Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr - unter Einschluss der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung des Beseitigungsbegehrens - zu lauten hat:
„Das Klagebegehren,
1. die beklagte Partei sei schuldig es zu unterlassen, im Inland im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „Jungle Man“ - hilfsweise das Zeichen einer springenden Raubkatze unmittelbar über dem Namen des jeweiligen Produkts „Jungle Man“ - oder ein verwechselbar ähnliches Zeichen im Zusammenhang mit der Werbung für und/oder dem Vertrieb von parfumierten Haar- & Körper-Shampoos, Deo Sprays, After Shaves und EAU de Parfum ohne Zustimmung der Markeninhaberin kennzeichenmäßig zu verwenden;
2. die beklagte Partei sei schuldig, sämtliche unter die Unterlassungsgebote fallenden Kataloge mit dem Titel „LR Collection 2010“ sowie die mit dem „Jungle Man“ Logo versehenen Produkte, insbesondere parfumierte Haar- & Körper-Shampoos, Deo Sprays, After Shaves und EAU de Parfum, binnen 14 Tagen zu beseitigen, soweit ihr die Verfügung darüber oder ein diese ermöglichender Einfluss auf den unmittelbar Verfügungsberechtigten zusteht, und sich über die erfolgte Beseitigung auszuweisen;
3. die klagende Partei werde zur Urteilsveröffentlichung im beantragten Umfang ermächtigt;
wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.886,91 EUR (darin 814,48 EUR USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.092,90 EUR (darin 795,65 EUR USt und 4.319 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Angestellte und vertreibt nebenberuflich verschiedene Kosmetikprodukte im Direktvertrieb. Die Beklagte vertreibt Parfums, unter anderem auch einen „Herrenduft“ (Eau de Parfum) mit der Bezeichnung „Jungle Man“. Sie bewirbt dieses Produkt im Internet und auch in einer Broschüre unter Verwendung eines Kennzeichens, das dem in der Entscheidung 17 Ob 10/11m abgebildeten Zeichen entspricht.
Für die P***** AG ***** (im Folgenden: Markeninhaberin) sind unter anderem die internationalen Marken IR503771 und IR582886 geschützt. Der Schutzbereich umfasst auch Österreich und unter anderem auch Parfum, Eau de Parfum ua. Auch die Abbildung dieser Wortbildmarken ist der Entscheidung 17 Ob 10/11m zu entnehmen. Die Markeninhaberin hat der Beklagten keine Zustimmung erteilt, für die Produktlinie „Jungle Man“ ein Zeichen wie das von ihr verwendete zu benutzen.
Die Klägerin beantragt, der Beklagten aufzutragen es zu unterlassen, im Inland im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „Jungle Man“ - hilfsweise das Zeichen einer springenden Raubkatze unmittelbar über dem Namen des jeweiligen Produkts „Jungle Man“ - oder ein verwechselbar ähnliches Zeichen im Zusammenhang mit der Werbung für und/oder dem Vertrieb von parfumierten Haar- & Körper-Shampoos, Deo Sprays, After Shaves und EAU de Parfum ohne Zustimmung der Markeninhaberin kennzeichenmäßig zu verwenden; sie begehrt weiters Beseitigung und die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Die Beklagte verstoße durch die Verwendung des beanstandeten Kennzeichens gegen § 10 Abs 1 Z 2 und Abs 2 MSchG, da dieses Zeichen den Marken der Markeninhaberin verwechslungsfähig ähnlich sei, die eine Raubkatze im Sprung über ein Hindernis in Form eines Schriftzugs zeigten. Die Beklagte begehe damit Rechtsbruch iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG, der zur Erzielung eines nicht nur unerheblichen Vorteils gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern geeignet sei und bediene sich einer unlauteren und irreführenden Geschäftspraktik iSd § 2 Abs 3 Z 1 UWG, da für das Publikum Verwechslungsgefahr bestehe.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, weil kein Wettbewerbsverhältnis bestehe und es der Klägerin verwehrt sei, die Benutzung fremder Ausschließlichkeitsrechte als Lauterkeitsverstoß geltend zu machen. Auch sei die Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Kennzeichen zu verneinen.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren zur Gänze statt, dem Beseitigungsbegehren hinsichtlich der Entfernung des Logos in sämtlichen Katalogen und von sämtlichen Produkten; das Mehrbegehren auf Beseitigung der Kataloge und der Produkte wies es ab. Zwischen den Parteien bestehe infolge der faktischen Teilnahme der Klägerin am Geschäftsverkehr ein Wettbewerbsverhältnis. Das Kennzeichen der Beklagten sei irreführend iSd § 2 Abs 3 Z 1 UWG, da es der Marke der Markeninhaberin verwechslungsfähig ähnlich sei und Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen könne, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. Beim Tatbestand der irreführenden Geschäftspraktik (§ 2 Abs 3 Z 1 UWG) stehe die Klagelegitimation nicht nur dem unmittelbar verletzten Unternehmer, sondern jedem Mitbewerber offen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses - nur in seinem stattgebenden Umfang angefochtene - Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung zur Bestimmung des § 2 Abs 3 Z 1 UWG im Umfang der irreführenden Geschäftspraktik durch Verwendung eines verwechslungsfähigen Unternehmenskennzeichens fehle. Die Beklagte benütze mit ihrem Kennzeichen ein Bild, das in seinem Sinngehalt mit der bekannten Wort-Bild-Marke der Markeninhaberin übereinstimme und mit der Marke verwechselt werden könne; dies erfülle den Tatbestand einer irreführenden Vermarktungshandlung iSd Imitationsmarketings (§ 2 Abs 3 Z 1 UWG). Verstöße gegen § 2 UWG könne jeder Mitbewerber geltend machen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
1. Der Senat hat sich erst jüngst (Entscheidung vom 10. 5. 2011, 17 Ob 10/11m) mit den auch im Anlassfall betroffenen Kennzeichen unter dem Gesichtspunkt des § 2 Abs 3 Z 1 UWG auseinandergesetzt und ist davon ausgegangen, dass diese Bestimmung in materieller Hinsicht neben der Eignung, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, eine nach den tatsächlichen Verhältnissen gegebene Verwechslungsgefahr verlangt.
2. Bei Prüfung der Verwechslungsgefahr ist der Senat in der genannten Entscheidung zu folgendem Ergebnis gelangt:
„Im vorliegenden Fall unterscheiden sich die Wortbestandteile der beiden Zeichen deutlich („Jungle Man“ und „Puma“). Da sich der Geschäftsverkehr bei aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen meist an dem Wort orientiert, da vor allem dieses im Gedächtnis bleibt, ist das Wort, insbesondere wenn es - wie auch in diesem Fall - unterscheidungskräftig ist, für den Gesamteindruck maßgebend (RIS-Justiz RS0079190). Den Bildbestandteilen der beiden Zeichen kommt daher untergeordnete Bedeutung zu. Auch diese unterscheiden sich von einander, wenn auch nicht so augenfällig wie die Wortbestandteile. Zwar ist jeweils eine springende Raubkatze abgebildet, die Sprungrichtung ist aber verschieden (nach links oder rechts). Unterschiede bestehen ferner im Grad der Stilisierung der Darstellung und auch im Winkel des nach oben gerichteten Körpers und des Schweifs. Diese Details treten zwar bei gebotener Beurteilung des Gesamteindrucks gegenüber dem maßgeblichen ins Auge fallenden charakteristischen und im Wesentlichen gleichartigen Umriss in den Hintergrund. Neben der Sprungrichtung fällt aber auch die Darstellung einmal in Weiß auf schwarzem Grund und andererseits in Schwarz auf weißem Grund ins Auge. Die Verwechslungsgefahr zwischen den hier zu beurteilenden Zeichen ist daher zu verneinen.“
3. An dieser Beurteilung ist auch im Anlassfall festzuhalten. Damit erweist sich das auf einer unzulässigen Zeichenverwendung beruhende Klagebegehren schon aus dem Grund fehlender Verwechslungsgefahr als unberechtigt, ohne dass die - noch in dritter Instanz strittige - Frage des Wettbewerbsverhältnisses (die Klägerin ist Angestellte und nur mehr nebenberuflich Beraterin für Düfte) einer näheren Prüfung bedarf.
4. Der Revision ist Folge zu geben und das noch streitverfangene Klagebegehren abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Kosten des Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung sind nicht im Hauptverfahren ersatzfähig.
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