OGH 17Os3/18x

OGH17Os3/18x25.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Juni 2018 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sinek als Schriftführerin über einen zum AZ 8 St 298/17y der Staatsanwaltschaft Wien von Wolfgang S***** gemäß § 363a StPO gestellten Antrag nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0170OS00003.18X.0625.000

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

Am 29. Dezember 2017 sah die Staatsanwaltschaft Wien zum AZ 8 St 298/17y gemäß § 35c StAG von einem Ermittlungsverfahren gegen Mag. Monika G***** und andere Personen wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB ab.

Den auf § 195 StPO gestützten Antrag des Anzeigers Wolfgang S***** auf Fortführung des Verfahrens wies das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 21. Februar 2018, AZ 134 Bl 7/18z, als unzulässig zurück.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichtete, von Wolfgang S***** selbst verfasste Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a StPO) war schon deshalb zurückzuweisen, weil der Anzeiger zu diesem Rechtsbehelf nicht legitimiert ist (RIS‑Justiz RS0126446, RS0126176).

Bleibt anzumerken, dass das Landesgericht für Strafsachen Wien entgegen dem Vorbringen des Antragstellers (der sich insoweit auf von ihm offenbar missverstandene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs [1 Präs. 2690‑2113/12i, EvBl 2012/100, 681; 17 Os 13/13k, EvBl 2013/136, 935] beruft) im vorliegenden Fall eines Absehens von einem Ermittlungsverfahren nach § 35c StAG zutreffend von der Unzulässigkeit des Antrags auf Fortführung ausgegangen ist. Dies gilt übrigens – einem Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 27. Dezember 2017, BMJ‑S578.028/0004‑IV3/2017 zuwider – auch dann, wenn Ermittlungen (trotz bejahter Tatbestandsmäßigkeit des angezeigten Verhaltens) wegen eines Strafausschließungsgrundes (im weiteren Sinn) unterbleiben. Denn nach der Legaldefinition des § 1 StPO beginnt das Strafverfahren, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung eines Anfangsverdachts ermitteln (Abs 2). Anfangsverdacht wiederum liegt vor, wenn auf Grund bestimmter Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine Straftat begangen worden ist (Abs 3), und Straftat im Sinn der StPO bedeutet eine nach einem Bundes- oder Landesgesetz mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung (Abs 1). Darunter ist nichts anderes zu verstehen als ein Verhalten, das Gegenstand eines Ausspruchs nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO sein kann, das also tatbestandsmäßig, rechtswidrig und (von § 21 Abs 1 StGB abgesehen) schuldhaft ist und auch zusätzlichen Voraussetzungen (wie insbesondere des Fehlens von Strafausschließungsgründen) genügt ( Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 1). § 35c StAG ist daher auch in solchen Konstellationen anzuwenden (treffend Pilnacek/Stricker , WK‑StPO § 108 Rz 13; vgl auch Nordmeyer , WK-StPO § 194 Rz 1/2; aA Nimmervoll , Das Strafverfahren, 59). Würde eine Staatsanwaltschaft dessen ungeachtet (ohne Ermittlungsverfahren) „nach § 190 Z 1 StPO einstellen“ und im Sinn des § 194 Abs 2 zweiter Satz StPO informieren, hätte das Gericht einen Antrag auf Fortführung gleichwohl als unzulässig zurückzuweisen (vgl 17 Os 13/13k, EvBl 2013/136, 935).

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