OGH 1Ob1046/95

OGH1Ob1046/9530.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Dkfm.Josef F*****, vertreten durch Dr.Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien, wider die Gegner der gefährdeten Partei 1. W***** Gesellschaft mbH in Liquidation, Wien 3., Strohgasse 13, 2. Elisabeth H*****, und 3. Christian H*****, vertreten durch Dr.Johannes Patzak und Dr.Johannes Krauss, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 31.Oktober 1995, GZ 13 R 9/95-42, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der gefährdeten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die gefährdete Partei beantragte zur Sicherung ihres durch Klage geltend gemachten Schadenersatzanspruchs von 16,000.000 S samt 4 % Zinsen seit 17.Dezember 1993, den Gegnern der gefährdeten Partei "jegliche Verfügung über den aufgrund des Kaufvertrags vom 12.7.1993 (Beilage./B) ausbezahlten Kaufpreis" zu untersagen und "ihnen je die gerichtliche Hinterlegung des Kaufschillings bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien" aufzutragen. Diese einstweilige Verfügung möge bis zur rechtskräftigen Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits, längstens jedoch bis 31.Dezember 1996, erlassen werden. Zu diesem Begehren brachte die gefährdete Partei im wesentlichen vor, die Erstgegnerin habe mit Kaufvertrag vom 12.Juli 1993 eine Liegenschaft um 13,900.000 S verkauft habe. In Punkt III.

1. des Kaufvertrags sei von einer gesondert getroffenen Auszahlungsvereinbarung die Rede, weshalb der Drittgegner als Liquidator der Erstgegnerin seine "Dispositionen ... betreffend Verkaufserlös" offen zu legen habe. Er sei jedoch "an einer Aufklärung des Sachverhalts nicht interessiert", sondern wolle diesen "verheimlichen". Gleiches gelte für die Erst- und die Zweitgegnerin. Aus der "gesonderten Auszahlungsvereinbarung" seien "direkt Zahlungen" an die Zweitgegnerin und den Drittgegner erfolgt. Der Anspruch werde durch die angebotenen Bescheinigungsmitteln belegt. Dessen Befriedigung sei ohne Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung deshalb gefährdet, weil ein Urteil gegen die nicht in Österreich wohnhafte Zweitgegnerin sonst im Ausland vollstreckt werden müßte. Die "subjektive Anspruchsgefährdung" (offenbar durch die Erstgegnerin und den Drittgegner) ergebe sich aus dem Verhalten des Drittgegners, der "im Zuge des sehr ausführlich geführten Vergleichsgesprächs nicht bereit gewesen" sei, "irgendeine Auskunft über die Verwendung des Kaufpreises laut Beilage ./B zu erteilen", und schließlich den Verhandlungssaal (Verhandlungstermin: 23.November 1994) verlassen habe. Unklar sei nämlich, ob noch "ein Kaufpreisrest" vorhanden sei, welchen Vermögensstand die Erstgegnerin derzeit habe sowie "ob und welche Forderungen" - in Ansehung einer allfälligen kridamäßigen Verwertung des Kaufpreiserlöses - möglicherweise "schon befriedigt worden seien".

Die Gegner sprachen sich gegen das Sicherungsbegehren aus; sie erteilten über das Schicksal jenes Kaufpreiserlöses, der dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als Grundlage diente, keine Auskunft.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsbegehren antragsgemäß statt und nahm ua als bescheinigt an, daß die durch die Zweitgegnerin als Geschäftsführerin vertretene Erstgegnerin mit Vertrag vom 12.Juli 1993 Liegenschaften verkauft habe, die zu ihrem Vermögen gehörten. Die Entrichtung des Kaufpreises sei zum einen durch Barzahlung, zum anderen durch die Übernahme "einer grundbücherlichen Belastung" erfolgt. Der Barkaufpreisteil habe 11,400.000 S betragen und sei "laut Punkt III. Abs 1 des Kaufvertrags vom 12.3.1993 (Beilage ./B) der Vertragserrichter unwiderruflich treuhändig angewiesen" worden, "über diesen Betrag binnen acht Tagen nach Rechtswirksamkeit dieses Vertrags gemäß gesondert getroffener Auszahlungsvereinbarung zu verfügen". Der Vertragsurkunde sei jedoch nicht zu entnehmen, "welchen Inhalt diese gesondert getroffene Auszahlungsvereinbarung tatsächlich hat", also "an wen der Kaufpreis oder Teile desselben" flossen. Es könne auch nicht festgestellt werden, ob "über den Verkaufserlös vorläufig nicht disponiert und dieser bis zur Klärung der strittigen Frage zinsbringend und jederzeit verfügbar angelegt" worden sei. Die Verwendung des Verkaufserlöses sei unklar, weshalb auch nicht feststellbar sei, "welchen aktiven Stand" die Erstgegnerin "derzeit tatsächlich aufweist".

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß das Sicherungsbegehren sei berechtigt, weil die Zweitgegnerin ihren Wohnsitz außerhalb von Österreich habe und ein gegen sie erlassenes Urteil im Falle einer Klagestattgebung im Ausland vollstreckt werden müsse. Die Erstgegnerin befinde sich in Liquidation. Der Drittgegner als deren Liquidator habe "keine befriedigenden Auskünfte über den Aktivenstand" erteilt. Er habe überdies vor einer Befragung durch das Gericht den Verhandlungssaal verlassen. Dieses Verhalten lasse darauf schließen, daß die Erstgegnerin und der Drittgegner die künftige Befriedigung des bescheinigten Klageanspruchs durch Verheimlichen oder Verbringen von Vermögensstücken gefährden würden.

Das Rekursgericht wies das Sicherungsbegehren ab; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es führte aus, weder die Frage der Anspruchsbescheinigung noch jene, ob sich der behauptete Sachverhalt überhaupt für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eigne, sei entscheidungswesentlich, weil der gefährdeten Partei die durch Sicherheitsleistung nicht ersetzbare "Bescheinigungen der Gefährdung" mißlungen sei. Ein Sicherungsbedürfnis gemäß § 379 Abs 2 Z 2 EO (Urteilsvollstreckung im Ausland) sei nur dann anzunehmen, wenn konkrete Umstände behauptet und bescheinigt würden, die es wahrscheinlich machten, daß "ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung im Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit des Urteils keine befriedigungstauglichen Vermögensstücke (und zwar weder diejenigen, auf die sich der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung bezog, noch andere) im Inland mehr zur Verfügung stünden". Es genüge zwar "eine objektive Gefährdung des Anspruchs", eine bloß "abstrakte (theoretische) Gefährdungsmöglichkeit" reiche jedoch für eine Antragsstattgebung nicht aus. Die gefährdete Partei habe nun - trotz eines entsprechenden Einwands der Zweitgegnerin - weder behauptet noch bescheinigt, daß "im Wege einer im Ausland zu vollziehenden Exekution" auf im Ausland befindliches Vermögen der Zweitgegnerin gegriffen werden müsse, weil es ihr an Inlandsvermögen fehle. Im Verhältnis zu den anderen Gegnern hätte die gefährdete Partei zu behaupten und zu bescheinigen gehabt, daß diese "die Hereinbringung der Forderung" durch Beschädigen, Zerstören, Verheimlichen oder Verbringen von Vermögensgegenständen, durch Veräußerung oder andere Verfügungen über Gegensstände ihres Vermögens - insbesondere auch durch mit dritten Personen getroffene Vereinbarungen - vereiteln oder doch erheblich erschweren würden. Allein die Tatsache der Veräußerung von Vermögenswerten erfülle die geforderte subjektive Anspruchsgefährdung nicht. Die gefährdete Partei habe im Verfahren erster Instanz nicht behauptet, geschweige denn bescheinigt, daß die Erstgegnerin deshalb Vermögen veräußert habe, um deren Befriedigung zu vereiteln oder aus dem erzielten Erlös andere Gläubiger zu begünstigen. Für die Annahme einer subjektiven Gefährdung genüge der von der gefährdeten Partei "aus den Umständen" gezogene Schluß, der Drittgegner wolle Vermögen "verheimlichen", nicht. Es reiche aber auch die Behauptung nicht hin, dieser sei an der "Aufklärung des Sachverhalts nicht interessiert".

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gefährdete Partei erörtert in ihrem Rechtsmittel Fragen der Anspruchsbescheinigung und jene Voraussetzungen, die nach ihrer Ansicht für eine objektive und subjektive Gefährdung ihres Anspruchs durch die Gegner genügen. Im übrigen betont sie, daß das Rekursgericht seiner Entscheidung den vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hätte zugrunde zu legen gehabt. Wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden, hängt die Entscheidung aber nicht von der Lösung der im Revisionsrekurs aufgeworfenen Rechtsfragen ab. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob die vom Rekursgericht herangezogenen Abweisungsgründe einer Nachprüfung standhielten, wenn die vom Gericht zweiter Instanz behandelten Themen entscheidungswesentlich wären.

Die gefährdete Partei vermochte ihre Behauptung, daß der Zweitgegnerin und dem Drittgegner aufgrund der "gesonderten Auszahlungsvereinbarung" im Kaufvertrag vom 12.Juli 1993 "direkt Zahlungen" zugeflossen seien, nicht zu bescheinigen, weil nicht als bescheinigt angenommen werden konnte, ob "über den Verkaufserlös vorläufig nicht disponiert und dieser bis zur Klärung der strittigen Frage zinsbringend und jederzeit verfügbar angelegt" worden sei. Die "Verwendung des Verkaufserlöses ist unklar" und es ist daher auch nicht feststellbar, "welchen Aktivenstand" die Erstgegnerin derzeit tatsächlich aufweist".

Diesem Sachverhalt ist das Begehren der gefährdeten Partei gegenüberzustellen; danach sollte den Antragsgegnern "jegliche Verfügung" über den (offenbar an sie) aufgrund des Kaufvertrags vom 12. Juli 1993 ausbezahlten Gelderlös untersagt und "je die gerichtliche Hinterlegung des Kaufschillings" aufgetragen werden. Dieser Sicherungsantrag könnte aber nur dann erfolgreich sein, wenn wenigstens bescheinigt wäre, daß der erwähnte Verkaufserlös den Gegnern zufloß. Gerade an solchen Annahmen fehlt es aber.

Würde der von der gefährdeten Partei beantragten Provisorialmaßnahme aufgrund der als bescheinigt angenommenen Tatsachen stattgegeben, diente eine solche einstweilige Verfügung in Wahrheit nur dazu, der gefährdeten Partei durch deren Vollstreckung die Ausforschung zu ermöglichen, ob sich der den Gegenstand der Entscheidung bildende Verkaufserlös im Vermögen der Gegner befinde, um auf diese Art zu klären, ob die Sicherung des von der Entscheidung betroffenen Klageanspruchs möglich ist oder nicht. Das Interesse an behördlichen Vollstreckungsmaßnahmen bloß im Dienste einer vorerst vorzunehmenden Erkundung des Vermögensstands der Gegner kann aber eine Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung zur Sicherung einer Geldforderung gemäß § 379 Abs 2 und 3 EO nicht rechtfertigen. Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nämlich ua die Bescheinigung der den Sicherungsantrag begründenden Tatsachen, aus denen sich die auch in § 379 bezeichnete Gefährdung ergibt (1 Ob 597/94; HS XV/2; Heller/Berger/Stix, Komm 2831). Da der gefährdeten Partei aber nicht einmal die Bescheinigung gelang, daß den Gegnern der den Gegenstand des Sicherungsantrages bildende Kaufpreis zufloß, kann auch nicht von einer auf diesen Geldbetrag bezogenen Anspruchsgefährdung ausgegangen werden.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist somit gemäß § 402 Abs 4 und § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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