Spruch:
1. Die Wiedereinsetzung wird bewilligt.
2. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch eine rechtskräftige Verurteilung der Sonja P***** enthaltenden Urteil wurde Nikolaus B***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG als Beteiligter nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB (zu B) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (zu D) schuldig erkannt.
Danach hat er in Hall in Tirol, Amsterdam, München und anderen Orten am 2., 3. und 4.August 1994 Sonja P***** dazu bestimmt und beigetragen, daß diese (zu A) am 3. und 4.August 1994 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 127 Gramm Heroin (Reinbase 38,74 Gramm) sowie 24,8 Gramm Kokain von den Niederlanden aus- und nach Deutschland einführte, wobei sie die Tat in Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge mehr als das 25-fache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte, indem er zusammen mit der Genannten nach Amsterdam fuhr, dort das Suchtgift ankaufte und es ihr mit dem Auftrag übergab, dieses für ihn über die niederländisch-deutsche Grenze zu schmuggeln und in weiterer Folge nach München zu bringen, weiters (zu D) im Juli 1994 außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich eine geringe, nicht mehr feststellbare Menge Kokain dem abgesondert verfolgten Stefan H***** überlassen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Schuldspruch meldete Nikolaus B***** fristgerecht Nichtigkeitsbeschwerde, gegen den Strafausspruch Berufung an, worauf seinem Verteidiger am 18.April 1995 (S 65,66/je II) eine Urteilsausfertigung zugestellt wurde. Die vierwöchige Frist zur Ausführung der Rechtsmittel (§§ 285 Abs 1, 294 Abs 2 StPO) endete sohin am 17.Mai 1995.
Am 30.Mai 1995 brachte der Verteidiger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Rechtsmittelausführung ein, den er damit begründete, daß nach Eingabe des Konzeptes der Rechtsmittelschrift in die Computeranlage der Kanzlei des Verteidigers diese am 16.Mai 1995 durch ein technisches Gebrechen vollkommen ausfiel, wodurch es trotz intensiver Bemühungen unmöglich gewesen sei, den Bildschirm wieder herzustellen oder einen Ersatzbildschirm herbeizuschaffen bzw die für die Rechtsmittelausführung eingegebenen Daten auszudrucken, sohin die Frist nicht eingehalten werden konnte. Unter einem legte der Verteidiger eine Erklärung des Software-Unternehmens M*****GesmbH vor, wonach am 16.Mai 1995 die Installation einer Lohnverrechnung einen Netzwerkfehler hervorrief; weiters wurde ein Lieferschein vom 16. Mai 1995 über die Lieferung der Lohnverrechnung durch die genannte Gesellschaft vorgelegt. Der Verteidiger führte gleichzeitig die Rechtsmittel schriftlich aus.
Da ein Computerdefekt bescheinigt ist und der Oberste Gerichtshof das Vorbringen, dies sei am späten Nachmittag erfolgt, als wahr unterstellt, sodaß auch der zeitgerechten Abfassung der Rechtsmittelschrift auf herkömmliche Weise Hindernisse entgegenstanden, ist davon auszugehen, daß durch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse die fristgerechte Vornahme der Verfahrenshandlung unmöglich war und weder dem Angeklagten noch seinem Vertreter ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt. Die Wiedereinsetzung wurde innerhalb von vierzehn Tagen nach dem Aufhören des Hindernisses beantragt und die versäumte schriftliche Verfahrenshandlung zugleich mit dem Antrag nachgeholt. Die Wiedereinsetzung war somit zu bewilligen.
Die von Nikolaus B***** gegen den Schuldspruch aus den Gründen der Z 3 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO sich gegen den Schuldspruch richtende Nichtigkeitsbeschwerde ist allerdings nicht berechtigt.
Als Nichtigkeit begründende Vernachlässigung einer Vorschrift (Z 3) wird gerügt, daß entgegen der Bestimmung des § 252 Abs 3 StPO nach den (einverständlichen) Verlesungen der Aussagen der Zeuginnen Carmen G***** und Michele A***** der Beschwerdeführer nicht befragt worden sei, ob er darüber etwas zu bemerken habe; der Schuldspruch sei auf diese Aussagen gestützt.
Der Einwand versagt. Zwar ist dem Hauptverhandlungsprotokoll unmittelbar nach Verlesung der beiden Zeugenaussagen tatsächlich keine im § 252 Abs 3 StPO vorgeschriebene ausdrückliche Befragung zu entnehmen, doch ist auch ersichtlich, daß im Anschluß weitere Verlesungen erfolgten und sodann Gelegenheit zu Stellungnahmen bzw Antragstellungen gegeben wurde, welche ungenützt blieb. Schon aus diesem Grunde ist der Vorwurf unberechtigt.
Vor allem aber übersieht der Beschwerdeführer, daß nach § 252 Abs 4 StPO nur die Bestimmungen des Abs 1 leg. cit bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden dürfen, während die Verletzung der weiteren Vorschriften des § 252 StPO nicht unter die Nichtigkeitssanktion der Z 3 des § 281 Abs 3 StPO fallen.
Unter dem Gesichtspunkt der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO ist mangels entsprechender Antragstellung für den Angeklagten ebenfalls nichts zu gewinnen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die Feststellungsmängel bezüglich der subjektiven Tatseite zur Suchtgiftmenge (§ 12 Abs 3 Z 3 SGG) moniert, entbehrt einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie die ausdrücklichen Konstatierungen über den Vorsatz (US 8 Mitte) ignoriert, hinsichtlich derer ein Begründungsmangel (Z 5) nicht geltend gemacht wird.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d StPO), sodaß über die außerdem erhobene Berufung das örtlich zuständige Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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