European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00140.19Y.0829.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Veranlassung von Grundbuchshandlungen sowie die Zahlung von 5.550,60 EUR, weil ihr für die rechtsfreundliche Vertretung bei außergerichtlichen Verhandlungen durch den Klagevertreter Kosten in dieser Höhe entstanden seien.
Das Erstgericht wies mit seiner „im Namen der Republik“ erlassenen Entscheidung das Zahlungsbegehren zurück und gab der Klage im Übrigen statt. Beim begehrten Betrag von 5.550,60 EUR handle es sich um vor- bzw nebenprozessuale Kosten, sodass diesem Anspruch die Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegenstehe.
Dagegen erhob die Klägerin eine Berufung, die das Gericht zweiter Instanz in einen Rekurs umdeutete und wegen Verfristung zurückwies. Die Zurückweisung einer Klage – hier wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs – habe mit Beschluss zu erfolgen, wobei es nicht auf die tatsächlich gewählte (Urteil), sondern auf die vom Gesetz vorgeschriebene Entscheidungsform (Beschluss) ankomme. Das als Rekurs zu behandelnde Rechtsmittel der Klägerin sei außerhalb der Frist des § 521 Abs 1 ZPO erhoben worden und daher als verspätet zurückzuweisen.
Dagegen richtet sich der vom Beklagten beantwortete Rekurs der Klägerin, die im Wesentlichen geltend macht, das Erstgericht habe ihr Zahlungsbegehren nicht zurück‑, sondern abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (RIS‑Justiz RS0098745 [T18]); er ist aber nicht berechtigt:
1. Die Zulässigkeit einer Anfechtung richtet sich allein nach der vom Gesetz vorgeschriebenen Entscheidungsform (RS0041880). Das Vergreifen in der Entscheidungsform beeinflusst weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels (RS0036324), weil selbst ein Gerichtsfehler nicht zur Verlängerung von Notfristen führen kann (RS0036324 [T14]). Ob eine Entscheidung anfechtbar ist und mit welchem Rechtsmittel das zu geschehen hat, hängt nicht davon ab, welche Entscheidungsform das Gericht tatsächlich gewählt hat oder wählen wollte, sondern nur davon, welche Entscheidungsform die richtige ist (RS0041880 [T1]; RS0041859 [T3]). Hat das Erstgericht die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs verfehlt in Urteilsform zurückgewiesen, so steht dagegen nur der Rekurs offen (RS0040285).
2. Das Erstgericht hat sich in seiner Begründung zur (zurückweisenden) Entscheidung über das Zahlungsbegehren mit der Rechtsnatur dieses Anspruchs auseinandergesetzt und unter anderem ausdrücklich festgehalten, dass es sich dabei um vorprozessuale Kosten handle, deren klageweisen Geltendmachung, solange eine Akzessorietät zum Hauptanspruch bestünde, das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegenstehe. Damit kann die Argumentation der Klägerin nicht überzeugen, das Erstgericht habe sich im Spruch seiner Entscheidung lediglich in der Wortwahl vergriffen und das Zahlungsbegehren nicht zurück‑, sondern abweisen wollen. Es trifft zwar zu, dass in der Begründung auch davon die Rede ist, dieses Begehren sei „abzuweisen“ gewesen, doch lässt der Begründungszusammenhang insgesamt keine Zweifel aufkommen, dass
das Erstgericht die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückwies.
3. Da die Anfechtbarkeit vom Inhalt der tatsächlichen Entscheidung und nicht davon abhängt, welche Entscheidung inhaltlich bei rechtsrichtiger Beurteilung hypothetisch zu treffen gewesen wäre (4 Ob 233/16b), ist ein Umdeuten der Entscheidungsform durch das Gericht zweiter Instanz grundsätzlich zulässig (dazu RS0036324 [T15]). Die tatsächliche Entscheidung des Erstgerichts war eine Klagezurückweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs. Darüber ist mit Beschluss zu entscheiden. Damit ist es für die Frage der Bekämpfbarkeit auch nicht mehr erheblich, ob die Klägerin ihren Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Einschreiten ihres Rechtsvertreters in der Klage auf eine vertragliche Grundlage stützte oder das Erstgericht verkannte, dass die Zulässigkeit des Rechtswegs ausschließlich nach dem Vorbringen in der Klage zu beurteilen ist.
4. Das gegen einen Beschluss vorgesehene Rechtsmittel ist der Rekurs. Die Klägerin hat ihr Rechtsmittel, das vom Gericht zweiter Instanz zutreffend als solcher gewertet wurde, außerhalb der Frist des § 521 Abs 1 ZPO eingebracht. Es wurde daher zu Recht als verspätet zurückgewiesen.
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