OGH 17Os26/17b

OGH17Os26/17b19.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2018 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Ines S***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. Oktober 2017, GZ 15 Hv 82/17z‑47, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0170OS00026.17B.0319.000

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit ihren Rechtsmitteln wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ines S***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie am 8. und am 23. April 2015 in G***** als Vertragsbedienstete der sicherheits‑ und verwaltungspolizeilichen Abteilung der L*****, mithin als Beamtin im strafrechtlichen Sinn, mit dem Vorsatz, dadurch im Urteil namentlich genannte Personen an deren Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem sie ohne ein beruflich gerechtfertigtes Interesse über die zentrale Datenanwendung des Bundesministeriums für Inneres „VStV“ Einsicht in zwei, im Urteil näher bezeichnete Verwaltungsstrafakten nahm.

Dagegen richtet sich die aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 10a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Schuldspruch ein nicht geltend gemachter Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) zum Nachteil der Angeklagten anhaftet, der von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidungsgründe enthalten zwar ausreichende Konstatierungen zu befugnismissbräuchlichem Handeln der Beschwerdeführerin und deren darauf bezogener Wissentlichkeit. Zum Tatbestandselement des Schädigungsvorsatzes begnügten sich die Tatrichter jedoch mit dem bloßen Hinweis, die Beschwerdeführerin habe es ernstlich für möglich gehalten und sich billigend damit abgefunden, „das Recht auf Datenschutz der betroffenen Personen zu verletzen“ (US 4 und 12). Diese Annahme bleibt jedoch ohne ausreichenden Sachverhaltsbezug (RIS‑Justiz RS0119090), denn das Urteil enthält keine Ausführungen dazu, welche personenbezogenen Daten, hinsichtlich derer die Betroffenen ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse hatten (vgl § 1 Abs 1 DSG), die Angeklagte durch die missbräuchlichen Abfragen einsehen wollte (vgl 17 Os 1/12v, EvBl 2012/136, 922; 17 Os 10/15x).

Dieser Rechtsfehler hat die Aufhebung des Urteils bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e, 290 StPO) zur Folge.

Auf diese Entscheidung war die Angeklagte mit ihren Rechtsmitteln, die demnach keiner Erörterung bedurften, zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte