OGH 1Ob159/12g

OGH1Ob159/12g6.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** AG, *****, vertreten durch Dr. Robert Fluck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. S***** R*****, vertreten durch Putz & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen 12.273,58 EUR sA über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. Juni 2012, GZ 39 R 443/11b-36, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 31. Oktober 2011, GZ 5 C 39/11x-31, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die klagende Vermieterin begehrte zuletzt 12.273,58 EUR sA an offenen Mietzinsen und Rückbuchungskosten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:

Nach § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, jedoch insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen 4 Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 30.000 EUR nicht. Die Bestimmung des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO ist nicht anzuwenden, weil ausschließlich über einen Anspruch auf Zahlung rückständigen Mietzinses (und Rückbuchungskosten) entschieden wurde, nicht aber über einen Anspruch auf Räumung (vgl RIS-Justiz RS0042922 [T9]). Rechtsmittel gegen die Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, sind nur dem Gericht zweiter Instanz, nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO). Dieser darf über das Rechtsmittel nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hatte, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623).

Das Rechtsmittel wäre demnach - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird - dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen. Das wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens erforderlich ist, ist von den Vorinstanzen zu beurteilen (RIS-Justiz RS0109623 [T8]).

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