OGH 1Ob149/98p

OGH1Ob149/98p9.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Radmila B*****, vertreten durch Dr.Peter Schnabl, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Gertrude St*****, vertreten durch Dr.Raimund Hora, Rechtsanwalt in Wien, wegen Benützungsregelung, infolge "außerordentlichen" Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 19.Jänner 1998, GZ 22 R 83/97d-22, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom 21.August 1997, GZ 9 Nc 3/97b-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrt die Regelung der Benützung eines zweigeschoßigen Wohnhauses dahin, daß der erste Stock ihr und das Erdgeschoß der Antragsgegnerin zur Alleinbenützung zugewiesen werde; darüber hinaus sei die Antragsgegnerin zu einer monatlichen Ausgleichszahlung von S 1.000 ab 1.11.1996 zu verpflichten. Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Begehrens.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Festsetzung der Benützungsregelung und damit auch das Begehren auf Ausgleichszahlung ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands nicht S 260.000 übersteige; der Revisionsrekurs sei jedenfalls unzulässig. In der Begründung führte es unter anderem aus, der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruhe auf § 13 Abs 2 AußStrG, der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses auf § 14 Abs 3 dieses Gesetzes. Eine Rechtsfrage von der im § 14 Abs 1 AußStrG bezeichneten Qualifikation liege nicht vor.

Den gegen diesen Beschluß erhobenen "außerordentlichen Revisionsrekurs" der Antragstellerin, mit dem die Zulassung des Rechtsmittels und die Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses im Sinne der Antragsstattgebung begehrt wird, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) geltenden Rechtslage:

Vorauszuschicken ist, daß der Oberste Gerichtshof entgegen der Ansicht der Antragstellerin an den Ausspruch des Rekursgerichts, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht S 260.000, gebunden ist. Gemäß § 13 Abs 4 AußStrG idF WGN 1997 findet gegen einen solchen Ausspruch kein Rechtsmittel statt. Eine Bindung des Obersten Gerichtshofs an Bewertungsaussprüche des Rekursgerichts im Außerstreitverfahren ist nur dann zu verneinen, wenn das Gericht zweiter Instanz von den gemäß § 13 Abs 3 AußStrG sinngemäß anzuwendenden Bewertungsgrundsätzen - unter anderem der §§ 55 Abs 1 und 58 Abs 1 JN - abgewichen ist (EFSlg 79.643, 76.486). Dies ist im Ergebnis hier nicht der Fall. Die Antragstellerin zeigt zwar zutreffend auf, daß gemäß § 55 Abs 1 JN eine Zusammenrechnung mehrerer Begehren bei der Streitwertberechnung stattzufinden hat und das Leistungsbegehren (S 1.000 monatlich ab 1.11.1996) in der Begründung des Ausspruchs über den Wert des Entscheidungsgegenstands nicht ausdrücklich Berücksichtigung fand; selbst wenn man aber die immerwährende Dauer dieser wiederkehrenden Leistung annähme und damit gemäß § 58 Abs 1 JN den Wert des Streitgegenstandes mit dem Zwanzigfachen der Jahresleistung bemäße, ergäbe dies bloß S 240.000, sodaß auf das Begehren auf Benützungsregelung immerhin noch ein Wert von S 20.000 entfiele und der Entscheidungsgegenstand S 260.000 nicht jedenfalls übersteigt. Demgemäß erweist sich der Ausspruch des Rekursgerichts, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 260.000 nicht übersteige, als bindend, weil die Bewertungsgrundsätze somit nicht verletzt wurden. Sollte das Rekursgericht bei der Berechnung des Werts des Entscheidungsgegenstands auf das Zahlungsbegehren versehentlich nicht Bedacht genommen haben, wäre der Bewertungsausspruch wohl zu berichtigen. Nach dem Aktenstand ist aber jedenfalls kein Grund zu finden, weshalb der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands im rekursgerichtlichen Beschluß nicht gebunden sein sollte.

Der Ausspruch dieses Beschlusses, der Revisionsrekurs sei "jedenfalls unzulässig", ist dahin zu verstehen, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, was sich schon daraus ergibt, daß das Gericht zweiter Instanz diesen Ausspruch damit begründete, "eine Rechtsfrage der im § 14 Abs 1 AußStrG bezeichneten Qualifikation" liege nicht vor.

Nach § 14 Abs 3 AußStrG idF WGN 1997 ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt S 260.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.

Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 14a Abs 2 AußStrG) Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, daß der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muß hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts den Revisionsrekurs für zulässig erachte. Dem Revisionsrekurs fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, daß der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht (§ 14a Abs 1 AußStrG) gestellt werde.

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 14a AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Intanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sind (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG idF WGN 1997). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsrekursausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist - auch im Verfahren außer Streitsachen - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags. Sollte die Rechtsmittelwerberin die Verbesserung ihres Schriftsatzes im Sinne des § 14a AußStrG sodann verweigern, dann wäre der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 14 Abs 3 AußStrG).

Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

Die allfällige Verspätung des Rekurses der Antragstellerin gegen den erstinstanzlichen Beschluß (nach dem Akteninhalt wurde letzterer am 5.9.1997 dem Antragstellervertreter zugestellt, der Rekurs nach dem Eingangsvermerk am 22.9.1997 zur Post gegeben) ist vom Obersten Gerichtshof nicht wahrzunehmen, weil er funktionell zur Behandlung des Revisionsrekurses derzeit nicht zuständig ist. Das Erstgericht wird allerdings die tatsächliche Postaufgabe zu klären und dementsprechend zu verfahren haben.

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