Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das sonst unberührt bleibende angefochtene Urteil im Ausspruch, der Angeklagte habe bei seiner Betretung auf frischer Tat dadurch, daß er Jovanka S***** mit der Hand am Hals erfaßt und gewürgt habe, Gewalt gegen eine Person angewendet, um sich die weggenommene Sache zu erhalten, in der rechtlichen Beurteilung der ihm nach dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch zur Last fallenden Tat und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf D***** des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 26.Juli 1990 in Wien fremde bewegliche Sachen, und zwar eine Geldtasche mit 19.300 S Bargeld, der Jovanka S***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er bei seiner Betretung auf frischer Tat dadurch, daß er die Genannte am Hals erfaßte und würgte, Gewalt gegen eine Person anwendete, um sich die weggenommene Sache zu erhalten.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a, 9 lit b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt teilweise Berechtigung zu.
Die - im Tenor (US 3) gleichwie in den Entscheidungsgründen (US 26) sonst nur mit den verba legalia umschriebene - innere Tatseite der ihm angelasteten Verbrechensqualifikation sah nämlich das Schöffengericht schon darin verwirklicht, daß er bei der Gewaltanwendung gegen die Bestohlene (zumindest auch) mit dem Vorsatz gehandelt habe, sich die weggenommene Tasche mit dem Bargeld zu erhalten (US 7, 27). Rechtsrichtig ist aber zur Anwendung des § 131 StGB in subjektiver Hinsicht absichtliches Handeln (§ 5 Abs. 2 StGB) vorauszusetzen; dahingehende Feststellungen läßt das Urteil vermissen (Z 10).
Insoweit - und demgemäß auch im Strafausspruch - war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort die Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des darauf bezogenen weiteren Beschwerdevorbringens bedarf.
Nicht zielführend hingegen sind die Einwände des Beschwerdeführers gegen den Schuldspruch in bezug auf den Grundtatbestand des Diebstahls.
Insoweit remonstriert er in Ausführung der Verfahrensrüge (Z 4) zu Unrecht gegen die Abweisung von Beweisanträgen (S 190) aus den entgegen § 238 Abs. 2 StPO zwar nicht im Verhandlungsprotokoll ersichtlich gemachten, aber doch immerhin verkündeten (S 191) und infolge ihrer Anführung im Urteil (US 23 bis 25) durch das Rechtsmittelgericht überprüfbaren Gründen.
Denn den mit den Anträgen auf Einholung einer Auskunft "der Sozialversicherung" darüber, daß Jovanka S***** im Juni 1990 nicht 12.000 S Urlaubsgeld bezogen habe, sowie auf Beischaffung sämtlicher den Angeklagten betreffender Vorstrafakten, um darzutun, daß jener bisher nie auf frischer Tat betreten worden und immer geständig gewesen sei, unter Beweis gestellten Umständen hat das Schöffengericht, sie damit ohnehin als möglicherweise richtig in den Kreis seiner Erwägungen miteinbeziehend, ausdrücklich keine für die Beweisführung maßgebende Bedeutung zuerkannt (US 25); durch das diese Beweisanträge abweisende Zwischenerkenntnis wurde daher der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt.
Soweit er aber die damit vorgenommene Einschätzung eines hypothetisch unterstellten antragskonformen Beweisergebnisses durch das Erstgericht als zur Stützung seiner (einen Diebstahlsvorsatz und eine Gewaltanwendung gegen S***** leugnenden) Verantwortung ungeeignet bekämpft, ficht er nur unzulässigerweise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung an.
Argumente gegen die Annahme einer vom Erstgericht seinem weiteren Antrag auf Vernehmung des Zeugen *****K***** - zum Beweis dafür, daß er selbst mit S***** vormals eng befreundet gewesen sei und deshalb deren Tasche üblicherweise bei Betriebsschluß mitgenommen habe - beigemessenen offenkundig reinen Verschleppungsabsicht jedoch, die es daraus ableitete, daß er sich auf die Zeugenschaft des Genannten nicht schon (wie zu erwarten gewesen wäre) in der Hauptverhandlung am 7.Mai 1991 berief, als er die Einvernahme der Zeugen Z***** und S***** zum selben Thema beantragte, sondern ohne jede Erklärung für seine Säumnis erst vier Wochen später, als die zuerst namhaft gemachten Zeugen seine Verantwortung nicht bestätigten (US 23 f.), sind der Beschwerde nicht zu entnehmen; auch von dieser nach dem Gesagten nicht zielführenden Beweisaufnahme hat das Schöffengericht demgemäß berechtigermaßen Abstand genommen (§§ 199 Abs. 2 letzter Satz, 248 StPO).
Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder versucht der Angeklagte, die Glaubwürdigkeit seiner Verantwortung, er sei mit der (von ihrem Verwahrungsort hinter der Theke eigenmächtig weggenommenen) Handtasche nur vorausgegangen, um vor dem Lokal auf S***** zu warten, und er habe dort letzterer nach ihrer späteren Erklärung, sie wolle doch nicht mehr mit ihm ausgehen, die Tasche sofort übergeben, dadurch plausibel zu machen, daß er die Beweiskraft der ihn belastenden Aussagen der Zeugen S***** und H***** in Zweifel zu ziehen trachtet, indem er
- Divergenzen zwischen deren Bekundungen über sein Weggehen mit der Tasche vom Tatort und über die Verständigung der Polizei, zwischen den Angaben der Zeugen S***** einerseits sowie Z***** und S***** anderseits darüber, wie oft sie früher gemeinsam mit ihm ausgegangen seien, sowie zwischen den Darstellungen der Zeugen S***** und Z***** über die Auszahlung des in der Handtasche verwahrt gewesenen Urlaubsgeldes an erstere und über dessen Höhe hervorhebt, sowie ferner
- die Wahrscheinlichkeit der angenommenen unbemerkten Wegnahme der Tasche durch ihn trotz deren Beobachtung durch S***** und H*****, die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit ihres angenommenen Verbergens durch ihn unter seiner Jacke bei gleichzeitiger Konsumation eines Getränks an der Theke, die Wahrscheinlichkeit seines angenommenen langsamen Weggehens vom Tatort, die Möglichkeit des angenommenen Würgens der Zeugin S***** durch ihn, ohne daß sie dadurch an Hilferufen gehindert worden wäre, die Wahrscheinlichkeit der angenommenen Hilfeleistung an S***** durch zwei unbekannt gebliebene Autoinsassen sowie die Verläßlichkeit der Angaben der zuletzt genannten Belastungszeugin über ihre bei der Tat erlittenen Verletzungen sowie über seinen Aufenthalt nach der Tat in Frage stellt.
Nach sorgfältiger Prüfung all dieser Argumente bestehen jedoch gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten zugrunde gelegten entscheidenden Feststellungen über den Tathergang und über seinen Diebstahlsvorsatz im Licht der gesamten Aktenlage aus intersubjektiver Sicht keine Bedenken.
Nicht gesetzmäßig ausgeführt schließlich ist jene Rechtsrüge des Beschwerdeführers, mit der er eine Strafaufhebung wegen tätiger Reue (§ 167 StGB) reklamiert (Z 9 lit b). Übergeht er doch mit der Behauptung eines Feststellungsmangels darüber, daß er die Handtasche freiwillig an S***** zurückgegeben habe, die insoweit ausdrücklich gegenteiligen Konstatierungen des Schöffengerichts, wonach er die in Rede stehende Tasche nur deswegen herausgab, weil er nach der Unterstützung der Bestohlenen durch zwei Männer, von denen ihn einer auf Grund ihrer Hilferufe zur Zurückgabe aufforderte, einer Übermacht von drei Personen gegenüberstand und keine Chance mehr sah, die Beute in Sicherheit zu bringen (US 17 f., 27 f.); materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können aber nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden.
Damit erweist sich auch die Mängelrüge (Z 5) als unberechtigt, weil die geltend gemachten Begründungsfehler in bezug auf den genauen Zeitpunkt der Anzeigeerstattung angesichts der Unfreiwilligkeit der Schadensgutmachung - derentwegen das Schöffengericht der Frage nach ihrer Rechtzeitigkeit keine Bedeutung beimaß (US 27) - keine im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes entscheidende Tatsachen betreffen.
Soweit die Beschwerde gegen den Schuldspruch nach § 127 StGB gerichtet ist, war sie daher - gleichfalls nach Anhörung der Generalprokuratur schon in der nichtöffentlichen Sitzung - sofort zurückzuweisen (§§ 285 d Abs. 1 Z 2 und Z 1 iVm 285 a Z 2 StPO).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Aufhebung (auch) des Strafausspruchs zu verweisen.
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