OGH 1Nc3/21p

OGH1Nc3/21p19.1.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu AZ 39 Nc 5/20f anhängigen Verfahrenshilfesache der Antragstellerin C***** N*****, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010NC00003.21P.0119.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Landesgericht für Zivilrechtsachen Graz zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin beabsichtigt die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Republik Österreich (Bund) und beruft sich dazu auf vermeintlich fehlerhafte Entscheidungen des Bezirksgerichts Graz‑Ost sowie des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht in einem von ihr gegen den Inhaber einer Werbeagentur angestrengten Unterlassungs- und Schadenersatzprozess. Zugleich begehrt sie erkennbar die Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe.

[2] Das angerufene Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz legte die Akten nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 9 Abs 4 AHG mit der Begründung vor, die Antragstellerin mache Ansprüche geltend, die sie aus dem Verhalten von Organen „im Verfahren 257 C 345/17g des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz [richtig: des Bezirksgerichts Graz‑Ost] und 6 R 269/19 des LGZ Graz als Rechtsmittelgericht ableitet“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof liegen nicht vor:

[4] Nach § 9 Abs 4 AHG ist vom übergeordneten Gericht ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch unter anderem aus einer Entscheidung eines Landes- oder Oberlandesgerichts abgeleitet wird ( Schragel , AHG³ Rz 255, 257). Diese Bestimmung soll vermeiden, dass auch nur der Anschein der

Befangenheit von Richtern entstehen kann, wenn der Anspruch aus der Verfügung des Präsidenten eines Landesgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet wird, die nach den Bestimmungen des AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG liegt daher nur vor, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (vgl RIS‑Justiz RS0056449; Schragel aaO Rz 261).

[5] Die Antragstellerin leitet ihre Ansprüche aus einem vermeintlichen Fehlverhalten von Organen in den Verfahren AZ 257 C 345/17g des Bezirksgerichts Graz‑Ost und dem dazu vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz geführten Berufungsverfahren, nicht aber aus einer Entscheidung oder sonstigem Einschreiten eines Organs des Oberlandesgerichts Graz ab. Die Voraussetzungen für eine Delegierung des Verfahrens AZ 39 Nc 5/20f des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz an ein Gericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz liegen damit nicht vor, sodass der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG funktionell unzuständig ist. Der Akt ist damit dem Vorlagegericht ohne inhaltliche Erledigung zurückzustellen.

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