OGH 1Nc12/12y

OGH1Nc12/12y29.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden und durch die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski und Dr. Grohmann als weitere Richter in der beim Landesgericht Klagenfurt zu 29 Cg 167/11v anhängigen Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Wiedenbauer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, dieser vertreten durch Wiedenbauer Mutz Winkler Pramberger Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen 950.000 EUR sA, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung über die Amtshaftungsklage wird das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständig bestimmt.

Text

Begründung

In ihrer beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Amtshaftungsklage behauptet die klagende Partei durch einen rechtswidrigen Bescheid eines Finanzamts einen Schaden (Gewinnentgang) erlitten zu haben. Die vorgeschobene Begründung dieses Bescheids hätte lediglich die wahre Absicht des Finanzamts verschleiern sollen, dem Bevollmächtigten der klagenden Partei und dessen Umfeld, also auch jenem der klagenden Partei zu schaden. Der Schaden der klagenden Partei sei durch ein fortlaufendes Zusammenwirken der betroffenen Finanzämter mit den Richtern des Landesgerichts (gemeint Klagenfurt) mit Schädigungsabsicht hervorgerufen worden. Genannt wird in diesem Zusammenhang auch ein ehemaliger Richter des Landesgerichts Klagenfurt, der seit 2001 Richter des Oberlandesgerichts Graz ist.

Dieses legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG vor.

Rechtliche Beurteilung

Nach dieser Gesetzesstelle ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus einer Verfügung des Präsidenten des Gerichtshofs erster Instanz oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet wird, die nach den Bestimmungen des AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären. Der rechtspolitische Grund dieser Bestimmung liegt darin, dass alle betroffenen Gerichte, aus deren Verhalten ein Amtshaftungsanspruch angeleitet wird, von der Entscheidung über den Anspruch ausgeschlossen sein sollen. Richter eines Gerichtshofs sollen nicht über Amtshaftungsansprüche erkennen, die ein Verhalten irgendeines Mitglieds des selben Gerichtshofs zum Gegenstand haben (Schragel AHG3 Rz 255). Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG ist auch dann erfüllt, wenn ein Richter eines Landesgerichts, dessen Verhalten als Klagegrund geltend gemacht wird, bei jenem Oberlandesgericht ernannt ist, das in einem Verfahren, in dem Amtshaftungsansprüche zu beurteilen sind, als Rechtsmittelgericht zuständig wäre (RIS-Justiz RS0119894).

Zwar wird in diesem Fall die Erlassung eines Bescheids durch ein Finanzamt als den Schaden verursachendes Organverhalten behauptet; die klagende Partei stellt aber in ihrem Vorbringen einen Zusammenhang mit einem angeblichen Fehlverhalten von Richtern des Landesgerichts Klagenfurt her, indem sie von einem fortlaufenden Zusammenwirken der betroffenen Finanzämter mit Richtern des Landesgerichts in Schädigungsabsicht spricht. Um der Zielrichtung dieser Bestimmung gerecht zu werden, ist auch in einem derartigen Fall eine Delegierung vorzunehmen, zumal diese weder ein eindeutig schlüssiges Klagsvorbringen noch die Berechtigung der erhobenen Ansprüche voraussetzt.

Aus diesen Erwägungen ist ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz als zuständig zu bestimmen.

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