Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht erkannte den Antragstellern im zweiten Rechtsgang zur ungeteilten Hand eine (weitere) Entschädigung von 100.700 EUR zu. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil es „bei der Ermittlung der Wertminderung von der in der Entscheidung 1 Ob 321/98g vorgegebenen Rechtsansicht" in Ermangelung von Kaufpreisen vergleichbarer Grundstücke habe abgehen müssen.
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Entscheidung erster Instanz erging am 10. 8. 2004. Gemäß § 203 Abs 7 AußStrG, BGBl I 2003/111, ist daher das Rechtsmittel des Antragsgegners noch nach den Vorschriften über den Revisionsrekurs nach der alten Rechtslage zu erledigen.
Entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Außerstreitverfahren, dass behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen bereits das Rekursgericht verneinte, im Revisionsrekurs mit Aussicht auf Erfolg nicht neuerlich geltend gemacht werden können. Letzteres gilt auch für im Revisionsrekurs behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz, die in zweiter Instanz nicht gerügt wurden (RIS-Justiz RS0030748, RS0050037). Im vorliegenden Entschädigungsverfahren greift keine Ausnahme von diesen Grundsätzen ein. Infolgedessen hat der Oberste Gerichtshof seiner Entscheidung die Feststellungen des Erstgerichts, die das Rekursgericht „als Ergebnis einer mängelfreien und unbedenklichen Beweiswürdigung" übernahm, zugrunde zu legen, ist doch - entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers - keine „unzureichende Befassung des Rekursgerichtes" mit der in zweiter Instanz ausgeführten Mängel- und Beweisrüge zu erkennen. Diese Beurteilung, wonach dem Rekursverfahren die geltend gemachte Mangelhaftigkeit nicht anhaftet, bedarf gemäß § 16 Abs 4 AußStrG (aF) iVm § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.
2. Nach Ansicht des Antragsgegners wichen die Vorinstanzen bei der Ermittlung der den Antragstellern zuerkannten Entschädigung von der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 321/98g ab. Darin sei eine Verletzung des - auch im Außerstreitverfahren anzuwendenden - § 511 Abs 1 ZPO zu erblicken. Im Revisionsrekurs wird ferner nicht nur das für die Entscheidung der Vorinstanzen ausschlaggebende Bewertungsgutachten, sondern auch das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, auf dem das erstere Gutachten aufbaute, bekämpft.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten:
Nach der Entscheidung des erkennenden Senats im ersten Rechtsgang ist für den Entschädigungsanspruch der Antragsteller die durch die Naturschutzmaßnahme des Landes Niederösterreich allenfalls eingetretene Entwertung der betroffenen Grundstücke maßgebend. Wäre in diesem Kontext die Errichtung eines Wasserkraftwerks bereits vor der Naturdenkmalerweiterung rechtlich möglich gewesen, so haben die Antragsteller Anspruch auf Abgeltung dieses durch die Naturschutzmaßnahme beseitigten wertbestimmenden Faktors ihrer Grundstücke. Dabei sollte der für die entwerteten Grundstücke erzielbare Kaufpreis unter Hinzurechnung der Entschädigungssumme dem Preis vergleichbarer Grundstücke entsprechen, die über die gleiche Nutzungsmöglichkeit, die den Grundstücken der Antragsteller vor der Naturdenkmalerweiterung eigen war, verfügen.
Im zweiten Rechtsgang stellte sich heraus, dass das Vergleichswertverfahren gemäß § 4 LBG zur Ermittlung des durch die Naturschutzmaßnahme des Landes Niederösterreich geminderten Verkehrswerts der betroffenen Grundstücke ausschied, weil es nach dem Gutachten des im fortgesetzten Verfahren mit der Lösung der Bewertungsfrage beauftragten gerichtlichen Sachverständigen an „Verkehrswerten vergleichbarer Liegenschaften" mangelte. Angesichts dessen kann von der Verletzung einer innerprozessualen Bindungswirkung keine Rede sein, mussten doch die Vorinstanzen die Entwertung der betroffenen Grundstücke, nachdem sich das Vergleichswertverfahren im zweiten Rechtsgang aus tatsächlichen Gründen als unanwendbar erwiesen hatte, auf Grund einer anderen Methode ermitteln. Der Sachverständige, dessen Gutachten die Feststellungen der Vorinstanzen trägt, wählte für die maßgebende Bewertung das Ertragswertverfahren gemäß § 5 LBG.
Gestützt auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erläuterte der erkennende Senat in der Entscheidung 1 Ob 141/04y, es sei jenes Bewertungsverfahren nach § 3 Abs 1 LBG zu wählen, das den Umständen des Einzelfalls am besten gerecht werde. Dessen Auswahl könne der Oberste Gerichtshof nur dann als eine nicht dem Tatsachenbereich zuzurechnende Frage überprüfen, "'wenn das Rekursgericht die vom Erstgericht gewählte Methode ohne Änderung der Sachverhaltsgrundlage aufgrund rein abstrakter Argumente modifiziert und dadurch zu anderen Ergebnissen gelangt als das Erstgericht'". Sonst falle die Ermittlung des Verkehrswerts in den Tatsachenbereich, es sei denn, sie beruhte auf Schlussfolgerungen, die mit den Gesetzen der Logik oder der Erfahrung unvereinbar seien. Aus dieser Rechtsprechung folge mit aller Deutlichkeit die Leitlinie, dass es bei der Beweisaufnahme durch Sachverständige deren Aufgabe ist, auf Grund ihrer einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gerichtsauftrag jeweils maßgebenden strittige(n) Tatfrage(n) am besten eigne; andernfalls verhinderte das Gericht, dem es an der notwendigen Fachkunde zur Lösung der durch Sachverständige zu beurteilenden Tatfragen mangle, die Fruchtbarmachung spezifischen Expertenwissens. Das Gericht habe daher Sachverständigen die im Zuge der Auftragserledigung anzuwendende(n) Methode(n) im Allgemeinen nicht vorzuschreiben, gehöre doch die Methodenwahl zum Kern der Sachverständigentätigkeit. Abgesehen davon hätten Sachverständige stets selbst zu beurteilen, ob sie bestimmten Gerichtsaufträgen mit Hilfe vorhandener oder erst zu ermittelnder Daten entsprechen könnten oder die ersteren nach Maßgabe ihres Fachwissens einer Modifizierung bedürften.
3. An den soeben referierten Grundsätzen ist festzuhalten. Vor deren Hintergrund wird deutlich, dass der Antragsgegner im Kern seiner Rechtsmittelausführungen lediglich die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft, ist er doch außerstande, irgendwelche Umstände ins Treffen zu führen, die nahe legen könnten, dass jene Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen, auf denen die Feststellungen der Vorinstanzen beruhen, mit den Gesetzen der Logik oder der Erfahrung unvereinbar seien. Im Übrigen ist nur noch festzuhalten, dass nach den Vorschriften des Liegenschaftsbewertungsgesetzes das Ertragswertverfahren ebenso eine Methode zur Ermittlung des Verkehrswerts ist.
Aus allen bisherigen Erwägungen folgt, dass die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG (aF) abhängt. Der Revisionsrekurs ist somit zurückzuweisen. Gemäß § 16 Abs 4 AußStrG (aF) iVm § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
4. Für die Kostenentscheidung ist, wie sich bereits aus der Entscheidung 1 Ob 321/98g ergibt, die Regelung des § 44 EisbEG 1954 maßgebend. Das Land Niederösterreich verzeichnete keine Kosten für sein erfolglos gebliebenes Rechtsmittel. Soweit bedarf es daher keiner Kostenentscheidung. Die Antragsteller wiesen auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hin. Ihre Rechtsmittelbeantwortung diente daher nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weshalb sie deren Kosten selbst zu tragen haben (7 Ob 135/02g).
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