OGH 1Ob134/58

OGH1Ob134/5823.4.1958

SZ 31/64

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2

 

Spruch:

Zum Wesen der "Superlativwerbung".

Entscheidung vom 23. April 1958, 1 Ob 134/58.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Die klagenden Parteien haben die Fällung des Urteils beantragt, daß die beklagte Partei schuldig sei, zu unterlassen, mit den Worten "Kaffee N. ist doch der beste" Werbung zu betreiben, und alle Arten von Reklame mit dieser Aufschrift binnen 14 Tagen zu beseitigen. Sie stützen ihr Begehren auf die §§ 1 und 2 UWG.

Das Erstgericht stellte fest, daß alle Prozeßparteien den Import von Kaffee-Erzeugnissen, die Röstung, Verpackung und den Vertrieb derselben betreiben und zueinander in einem Wettbewerbsverhältnis stehen. Die beklagte Partei verwende den Werbespruch "Kaffee N. ist doch der beste" seit 1906. Derzeit verwende sie diesen Werbespruch auf ihren Geschäften, auf Kraftwagen, auf Plakaten, im Kino und im Rundfunk. Die klagenden Parteien seien erst viel später in das Kaffeegeschäft eingetreten. Die Erstklägerin befasse sich mit dem Import, der Röstung, Verpackung und dem Vertrieb von Kaffee-Erzeugnissen seit 1933, die Zweitklägerin seit 1949 und die Drittklägerin seit 1942. Allen klägerischen Firmen sei es im Laufe der Jahre gelungen, ihre Kaffee-Erzeugnisse auf dem Markt einzuführen und das Kaffeegeschäft erfolgreich auf- und auszubauen. Die Einführung der Kaffee-Erzeugnisse habe sich bei den Kunden der beklagten Partei schwieriger gestaltet, doch sei es auch gelungen, Kunden der Firma N. zu beliefern.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Werbespruch "Kaffee N. ist doch der beste" sei ein subjektives Werturteil, dessen Richtigkeit oder Unrichtigkeit wegen der Verschiedenheit der Geschmackseinstellung nicht überprüfbar sei. Es liege auch kein Anhaltspunkt vor, daß das Publikum bisher einen prüfenden Vergleich auf die Richtigkeit des Inhaltes des Werbespruches der beklagten Partei vorgenommen habe. Ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 2 UWG. liege demnach nicht vor. Die Werbung der beklagten Partei verstoße aber auch nicht im Sinne des § 1 UWG. gegen die guten Sitten. Die klägerischen Firmen seien erst viel später mit Kaffee-Erzeugnissen als Konkurrenten der beklagten Partei auf dem Markt aufgetreten und müßten sich daher mit den gegebenen Verhältnissen zum Zeitpunkt ihres Eintrittes in den Wettbewerb abfinden.

Über Berufung der klagenden Parteien hat das Berufungsgericht das Ersturteil bestätigt und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Es hat die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen und dessen rechtliche Beurteilung gebilligt. Es liege eine sogenannte Superlativwerbung vor. Der von der beklagten Partei verwendete Werbespruch enthalte keinerlei bestimmte Angaben, aus denen sich besondere Vorzüge der von der beklagten Partei im Handel vertriebenen Kaffeesorten ergeben würden. Auch würde nicht auf eine allfällige Minderwertigkeit der von bestimmten anderen Konkurrenten verkauften Kaffeesorten hingewiesen. Diese Art der "vergleichenden Reklame" sei objektiv nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbar, weshalb eine wahrheitswidrige Anpreisung im Sinne des § 2 UWG. nicht vorliege, sondern bloß eine übertriebene, marktschreierische Reklame, hinsichtlich deren sich das maßgebliche Publikum und die Verkehrskreise gewöhnt hätten, sie als marktschreierische Anpreisung ohne tatsächliche Grundlage aufzufassen.

Diese übertriebene Anpreisung sei auch nicht geeignet, den Anschein eines besonders günstigen Angebotes zu erwecken, weil im Werbespruch ganz allgemein von "Kaffee N." ohne Bezugnahme auf irgend eine der verschiedenen von der beklagten Partei vertriebenen Sorten die Rede sei und vom Durchschnittspublikum, an das sich die Anbietung wende, nicht ernstlich angenommen werden könne, daß auch schon die billigste von der beklagten Partei verkaufte Kaffeesorte der teuersten von der Konkurrenz vertriebenen qualitätsmäßig überlegen sei. Das Berufungsgericht hat auch die Rechtsansicht des Erstgerichtes gebilligt, daß in einer allgemein gehaltenen Superlativwerbung noch kein Verstoß gegen die guten Sitten zu erblicken sei und daß daher das vorliegende Unterlassungsbegehren nicht auf § 1 UWG. gestützt werden könne.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsrüge ist nicht begrundet. Sinn und Zweck einer Werbung ist es, die Vorteile und die Qualität der angebotenen Ware oder Leistung besonders herauszustellen. Eine sehr häufige Art der Anpreisung ist die Verwendung eines Superlativs (Superlativwerbung), die hier vorliegt. Die rechtliche Beurteilung einer solchen Werbung hat in erster Linie nach § 2 UWG. zu erfolgen. Es ist also zu untersuchen, ob es sich um unrichtige Angaben handelt, die geeignet sind, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen. Entscheidend wird daher sein, wie die angesprochenen Kreise die Superlativwerbung auffassen.

Der Verkehr versteht die Werbung nicht grammatikalisch, er zerpflückt sie nicht sorgfältig, sondern urteilt nach dem flüchtigen Eindruck. Es kommt daher darauf an, ob es sich um eine offensichtlich nicht wörtlich zu nehmende Anpreisung hochtönender Art oder um eine positive, mit dem Anspruch auf Gültigkeit auftretende Angabe über geschäftliche Verhältnisse handelt.

Jede Werbung muß aber im Zusammenhang beurteilt werden. Nur selten wird daher die Superlativwerbung als solche irreführend wirken können. Irreführend kann sie allenfalls durch den Zusammenhang, in den sie gestellt wird, wirken. Überall dort aber, wo durch den Zusammenhang klar zutage tritt, daß es sich um eine "subjektive Werbung" - also nicht um eine objektive Tatsachenbehauptung - handelt, wird niemand den Superlativ wörtlich auffassen. Was in einem solchen Falle übrig bleibt, ist lediglich die Behauptung erstklassiger Qualität (vgl. Tetzner, Superlativreklame, JZ. 1953 S. 205 f.).

Das muß gerade im vorliegenden Falle gelten. Jeder Kaffeekonsument weiß, daß Kaffee in verschiedenen Ländern angebaut wird, daß es verschiedene Kaffeesorten gibt und daß verschiedene Aufbereitungsmethoden angewendet werden, um die Kaffeebohnen verkaufsbereit zu machen. Jedermann weiß auch, daß der Geschmack des Kaffeegetränkes durch alle diese Umstände und schließlich durch die Zubereitung des Getränkes selbst erheblich beeinflußt wird. Jedermann bewertet schließlich auch selbst das Kaffeegetränk nach subjektiven Gesichtspunkten. Es wird daher niemand in der Werbung der beklagten Partei mehr als eine subjektive Wertung der beklagten Partei erblicken, was sich schließlich auch aus den von den Untergerichten getroffenen Feststellungen ergibt, daß die klagenden Parteien ihr Kaffeegeschäft begrunden und ausbauen konnten, obwohl die beklagte Partei ihren Werbespruch, "Kaffee N. ist doch der beste" seit einem halben Jahrhundert verwendet. Der Tatbestand nach § 2 UWG. liegt daher im gegebenen Falle mangels Eignung der Werbung zur Irreführung nicht vor (vgl. Tetzner a. a. O.; Rützen - Kositzkau in ÖJZ. 1956 S. 589).

In der Richtung des § 1 UWG. kann aber die Superlativwerbung nicht anders behandelt werden als die vergleichende Reklame überhaupt. Es kann rechtlich keinen Unterschied machen, ob der Werbende von seiner Ware behauptet, sie sei besser als eine andere Ware, oder ob er behauptet, seine Ware sei die beste. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner seit Jahrzehnten einhelligen Rechtsprechung im Gegensatz zum deutschen Reichsgericht stets den Standpunkt vertreten, daß die vergleichende Reklame an sich zulässig ist (vgl. insbesondere SZ. XIX 1 sowie - grundsätzlich - SZ. XXIV 79 und die dort angeführten Entscheidungen, ferner SZ. XXVII 114 und 205, EvBl. 1954 Nr. 173). Nur dann, wenn die vergleichende Reklame einen Hinweis auf die Minderwertigkeit der Erzeugnisse oder Leistungen eines bestimmten Konkurrenten enthält, verstößt sie gegen die guten Sitten und demnach gegen die Bestimmung des § 1 UWG.

Die Revisionswerber weisen mehrmals auf die Entscheidung des deutschen Reichsgerichtes hin, die den Gebrauch des Werbespruches "Gütermanns Nähseide ist doch die beste" als gegen § 1 DUWG. verstoßend verboten hat. Damit ist für die klagenden Parteien nichts gewonnen. Abgesehen davon, daß die österreichische Rechtsprechung bei der vergleichenden Reklame nicht den überstrengen Standpunkt des deutschen Reichsgerichtes teilt, ist der Fall Gütermann auch insofern anders gelagert, als der Hersteller von "Gütermanns Nähseide" nur einen ernsthaften, praktisch in Frage kommenden Konkurrenten hatte.

Da demnach nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes auch der Tatbestand des § 1 UWG. nicht vorliegt, konnte der Revision nicht Folge gegeben werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte