Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die 49-jährige Maria Z*** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat sie zwischen Jänner 1977 und 26.November 1984 in Oberpullendorf in wiederholten Angriffen mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, den Notar Dr. Helmut S***, in dessen Kanzlei sie als Kanzleileiterin beschäftigt war, durch die Vorgabe, einen höheren als den tatsächlichen Bedarf an Bundesstempel- und Gerichtskostenmarken zu haben und entsprechend höhere Geldbeträge zum Ankauf zu benötigen, wobei sie dem Genannten bzw. seiner von ihm mit der Kontrolle beauftragten Ehegattin Ingrid S*** laufend Quittungen der Maria S***, der Buch-, Papier- und Büromaschinenhandlung H***-B*** sowie der Trafikanten Josef M*** und Ernest KOO über den Ankauf von Bundesstempel- und Gerichtskostenmarken, auf denen sie nachträglich fingierte weitere Markeneinkäufe hinzugefügt hatte, vorlegte und diesen Manipulationen entsprechende Eintragungen im "Markenbuch" vornahm, sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung von verfälschten Urkunden zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung von Schecks im Umfang der vorgetäuschten höheren Kaufpreise, verleitet, die Dr. Helmut S*** am Vermögen schädigten, wobei der durch die Taten herbeigeführte Schaden 500.000 S übersteigt, nämlich zumindest 1,823.875 S beträgt, und der schwere Betrug in der Absicht begangen wurde, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Die Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt die Beschwerdeführerin die Abweisung (S 85/Bd. IV) der von ihr in der Hauptverhandlung vom 18. Jänner 1989 gestellten Beweisanträge (S 83 f/Bd. IV). Die Beschwerdeführerin hatte beantragt, zum Beweis dafür, daß die Eintragungen in der Kostennote bzw. im Kostenblatt bezüglich der getätigten Barauslagen unrichtig und unvollständig gemacht bzw. in der Kostenkartei nicht alle Akten erfaßt und nicht die verwendeten (Bundesstempel- bzw. Gerichtskosten-)Marken eingetragen wurden, woraus sich die Differenzen zwischen der Summe der ihr zugeordneten Markenkäufe und der Summe der Eintragungen im Kostenblatt bzw. in der Kostenkartei erklären,
a) aus dem Zeitraum von Jänner 1977 bis 1984 nach dem Zufallsprinzip je 50 Akten zu bestimmen, anhand welcher durch einen von der Notariatskammer zu bestimmenden Sachverständigen der in jedem einzelnen Akt notwendige Baraufwand überprüft und ermittelt werden soll, ob dieser tatsächliche Baraufwand vollständig in das Kostenblatt (des betreffenden Aktes) und in die Kostenkartei eingetragen wurde;
b) beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern die in der Zeit von 1977 bis 1984 angezeigten Verträge des Notars Dr. Schmuck hinsichtlich der Namen der Parteien abzufragen und zu überprüfen, ob hinsichtlich dieser Akten Kostenblätter bzw. Karteien bestehen und diese auch im Gutachten (des Sachverständigen Dkfm. Dr. H***) Eingang gefunden haben;
c) zum Nachweis dafür, daß hinsichtlich einzelner Akten keine Kostenkarteien angelegt wurden und die auf diese Vorgänge entfallenden Barauslagen vom Sachverständigen auf der Ausgabenseite nicht berücksichtigt werden konnten, die Beischaffung und Prüfung der Akten N. H***, N. S*** und N. G***.
Das Schöffengericht hat die begehrten Beweisaufnahmen mit der (im Urteil nachgetragenen schriftlichen) Begründung abgelehnt, daß sie lediglich darauf abzielen, die vom Buchsachverständigen errechnete Schadenssumme zu widerlegen, wobei jedoch das Gericht die Erkenntnisses des Sachverständigen lediglich als Hilfsmittel herangezogen und die Schadenssumme im wesentlichen aus den von der Angeklagten auf den Quittungen vorgenommenen Manipulationen errechnet hat; die Ausführungen im Gutachten seien nur insofern von erheblicher Bedeutung, als sie die vom Gericht festgestellte Schadenssumme jedenfalls bestätigen und sogar zu einer nicht unwesentlich höheren Schadenssumme gelangten. Davon abgesehen werde mit den gestellten Beweisanträgen darzutun versucht, daß die Kosten (absichtlich oder unabsichtlich) falsch berechnet worden seien, wofür jedoch weder das Beweisverfahren noch die Aktenlage einen Anhaltspunkt ergeben habe; vielmehr habe der Buchsachverständige deponiert, er habe bei den von ihm stichprobenweise überprüften Akten Fehler in den Kostenaufzeichnungen, wie zB zu geringe Vergebührungen, nicht vorgefunden. Somit seien die Beweisanträge überdies lediglich als unzulässige Erkundungsbeweise zu beurteilen, weshalb ihre Durchführung unterbleiben könne (S 104, 105/Bd. IV). Soweit es die Beweisanträge a) und b) betrifft, ist dieser Argumentation des Erstgerichtes im Ergebnis beizupflichten. Sollte doch nach dem diesbezüglichen Antragsvorbringen durch die begehrte Überprüfung sowohl der (nach dem Zufallsprinzip auszuwählenden) 50 Akten als auch der abzufragenden vergebührten Verträge erst ermittelt werden, ob sich Differenzen zwischen dem tatsächlichen Baraufwand (an Bundesstempel- und/oder Gerichtskostenmarken) und den Eintragungen im Kostenblatt und sodann in der Kostenkartei ergeben bzw. ob Kostenblätter und/oder Kostenkarteien bestehen. Demnach sollte das Gericht (lediglich) zur Vornahme von Erhebungen veranlaßt werden, um zu klären, ob von bestimmten Beweisen eine Förderung der Wahrheitsermittlung zu erwarten ist oder ob überhaupt Beweismittel auffindbar sind, deren Heranziehung der Wahrheitsfindung (unter den von der Antragstellerin herausgestellten Aspekten) dienlich sein können.
Rechtliche Beurteilung
Zur Aufnahme eines solchen Erkundungsbeweises ist aber das Gericht nicht verpflichtet (SSt 31/121; SSt 28/4; EvBl 1972/36; EvBl 1973/211 ua).
Durch den Beweisantrag c) hinwieder sollte (bloß) der Nachweis geführt werden, daß in drei Fällen (H***, S***, G***) keine Kostenkarteien angelegt und die auf die betreffenden Vorgänge entfallenden Barauslagen (daher) vom Buchsachverständigen als (tatsächlich getätigte) Ausgaben nicht berücksichtigt werden konnten. Mithin zielte die begehrte Beweisaufnahme der Sache nach auf eine Verringerung der im Gutachten errechneten Schadenssumme ab, die indes das Schöffengericht ohnedies nicht seinen Konstatierungen zugrundegelegt hat, weil es den Gesamtschaden nicht, wie vom Sachverständigen ermittelt, mit 2,174.824 S, sondern mit einem um rund 350.000 S niedrigeren Betrag, nämlich mit 1,823.875 S festgestellt hat (S 92/Bd. IV). Daß aber die Durchführung des in Rede stehenden Beweises eine darüber hinausgehende Verringerung des Gesamtschadens ergeben sollte, wurde im Beweisantrag nicht dargetan, weshalb auch diese Beweisaufnahme ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten der Angeklagten unterbleiben konnte. Die Verfahrensrüge erweist sich daher zur Gänze als nicht berechtigt.
Mit dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z 5), wonach es widersprüchlich und unlogisch sei, einerseits die Schadenssumme aus den (von der Angeklagten vorgenommenen) "Dazuschreibungen" auf Quittungen (womit die Verfälschung der von den Verkäufern bestätigten Quittungen durch Hinzufügen weiterer fingierter Markeneinkäufe gemeint ist) festzustellen und
andererseits - zumindest implizite - davon auszugehen, daß einigen dieser Manipulationen, nämlich jenen, auf welche sich die von der Angeklagten im Vorverfahren vorgelegten 62 bei ihr zu Hause verwahrt gewesenen Originalquittungen beziehen, tatsächlich getätigte Markeneinkäufe zugrundeliegen, wird ein formaler Begründungsmangel (in der Bedeutung der damit der Sache nach reklamierten teils offenbar unzureichenden, teils in sich widersprüchlichen und unvollständigen Begründung) nicht aufgezeigt. Zum einen hat nämlich das Erstgericht ohnedies in den Kreis seiner beweiswürdigenden Erwägungen einbezogen, daß die Angeklagte 62 Quittungen vorlegte, deren Rechnungsbeträge jeweils anderen Quittungen "dazugeschrieben" worden waren (S 97/Bd. IV); zum anderen steht das Vorhandensein dieser 62 Quittungen der Annahme, daß in den übrigen (der Zahl nach weitaus überwiegenden) Fällen den festgestellten "Dazuschreibungen" keine Markeneinkäufe zugrundelagen, keineswegs denknotwendig entgegen und es sind auch die diesbezüglich von den Tatrichtern aufgrund der Gesamtheit der Verfahrensergebnisse gezogenen Schlußfolgerungen, auf welche sie den Schuldspruch gründeten, nicht denkgesetzwidrig. Daß aus den von der Beschwerde ins Treffen geführten Prämissen allenfalls auch andere Schlüsse hätten gezogen werden können als sie der Schöffensenat gezogen hat, ist einer Anfechtung aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO (nach wie vor) entzogen (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 145, 147 zu § 281 Z 5).
Auch der Mängelrüge kommt somit keine Berechtigung zu. Das Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) schließlich, wonach die Beschwerdeführerin nicht in einem ausschließlichen Gelegenheitsverhältnis gestanden sei, weil sämtliche in der Kanzlei Dris. S*** beschäftigten Personen (einschließlich des Ehepaares S***) die Gelegenheit und Möglichkeit gehabt haben, Bargeld, das zum Markenankauf bestimmt war, unbemerkt an sich zu nehmen und die Manipulationen im Markenbuch sowie auf den Quittungen vorzunehmen, was jedenfalls "nicht vollkommen aus der Welt gegriffen" sei, ist, wovon sich der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung dieses Einwandes anhand der aktenkundigen Verfahrensergebnisse überzeugt hat, nicht geeignet, bei der gegebenen Sachlage nach allgemeiner menschlicher Erfahrung, also intersubjektiv, schwerwiegende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidungswesentlichen Tatsachen aufkommen zu lassen. Die bezügliche Argumentation des Erstgerichtes (S 97 ff/Bd. IV) ist schlüssig und in den Ergebnissen des Beweisverfahrens gedeckt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach als zur Gänze offenbar unbegründet schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO). Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung der Angeklagten der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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