OGH 1Ob178/50

OGH1Ob178/506.5.1950

SZ 23/140

Normen

EO §390
EO §394
EO §390
EO §394

 

Spruch:

§ 394 Abs. 1 EO. setzt voraus, daß sich nach Bewilligung und Vollzug der einstweiligen Verfügung herausgestellt hat, daß das Ansuchen von Anfang an ungerechtfertigt war, also Anspruch oder Gefährdung nicht gegeben waren.

Entscheidung vom 6. Mai 1950, 1 Ob 178/50.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Während vom Erstgericht dem Antrag der gefährdeten Partei auf Erlassung der einstweiligen Verfügung unbeschränkt stattgegeben wurde, machte das Rekursgericht mit seinem vom Obersten Gerichtshof bestätigten Beschluß die Vollziehung der einstweiligen Verfügung gemäß § 390 Abs. 1 und 3 EO. vom Erlag eines Betrages von 4000 S als Sicherheit abhängig. Da die gefährdete Partei diesen Betrag nicht erlegte, wurde vom Erstgericht auf Antrag des Gegners die mit der einstweiligen Verfügung angeordnete Verwahrung des Lastkraftwagens aufgehoben. Der Gegner stellte daraufhin den Antrag, gemäß § 394 EO. der gefährdeten Partei den Ersatz der ihm durch die Verwahrung des Lastkraftwagens verursachten Vermögensnachteile in der Höhe von 6715 S aufzuerlegen.

Diesen Antrag wies das Erstgericht mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 394 Abs. 1 EO. ab. Das Rekursgericht hob diese erstgerichtliche Entscheidung mit dem angefochtenen Beschluß unter Rechtskraftvorbehalt mit der Begründung auf, daß durch den rechtskräftigen Beschluß des Rekursgerichtes und durch den Nichterlag der Kaution von 4000 S dem vorher durchgeführten Vollzug der einstweiligen Verfügung der Boden entzogen worden sei und sich auch das Ansuchen der gefährdeten Partei wegen des Fehlens ausreichender Bescheinigungsmittel, aber auch mangels Anbotes einer angemessenen Sicherheitsleistung schon im Zeitpunkt der Anbringung als ungerechtfertigt erwiesen habe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse der gefährdeten Partei Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Daraus, daß dem Gegner vermögensrechtliche Nachteile noch nicht aus der Antragstellung oder selbst der Bewilligung, sondern erst durch den Vollzug der Verfügung verursacht werden können, ergibt sich, daß § 394 Abs. 1 EO. den Vollzug und damit die Bewilligung der einstweiligen Verfügung voraussetzt. Es muß sich demnach nach Bewilligung und Vollzug der einstweiligen Verfügung herausgestellt haben, daß das Ansuchen von Anfang an ungerechtfertigt war, das heißt, Anspruch oder Gefährdung oder beide in diesem Zeitpunkt nicht gegeben waren. Dies kann sich auch aus einer Entscheidung über Rekurs oder Widerspruch, womit der erstgerichtliche Bewilligungsbeschluß abgeändert wurde, ergeben (vgl. Neumann - Lichtblau, Komm. zur EO., II., S. 1255, Walker, 4. Aufl., S. 391). Der Sinn dieser Regelung besteht darin, daß zwar die Erlassung oft einschneidender einstweiliger Verfügungen auf Grund bloßer Glaubhaftmachung, jedoch auf Gefahr des Antragstellers zugelassen wird. Dieser haftet daher gemäß § 394 Abs. 1 EO. für den vom Gegner durch den Vollzug der Verfügung verursachten Schaden, wenn sich nachträglich herausstellt, daß das, was er zur Begründung seines Antrages vorgebracht hat, in den wesentlichen Punkten unrichtig ist. Dies trifft aber nicht zu, wenn sein Begehren bloß mangels ausreichender Bescheinigung abgewiesen oder der Vollzug vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wurde; denn hier steht es noch nicht fest, ob der zu sichernde Anspruch der gefährdeten Partei zu Recht besteht oder nicht. In diesem Falle kann der Antragsteller erst und nur dann nach § 394 Abs. 1 EO. zur Ersatzleistung herangezogen werden, wenn rechtskräftig im Streitverfahren festgestellt wurde, daß der behauptete Anspruch bereits zur Zeit der Einbringung des Antrages nicht zu Recht bestanden hat. Da dies, wie schon das Erstgericht entsprechend der Aktenlage festgestellt hat, nicht der Fall ist, wurde der Antrag vom Erstgericht mit Recht abgewiesen und bedarf es keiner Prüfung des dem Antragsteller durch den Vollzug der einstweiligen Verfügung entstandenen Schadens. Demnach war dem Revisionsrekurse Folge zu geben und wie im Spruche zu entscheiden.

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