262; SZ 68/89).

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