Spruch:
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die gemäß § 37 Abs 2 KartG idF BGBl I 13/2013 durch Aufnahme in die Ediktsdatei zu veröffentlichende Entscheidung ‑ neben der Angabe der Beteiligten ‑ wie folgt zu lauten hat:
„Beschluss
Über die Antragsgegnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen Art 101 AEUV bzw Art 81 EG und § 1 KartG, nämlich wegen vertikaler Preisabstimmungen mit dem Einzelhandel, insbesondere den Marktführern REWE und S, die von Anfang 2007 bis Anfang 2012 andauerten und den Endkundenvertrieb von Molkereiprodukten betrafen, gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG eine Geldbuße von 210.000 EUR verhängt.
Begründung
Die Antragstellerin beantragte die Verhängung einer Geldbuße gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG 2005 in Höhe von 210.000 EUR und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass die Antragsgegnerin einerseits und namhafte Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen, insbesondere die REWE International AG und deren Konzerngesellschaften (im Folgenden: REWE) und die S, andererseits über einen längeren Zeitraum vertikale Preisabstimmungsmaßnahmen durchgeführt hätten. Die Abstimmung der Endverkaufspreise mit dem Lebensmitteleinzelhandel sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass der Lebensmitteleinzelhandel eine kostenbedingte Erhöhung der Einkaufspreise (Fakturapreise der Antragsgegnerin an den Lebensmitteleinzelhandel) nur dann akzeptiert habe, wenn die Antragsgegnerin ihrerseits den Nachweis erbracht habe, dass andere Lebensmitteleinzelhändler ihre Wiederverkaufspreise ebenso kostenbedingt anpassten.
Diese vertikalen Preisbindungsvereinbarungen seien auch horizontal abgesichert worden, indem die Antragsgegnerin Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels, insbesondere REWE und S, regelmäßig die geplanten Preise anderer Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels bekannt gegeben habe. Damit habe man sicherstellen wollen, dass Preiserhöhungen linear im Lebensmitteleinzelhandel umgesetzt würden. Dieses Verhalten der Antragsgegnerin sei als Zuwiderhandlung gegen Art 101 AEUV (Art 81 EG) und § 1 KartG zu werten. Ein Rechtfertigungsgrund iSd Art 101 Abs 3 AEUV liege nicht vor.
Aufgrund der Schwierigkeit, einen „tatbezogenen Umsatz“ zu ermitteln, sei die Antragstellerin im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin von einem Ausgangsbetrag von 200.000 EUR ausgegangen. Für die Dauer der Zuwiderhandlung sei ein Aufschlag von 50 % vorzunehmen, sodass sich ein Betrag von 300.000 EUR ergebe. Davon seien Abzüge von insgesamt 30 % vorzunehmen, nämlich ein Nachlass von 10 % für die Kooperation bei der Aufklärung, die Compliance‑Anstrengungen der Antragsgegnerin nach der Hausdurchsuchung sowie deren Sondersituation (Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels, Währungssituation) und ein weiterer Nachlass von 20 % für die Reduktion des Verfahrensaufwands durch die einvernehmliche Verfahrensbeendigung, zumal die Antragsgegnerin ein umfassendes Anerkenntnis abgegeben habe. Demgemäß werde ein Bußgeld von 210.000 EUR beantragt, das insbesondere angesichts der relativ niedrigen Gewinnmargen im Molkereibereich als ausreichend general‑ und spezialpräventiv anzusehen sei.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Vorbringen der Antragstellerin an.
Die Antragsgegnerin stellte das gesamte Tatsachenvorbringen der Antragstellerin außer Streit und akzeptierte ausdrücklich die darauf basierende rechtliche Beurteilung sowie die vorgenommene Geldbußenberechnung.
Rechtlich folgt daraus:
Bei den von der Antragsgegnerin ausdrücklich zugestandenen vertikalen Preisabstimmungen mit Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels handelt es sich um iSd Art 101 AEUV (Art 81 EG) bzw § 1 KartG unzulässige Verhaltensweisen. Sie waren nämlich jedenfalls objektiv geeignet, in die Bestimmung der Preise der Händler einzugreifen und den Wettbewerb für die Produkte in den betroffenen Produktgruppen zu beschränken. Sie bezweckten daher eine Wettbewerbsbeschränkung und stellten somit einen Kernverstoß gegen Art 101 AEUV und gegen das Kartellverbot des § 1 KartG dar.
Rechtfertigungsgründe dafür liegen nicht vor; solche wurden von der Antragsgegnerin auch nicht geltend gemacht.
Die Bemessung der Höhe der verhängten Geldbuße beruht auf dem von der Antragsgegnerin ausdrücklich nicht bestrittenen Antrag der Antragstellerin, über den das Kartellgericht gemäß § 36 Abs 2 KartG keinesfalls hinausgehen darf. Die Antragstellerin hat die von ihr dargelegten Milderungsgründe iSd § 30 Abs 3 KartG, nämlich den wesentlichen Beitrag der Antragsgegnerin zur Aufklärung des Sachverhalts, die erhebliche Reduktion des Verfahrensaufwands durch das Anerkenntnis sowie den Umstand, dass die Antragsgegnerin als Lieferantin infolge der starken Marktkonzentration auf der Abnehmerseite einem erheblichen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt ist, ausreichend berücksichtigt. Erschwerungsgründe sind ebenso wenig ersichtlich wie sonstige Milderungsgründe.“
Text
Begründung
Wie in dem zu 16 Ok 14/13 des Kartellobergerichts ausführlich dargelegten Verfahrensgang beantragte auch hier die Antragstellerin die Verhängung einer Geldbuße nach § 29 Z 1 lit a und d KartG 2005 mit dem im Spruch dargelegten Vorbringen.
Die Antragsgegnerin stellte dieses Vorbringen sowie die rechtliche Beurteilung und die Kriterien für die Geldbußenbemessung der Antragstellerin ausdrücklich außer Streit.
Das Kartellgericht verhängte die beantragte Geldbuße.
Nach Ausfertigung des Beschlusses äußerte sich die Antragsgegnerin gemäß § 37 Abs 2 KartG zusammengefasst dahingehend, dass alle Hinweise auf REWE und S***** sowie jene Passage der Begründung des Antrags, wonach die Abstimmung der Endverkaufspreise vor dem Hintergrund erfolgte, dass der Lebensmitteleinzelhandel eine kostenbedingte Erhöhung der Einkaufspreise nur dann akzeptiert habe, wenn die Antragsgegnerin ihrerseits den Nachweis erbracht habe, dass andere Lebensmitteleinzelhändler ihre Wiederverkaufspreise ebenso angepasst hätten (sowie eine weitere Passage der Begründung, die im Rechtsmittelverfahren nicht mehr strittig ist), ausgespart werden sollten. REWE und S***** seien nicht Beteiligte iSd § 37 Abs 1 KartG, sie hätten daher zu den Verhaltensweisen nicht Stellung nehmen können. Auskünfte über Geschäftsbeziehungen, insbesondere zu Kunden, seien auch Geschäftsgeheimnisse. Letztlich lasse das beanstandete Vorbringen Rückschlüsse auf die Motivation und den Umfang der Kooperation der Antragsgegnerin mit der Behörde zu und sei so geeignet, negative rechtliche Folgen für die Geschäftsbeziehung der Antragsgegnerin zum Lebensmitteleinzelhandel auszulösen.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Kartellgericht diesen Bedenken insoweit Folge, als es alle Passagen, die auf REWE und S***** deuteten, sowie jene über die Art und Weise der Abstimmung der Endverkaufspreise, von der Veröffentlichung ausnahm.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Bundeskartellanwalts mit dem Antrag, die Entscheidung zur Gänze zu veröffentlichen.
Die Antragsgegnerin strebt demgegenüber in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses an.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Der Senat verweist dazu auf die umfassende, dieselben Fragen der Veröffentlichung nach § 37 KartG betreffenden Entscheidung 16 Ok 14/13, deren Ausführungen auch auf den vorliegenden Fall zutreffen.
Wie dort ergibt sich aus dem Geldbußenverfahren des Kartellgerichts zu 25 Kt 29/13, dass REWE bereits Beteiligte eines Geldbußenverfahrens im Zusammenhang mit der auch in diesem Verfahren betroffenen Produktgruppe der „Molkereiprodukte“ war, wobei die nunmehrige Antragsgegnerin im verfahrenseinleitenden Antrag überdies ausdrücklich genannt wurde. Auf dieser unbestrittenen Grundlage wurde über REWE eine Geldbuße von einer Mio EUR verhängt. Dieser Umstand deckt auch die Nennung von REWE im vorliegenden Zusammenhang, wohingegen dies auf S***** nicht zutrifft.
§ 37 KartG verlangt eine umfassende Veröffentlichung in Ansehung sämtlicher wesentlicher Umstände der festgestellten Zuwiderhandlung (16 Ok 14/13). Es ist demnach hier auch in die Veröffentlichung aufzunehmen, dass die Abstimmung der Endverkaufspreise vor dem Hintergrund erfolgte, dass der Lebensmitteleinzelhandel eine kostenbedingte Erhöhung der Einkaufspreise nur dann akzeptiert habe, wenn die Antragsgegnerin ihrerseits den Nachweis erbracht habe, dass andere Lebensmitteleinzelhändler ihre Wiederverkaufspreise ebenso angepasst hätten.
Dem Rekurs war somit teilweise stattzugeben.
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