OGH 15Os87/08w

OGH15Os87/08w21.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. August 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Harammer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Wilhelm H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und 3, Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. März 2008, GZ 114 Hv 37/07g-90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wilhelm H***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Z 3, Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet (A./) bzw zu verleiten versucht (B./), die diese in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten bzw geschädigt hätten und zwar

A./ am 8. Mai 2006 in Kainach Dechant Engelbert B***** durch die Vorspiegelung, sein Name sei „Hassan F*****", er sei Teppichhändler und benötige für zwei Tage 60.000 Euro, um aus einem Lager in München wertvolle Teppiche auslösen zu können, wobei er Engelbert B***** zwei minderwertige Teppiche sowie achtzehn gefälschte Schecks über 36.000 USD als Sicherstellung übergab, zur Übergabe eines Geldbetrags in Höhe von 60.000 Euro verleitet, wobei er den Betrug unter Benützung falscher Urkunden beging;

B./ am 31. Mai 2007 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verurteilten Marta S***** als Mittäter (§ 12 StGB) durch die Behauptung, er sei ein Bediensteter des Finanzministeriums und müsse für eine Erbschaft aus der Türkei in Höhe von 70.000 Euro Erbschaftssteuer in Höhe von 7.000 Euro einheben, wobei er sich somit fälschlich für einen Beamten ausgab und Marta S***** sei seine Sekretärin „Frau B*****" und werde das Geld persönlich abholen, Anna H***** zur Überlassung von Bargeld in Höhe von 7.000 Euro zu verleiten versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl. Der eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) - den Wert der bei Engelbert B***** „als Sicherheit" hinterlegten Teppiche betreffend - behauptenden Mängelrüge ist zu erwidern, dass nur dann eine entscheidende Tatsache angesprochen wird, wenn bei Verringerung des Schadensbetrags die für die Unterstellung unter den Qualifikationstatbestand des § 147 Abs 3 StGB maßgebliche Grenze von 50.000 Euro nicht überschritten würde. Den Einwendungen des Beschwerdeführers zuwider konnte sich das Erstgericht bei der Annahme der - relativen - „Wertlosigkeit" der Teppiche auf die Schätzung mit „insgesamt 4.000 bis 5.000 Euro" (S 501) stützen, sodass die Wertgrenze - selbst nach den Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde - nicht berührt wird. Mit der Veranschlagung eines möglichen Gegenwerts von 10.000 Euro begibt sich der Beschwerdeführer gänzlich auf das Gebiet unstatthafter Spekulation.

Die des weiteren wortreich geäußerten Zweifel an den Ausführungen der Entscheidungsgründe sind nicht an den Kriterien des nominell geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Z 5 ausgerichtet und äußern durch den wiederholten Hinweis auf die „Zerstreutheit" des Geschädigten Engelbert B***** bloß Bedenken an dessen Glaubwürdigkeit. Ein Begründungsmangel kann weiters nicht darin ersehen werden, dass ein Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen und überhaupt alle Verfahrensergebnisse erörtert und sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzt. Es genügt vielmehr, wenn im Urteil in gedrängter Form (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) die entscheidenden Tatsachen bezeichnet werden und schlüssig begründet wird, warum die Tatrichter von der Richtigkeit einer Annahme überzeugt sind, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Indem der Beschwerdeführer einzelne Passagen aus den Aussagen des Engelbert B***** teils auch kontextlos zitiert und unter Heranziehung der eigenen Verantwortung daraus deren Unglaubwürdigkeit abzuleiten versucht, ignoriert er die Ausführungen der Tatrichter und deren beweiswürdigende Erwägungen (US 7 ff), die frei von Verstößen gegen Logik und Lebenserfahrung sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444 ff).

Dies trifft auch für die undifferenziert aus Z 5 und Z 5a gegen das Schuldspruchfaktum B./ gerichtete Rüge zu, die überdies eine unvollständige Ausschöpfung der vorhandenen Beweismittel behauptet, ohne aber deutlich zu machen, wodurch der Rechtsmittelwerber in der Hauptverhandlung an sachgerechter Antragstellung (etwa der Erstellung des Zeit-/Weg-Diagramms) gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen, um die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (aaO Rz 480). Mit Spekulationen, dass das Mobiltelefon des Angeklagten von „jedem" an sich genommen hätte werden können, über die mögliche Fahrzeit der Marta S***** zu der Wohnung der Anna H*****, einen allfälligen anderen Mittäter und den Hinweis auf die „unbeteiligten, gottesfürchtigen" Alibizeugen werden keine erheblichen Bedenken gegen die Feststellung entscheidender Tatsachen erweckt.

Seinem Wesen nach liegt der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a nämlich nur dann vor, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, das heißt - intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen - eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über diese Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld im Verfahren vor dem Einzelrichter einräumt - wird nicht ermöglicht. Diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit sind dem Obersten Gerichtshof beweiswürdigende Detailerwägungen verwehrt und somit in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583; 12 Os 122/06t mwN). Die sowohl gegen § 147 Abs 1 Z 1 als auch Z 3 StGB argumentierende Subsumtionsrüge (Z 10) lässt außer Acht, dass in ihrem Rahmen ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt zulässig ist. Bei Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes muss daher unter Heranziehung der tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen - sofern nicht Feststellungsmängel behauptet werden - ein Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz vorgenommen und auf dieser Grundlage der Einwand entwickelt werden, dass dem Erstgericht bei Beurteilung des Sachverhalts ein Fehler unterlaufen sei (RIS-Justiz RS0099810). Der Beschwerdeführer übergeht mit seinen die zivil- und handelsrechtlichen Gültigkeitserfordernisse eines Schecks auflistenden sowie bloß lapidar das Ausgeben als Beamter bezweifelnden Ausführungen die eindeutigen Annahmen des Erstgerichts (US 5 ff) und verfehlt somit die gebotene Orientierung am Verfahrensrecht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO).

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