OGH 1Nc110/13m

OGH1Nc110/13m26.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski und Mag. Wurzer als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu AZ 32 Cg 16/13b anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Mag. R***** K*****, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen 18.444,94 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung über den Delegierungsantrag nicht zuständig.

Die Rechtssache wird zur Entscheidung über diesen Antrag dem nach § 9 Abs 4 AHG zuständigen Oberlandesgericht Wien übermittelt.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt aus dem Titel der Amtshaftung den Ersatz von 18.444,94 EUR. Dieser Schaden resultiert nach seinem Vorbringen in der Klage aus den Entscheidungen 35 R 409/10x vom 23. 2. 2011 und 34 R 118/10w, zugestellt am 2. 8. 2010, je des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungs- bzw Rekursgericht, und aus dem Urteil des Handelsgerichts Wien im Verfahren 14 Cg 65/09g vom 28. 10. 2010. Zu dem aus dem Verfahren 14 Cg 65/09g abgeleiteten Anspruch brachte er vor, dass er nicht berufen hätte müssen, wenn das Handelsgericht die Klage rechtsrichtig abgewiesen hätte. Daraus sei ihm ein Aufwand von gesamt 3.145,01 EUR entstanden. Dieser Schaden sei bei seinem Gegner uneinbringlich. Dazu erhebt er ein Feststellungsbegehren, weil das Verfahren in erster Instanz fortgesetzt werde, woraus ihm noch weitere Kosten entstünden. In diesem Verfahren sei das Oberlandesgericht Wien organisatorisch [gemeint offensichtlich als Berufungsgericht] zuständig gewesen, weswegen die Sache an ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Wien zu delegieren sei.

Rechtliche Beurteilung

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 9 Abs 4 AHG vor.

Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch unter anderem aus einer Entscheidung eines Landes- oder Oberlandesgerichts abgeleitet wird (Schragel, AHG³ Rz 255, 257). Die genannte Bestimmung regelt einen Fall notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung und soll vermeiden, dass auch nur der Anschein der Befangenheit von Richtern entstehen kann, wenn der Anspruch aus der Verfügung des Präsidenten eines Landesgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet wird, die nach den Bestimmungen des AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG liegt daher nur vor, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (vgl RIS-Justiz RS0056449; Schragel, AHG² Rz 261). Die Entscheidung über die Delegierung kommt dem übergeordneten Gericht zu.

Die Voraussetzungen für eine Delegierung des Verfahrens 32 Cg 16/13b des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien durch den Obersten Gerichtshof sind hier nicht erfüllt, weil der Kläger entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts keinen Ersatzanspruch geltend macht, der auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien zurückginge. Dem Vorbringen des Klägers zum Verfahren 14 Cg 65/09g des Handelsgerichts Wien kann entnommen werden, dass das Oberlandesgericht Wien seiner Berufung Folge gegeben und die Rechtssache an das Handelsgericht Wien zur Verfahrensergänzung zurückverwiesen hat. Dazu merkt er zwar an, dass das Oberlandesgericht Wien seinen Einwand des Vertretungsausschlusses [Anm: bezogen offensichtlich auf den dortigen Klagevertreter] abgelehnt habe. Er stützt aber weder das Leistungsbegehren noch das Feststellungsbegehren darauf, dass der Aufhebungsbeschluss unberechtigt gewesen wäre. Die Kosten der Berufung macht er als Folge einer unrichtigen Entscheidung des Erstgerichts geltend. Die Rückverweisung an das Handelsgericht Wien zur Verfahrensergänzung, die seinem Feststellungsbegehren zugrunde liegt, war nach den Behauptungen des Klägers erforderlich, weil sein Vorbringen nicht ausreichend geprüft worden sei. Dass es sich dabei um einen Vorwurf gegenüber dem Erstgericht [Anm: offensichtlich bezogen auf den ersten Rechtsgang] und nicht etwa dem Berufungsgericht handelt, macht der Kläger deutlich, indem er weiter ausführt, „hätte der zuständige Richter diese Prüfung gleich richtig und vollständig gemacht, wäre der Berufungsaufwand nicht entstanden. Ferner wäre das Verfahren mit bisher selbem Zeitaufwand bereits längst erledigt“. Ungeachtet seines Hinweises auf die organisatorische Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht im Verfahren 14 Cg 65/09g, ist damit klargestellt, dass der Kläger seine darauf bezogenen Ansprüche ausschließlich aus einer seiner Ansicht nach unvertretbaren Rechtsansicht des Handelsgerichts Wien ableitet.

Da somit kein Fehlverhalten des Oberlandesgerichts Wien behauptet wird, ist der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG funktionell unzuständig, weswegen der Akt dem nach dieser Bestimmung zuständigen Oberlandesgericht Wien zu überweisen ist.

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