OGH 15Os81/97

OGH15Os81/973.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juli 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Kurt Ferdinand R***** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 24. März 1997, GZ 37 Vr 2750/96-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kurt Ferdinand R***** des Verbrechens der versuchten (zu ergänzen: schweren) Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 8. November 1996 in Wagrain mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Heinz P***** in mehreren Telefonaten durch die Aufforderung, ihm unverzüglich auf dem Postweg einen Geldbetrag von 5.000 S bis 6.000 S zu überweisen, andernfalls werde er ihn "heimdrehen" bzw werde er mit Freunden kommen, die ihm das Lokal zerstören und die "Bude anzünden" würden, er werde dies so organisieren, daß der Betrieb in der Wintersaison gesperrt werden müsse, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod und einer Brandstiftung zu einer Handlung, nämlich Übersendung des geforderten Geldbetrages zu nötigen versucht, welche Heinz P***** mit dem angeführten Betrag an seinem Vermögen schädigen sollte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich eine auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde; sie ist nicht im Recht.

In seiner Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer eine Unvollständigkeit, weil sich das Schöffengericht nicht mit allen Aspekten der Aussage des Zeugen P*****, auf die der Schuldspruch im wesentlichen gegründet wurde, auseinandergesetzt hat. So hätten die Tatrichter dessen Angaben, er könne nicht ausschließen, daß der Angeklagte aus einer nicht zustandegekommenen Kanadareise Ansprüche abgeleitet hätte, übergangen und die Feststellung getroffen, der Angeklagte hätte keinen Anspruch auf die Reise oder einen entsprechenden Ersatzbetrag gehabt.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Zeuge P***** ausdrücklich davon gesprochen hat, daß von einer Einladung zu einer Reise keine Rede war (170). Erst über ausdrückliches Befragen durch den Verteidiger, "ob der Angeklagte es nicht als Art Anspruch sehen konnte", vermochte der Zeuge "nicht auszuschließen", daß der Rechtsmittelwerber aus dem Gespräch über die Reise einen solchen abgeleitet hat (170), was nichts über dessen Berechtigung aussagt.

Bei seiner Zeugenvernehmung im Vorverfahren hat Heinz P***** angegeben, daß er dem Angeklagten von seiner Reise nach Kanada erzählt und ihm angeboten habe, ihn mitzunehmen und ihm den Flug zu bezahlen, "wenn sich die Gelegenheit dazu ergeben würde" (112).

Eine fixe Zusage, die einen rechtlichen Anspruch auf die Leistung ergeben könnte, ist dem Beweisverfahren nicht zu entnehmen. Die gerügte Feststellung, daß der Forderung des Angeklagten kein Anspruch gegenüberstand, findet daher in den Beweisergebnissen durchaus seine Deckung. Daß aus diesen auch andere (für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse) möglich wären, vermag den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht zu begründen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 145 und 147).

Zudem hat sich der Rechtsmittelwerber nie damit verantwortet, daß er einen berechtigten Anspruch durchsetzen wollte, sondern die Forderung eines Geldbetrages überhaupt in Abrede gestellt. Das Erstgericht war daher in Entsprechung der Pflicht zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 5 StPO) nicht verpflichtet, sich mit jedem Detail der Aussage des von ihm als glaubwürdig erachteten Zeugen auseinanderzusetzen.

Als aktenwidrig rügt der Beschwerdeführer die Feststellung, der Zeuge P***** sei durch die Drohung mit dem Umbringen und einer Brandstiftung so beunruhigt worden, daß er sich zur Zahlung eines Geldbetrages von 5.000 S entschlossen habe, obwohl diese Drohungen nach Angaben des Zeugen erst zu einem Zeitpunkt ausgesprochen wurden, als er bereits eine Zahlung zugesagt hatte.

Dabei übersieht er aber, daß das Verbrechen der Erpressung erst vollendet ist, sobald die beabsichtigte Vermögensverschiebung tatsächlich eingetreten ist; daß bloß eine Vermögensverbindlichkeit entstanden ist (hier: Zusage der Bezahlung von 5.000 S), genügt nicht, es muß vielmehr der effektive Verlust an Vermögenssubstanz eingetreten sein (Leukauf/Steininger Komm3 § 144 RN 17). Bis zu diesem Zeitpunkt sind weitere Tathandlungen wie vorliegend der Ausspruch von zusätzlichen, nachhaltigeren und qualifikationsbegründenden Drohungen möglich. Wenn nun der Rechtsmittelwerber zunächst die Zusage einer Zahlung durch nicht vom Schuldspruch erfaßte Drohungen erreicht und sodann das Absenden des zugesagten Geldes mit massiven Drohungen untermauert, stellt diese Vorgangsweise in ihrer Gesamtheit das inkriminierte versuchte Verbrechen dar. Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit betrifft damit aber keinen für die Schuldfrage wesentlichen Umstand, was aber für das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre (Mayerhofer aaO E 18 und 26).

Ebenso nicht entscheidungswesentlich ist die behauptete Aktenwidrigkeit, die Zeugin F***** habe die drohenden Äußerungen nicht persönlich gehört, weil nur von Bedeutung ist, ob die Drohungen vom Angeklagten gegen das Erpressungsopfer tatsächlich ausgesprochen wurden. Darüber hinaus hat aber die Zeugin angegeben, sie hätte Gespräche zwischen dem Angeklagten und ihrem Lebensgefährten "ein paarmal mitgehört" (174), weiters habe der Angeklagte bei einem Gespräch ihr gegenüber gesagt, sie würde schon sehen, was passiert (175). Damit ist der in der Urteilsbegründung angeführt Umstand, die Zeugin F***** hätte zu schildern versucht, daß entsprechende Äußerungen gefallen seien, nicht aktenwidrig.

In seiner Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag der Beschwerdeführer keine Umstände aus den Akten aufzuzeigen, die erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen erzeugen könnten.

Wie bereits zur Mängelrüge ausgeführt, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen P***** kein Anspruch auf eine Geldleistung für den Rechtsmittelwerber, dieser Zeuge konnte nur auf wiederholtes Befragen nicht mit Sicherheit ausschließen, daß der Angeklagte einen anderen subjektiven Eindruck haben konnte, auf welchen er sich in seiner Verantwortung aber nie berufen hat. Auch das Verlangen einer schriftlichen Bestätigung für die Bezahlung und Abgabe der Erklärung, daß damit sämtliche Ansprüche abgegolten seien, spricht nicht für die freiwillige Bezahlung eines bestehenden Anspruches (oder deren Zusage), sondern war nur der Versuch des ängstlichen Opfers, eine Eskalierung des Verhaltens des Täters zu verhindern und einen vom Angeklagten erzeugten Konflikt ohne Einschaltung von Behörden zu lösen (US 5 f, 7).

Die Rechts- (Z 9 lit a) und die Subsumtionsrüge (Z 10) sind nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert nämlich ein Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den Nachweis, daß dem Erstgericht bei Beurteilung des Tatsachensubstrates ein Rechtsirrtum unterlaufen ist (Mayerhofer aaO § 281 Z 9 a E 5).

Der Beschwerdeführer geht aber in beiden Fällen nicht von dem bereits zur Mängelrüge erläuterten, gesamten Geschehnisablauf aus, sondern versucht nur unter der urteilsfremden Behauptung, der Bedrohte sei jeweils schon vor den Drohungen zur Zahlung von 5.000 S - später 6.000 S - bereit gewesen, einen Rechtsirrtum aufzuzeigen. Da er hiebei eine nicht dem Urteil entsprechende Prämisse einführt und aber die weiter festgestellten Tathandlungen außer acht läßt, entsprechen die Rechtsmittelausführungen nicht den aufgezeigten Erfordernissen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Daraus folgt, daß die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Linz zukommt (§ 285 i StPO).

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