European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010NC00037.15D.0721.000
Spruch:
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien zurückgestellt.
Begründung
Der Antragsteller, der nach seinen Behauptungen rechtskräftig mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. 10. 2009 zu AZ 34 Hv 32/09m (Oberlandesgericht Wien 23 Bs 124/10v) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wurde, beantragte am 24. 4. 2015 (Einlangen bei Gericht) beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage erkennbar gegen den Bund. Zur Begründung seines Anspruchs führte er aus, dass die Einschränkungen in der Kommunikation mit seinem sozialen Umfeld, die Beschränkungen seiner „Ankaufsmöglichkeiten“, die in Freiheit nicht übliche niedrige Entlohnung und die nicht freiheitsorientierte Anhaltung in der Justizanstalt während des Maßnahmenvollzugs „nicht begründet“ seien. Ihm werde weder ein Vollzugsplan vorgelegt, noch eine realistische Entlassungsperspektive geboten. Die unregelmäßig stattfindenden Vollzugslockerungs-besprechungen seien nicht transparent und die Begründungen der Nichtgewährung nicht nachvollziehbar. Diese Art des Maßnahmenvollzugs widerspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und den im Anschluss daran formulierten Grundsätzen in einer Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts.
Rechtliche Beurteilung
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mit Beschluss vom 28. 5. 2015 ab. Dagegen erhob der Antragsteller Rekurs an das Oberlandesgericht Wien. Dieses legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur allfälligen Delegierung gemäß § 12 Abs 1 StEG iVm § 9 Abs 4 AHG vor.
Nach dieser Gesetzesstelle ist vom übergeordneten Gericht ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch unter anderem aus der Entscheidung eines Gerichtshofs abgeleitet wird, der nach den Bestimmungen des AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wäre.
Dem Sachvortrag des Antragstellers im Verfahren erster Instanz lässt sich kein Hinweis auf eine für behauptete Mängel im Rahmen des Maßnahmenvollzugs kausale Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien entnehmen. Auch der ‑ im Übrigen erst ‑ im Rekurs erfolgte Hinweis, dass das zuständige Rechtsmittelgericht zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofs verpflichtet gewesen wäre, legt nicht dar, aufgrund welchen Rechtsmittels gegen welche Entscheidung des Vollzugsgerichts über welchen Antrag das Oberlandesgericht Wien im Rahmen des Maßnahmenvollzugs eine unrichtige Entscheidung gefällt haben sollte und ist damit nicht ausreichend, um daraus schließen zu können, dass der Antragsteller auch Entscheidungen dieses Gerichts als Grundlage für seine Amtshaftungsansprüche heranzieht. Zwar sind im Maßnahmenvollzug ergangene Entscheidungen einer im Sprengel des Landesgerichts für Strafsachen Wien gelegenen Strafanstalt beim Oberlandesgericht Wien zu bekämpfen, jedoch sagt diese Rechtsmittelmöglichkeit noch nichts darüber aus, ob der Antragsteller tatsächlich aus bestimmten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien Amtshaftungsansprüche ableitet. Auch wenn im Verhältnis zu unvertretenen Parteien, die zur Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen aufgrund angeblich unrichtiger Gerichtsentscheidungen einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe einbringen, kein extremer Formalismus angebracht ist, müssen sich doch die Voraussetzungen für eine Delegierung nach § 9 Abs 4 AHG dem Vorbringen der Partei annähernd konkret entnehmen lassen. Bleibt jedoch wie im vorliegenden Fall offen, ob ‑ nach Ansicht des Antragstellers ‑ eine Entscheidung eines Oberlandesgerichts zum Eintritt des behaupteten Schadens beigetragen hat, sind die Voraussetzungen für eine Delegierung der Rechtssache an ein Landesgericht als Amtshaftungsgericht erster Instanz außerhalb des Sprengels des angeblich betroffenen Oberlandesgerichts nicht erfüllt.
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