OGH 1Ob18/03h

OGH1Ob18/03h24.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Julia H*****, vertreten durch Dr. Gudrun Truschner, Rechtsanwältin in Wels, infolge ordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Johann L*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 3. April 2002, GZ 21 R 99/02m-27, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 7. Februar 2002, GZ 4 P 219/01s-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird, soweit damit dem Vater eine über EUR 403 hinausgehende monatliche Unterhaltsverpflichtung auferlegt wurde, aufgehoben; dem Erstgericht wird in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Auf Antrag der Minderjährigen verpflichtete das Erstgericht den Vater ab 1. September 2001 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von EUR 448 und wies das Mehrbegehren des Kindes ab. Infolge der Rekurse der Minderjährigen gegen den abweisenden Teil des Beschlusses sowie des Vaters mit dem Begehren, ihn zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von nur EUR 403 zu verpflichten, änderte das Rekursgericht den monatlichen Unterhaltsbeitrag auf EUR 474 und sprach letztlich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht legte seiner Entscheidung nach Beweisergänzung durch Einsichtnahme in eingeholte Auskünfte über das Einkommen des Vaters ein - aus den Bezügen in den Monaten Oktober bis Dezember 2001 ermitteltes - Durchschnittseinkommen von netto S 34.293 (= EUR 2.492,17) zugrunde, woraus es eine monatliche Unterhaltsverpflichtung von 19 % mit - geringfügig aufgerundet - EUR 474 (= S 6.522,38) errechnete. Den Revisionsrekurs erklärte es mit der Begründung für zulässig, dass es bei der Rekursentscheidung auf die jüngste Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Minderung von Unterhaltslasten durch die steuerliche Berücksichtigung der von dem nicht geldunterhaltspflichtigen Elternteil bezogenen Transferleistungen nicht Bedacht genommen habe.

Der Revisionsrekurs ist im Sinne einer (teilweisen) Aufhebung der angefochtenen Entscheidung berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Vater erstmals in seinem Revisionsrekurs geltend macht, das Rekursgericht habe seiner Entscheidung zu Unrecht die Bezüge für die Monate Oktober bis Dezember 2001 zugrunde gelegt und er habe in der Folge wegen des Wegfalls von Überstunden und zusätzlicher Reisegebühren ein geringeres Einkommen erzielt, ist ihm entgegenzuhalten, dass er selbst in seiner Eingabe vom 30. 1. 2002 (ON 19a) beantragt hat, aus den für das Jahr 2001 vorgelegten Bezugsbelegen das durchschnittliche Monatseinkommen zu berechnen. Darüber hinaus hat der Revisionsrekurswerber ohnehin beim Erstgericht den Antrag gestellt (ON 28a), wegen einer Änderung seiner Einkommensverhältnisse seine Unterhaltspflicht ab Jänner 2002 herabzusetzen, und zwar auf EUR 436 bzw - unter Berücksichtigung der gebotenen steuerlichen Entlastung der Unterhaltszahlungen - auf EUR 363 monatlich.

Zutreffend weist er aber im Revisionsrekurs auf die Notwendigkeit einer gewissen steuerlichen Entlastung aufgrund seiner Unterhaltsverpflichtung hin, die im Ergebnis zu einer Verminderung der zu entrichtenden Unterhaltsbeträge führen kann.

Im Anschluss an die Entscheidungen des VfGH vom 27. 6. 2001 (B 1285/00) und vom 19. 6. 2002 (G 7/02 ua) hat der Oberste Gerichtshof wiederholt in grundlegender Weise zu der auch hier zu beurteilenden Frage Stellung genommen (1 Ob 79/02b, 3 Ob 141/02k, 4 Ob 46/02x ua). Nach Aufhebung der Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" im § 12a FLAG durch den VfGH ist nunmehr zur Ermittlung des Unterhaltsanspruchs eines außerhalb des Haushalts des geldunterhaltspflichtigen Elternteils lebenden Kindes in mehreren Schritten vorzugehen, wobei der - wie bisher nach der Prozentmethode - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern in verfassungskonformer Auslegung des § 140 ABGB um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe - diese Leistungen kommen dem betreuenden Elternteil zu - zu kürzen ist, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt. Nach dem vom VfGH entwickelten Berechnungsmodell erfasst die insgesamt gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen die Hälfte des (nach allgemeinen Grundsätzen) bemessenen Geldunterhalts. Dabei ist der jeweilige (Grenz-)Steuersatz von Bedeutung, der jeweils um rund 20 % zu reduzieren ist. Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden (reduzierten) Steuersatz entspricht. Als Ergebnis erhält man den Betrag, von dem vorweg der Unterhaltsabsetzbetrag als Transferleistung an den Geldunterhaltspflichtigen abzuziehen ist. Der Rest ist die Grundlage für die weitere Berechnung zur Ermittlung jenes Betrags, der von der nach der Prozentmethode ermittelten Unterhaltsschuld - zugunsten des Unterhaltspflichtigen - in Abzug zu bringen ist.

Zu Recht weist der Revisionsrekurswerber nun darauf hin, dass sich der vom Rekursgericht sonst richtig ermittelte Unterhaltsbetrag - im Sinne der soeben dargestellten jüngsten höchstgerichtlichen Judikatur - insoweit zu verringern hat, als die der Mutter zukommenden Transferleistungen (Kinderabsetzbetrag, Familienbeihilfe) Komponenten enthalten, die an sich der steuerlichen Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Vaters dienen. Da zur Durchführung der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung insbesondere auch bekannt sein muss, welchem Grenzsteuersatz (§ 33 Abs 1 EStG) die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen unterliegen bzw ob die zur Hälfte steuerfrei zu stellenden (jährlichen) Unterhaltszahlungen in jenem Teil des Einkommens Deckung findet, der im konkreten Fall dem Grenzsteuersatz unterliegt, erweist sich das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Ausgehend von seiner abweichenden Rechtsansicht hat das Rekursgericht keine Feststellungen über die Steuerbemessungsgrundlage für das Jahr 2001 getroffen, aus der sich die notwendigen Parameter ergäben. Dies wird im fortzusetzenden Verfahren - gegebenenfalls unter Heranziehung eines Lohnzettels für das Jahr 2000, aus dem insbesondere nachzuvollziehen ist, welche Einkommensbestandteile nach § 33 Abs 1 EStG zu besteuern waren - nachzuholen sein.

Da der Revisionsrekurswerber die Entscheidung des Erstgerichts nur insoweit angefochten hat, als ein höherer monatlicher Unterhaltsbetrag als EUR 403 festgesetzt wurde, ist der erstgerichtliche Beschluss im unangefochtenen Umfang bereits in Rechtskraft erwachsen und einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht zugänglich.

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