OGH 15Os78/94

OGH15Os78/949.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juni 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Würzburger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Klaus S***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 6.April 1994, GZ 12 Vr 1075/93-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil (das auch unbekämpft gebliebene Teilfreisprüche enthält) wurde Klaus S***** der Verbrechen (I.) der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und (II.) des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt und zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe sowie gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Bezahlung von 2,850.000 S an die Privatbeteiligte ***** Bank ***** AG verurteilt.

Nur gegen den Schuldspruch laut Punkt II. des Urteilssatzes erhob der Angeklagte eine allein auf die Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde.

Als das Verbrechen des schweren Betruges liegt dem Angeklagten zur Last, am 17.Juni 1992 in Villach mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der ***** Bank ***** AG durch Täuschung über Tatsachen zu nachangeführten Handlungen verleitet zu haben, die das genannte Bankinstitut am Vermögen im Betrag von über 500.000 S schädigten, indem er scheinhalber zwei Konten eröffnete, als Supervisor die jeweilige Überweisung freigab und nachgenannte Beträge in der *****sparkasse selbst behob, und zwar vom Konto (unter dem Namen) des Michael K***** den Betrag von 1,880.000 S (1.) und vom Konto (unter dem Namen) des Werner L***** den Betrag von 1,470.000 S (2.).

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Angeklagte die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 6.April 1994 gestellten Antrages auf "Vernehmung des Zeugen Bernd B*****, Vorsitzender des Verwaltungsrates der I***** AG, zum Beweis dafür, daß ein Betrag in der Höhe von S 3,000.000,- von der I***** zugunsten des Angeklagten an die Bank ***** AG überwiesen wurde" (S 333).

Das Schöffengericht wies in einem Zwischenerkenntnis den Beweisantrag ab, "weil der Umstand, ob die S 2,000.000,- bei der I***** vorhanden sind oder diese den genannten Betrag überweisen wird, für die Beurteilung der Schuldfrage nicht relevant ist" (S 333).

Diesem Beschluß ist im Ergebnis beizupflichten.

Bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrages ist nämlich stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrages und von den dabei vorgebrachten Gründen auszugehen. Erst im Rechtsmittelverfahren vorgebrachte Gründe tatsächlicher Art können keine Berücksichtigung finden (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 41). Unter diesem Aspekt müssen demnach alle erst in der Rechtsmittelschrift verspätet vorgebrachten und somit unbeachtlichen Argumente - insbesondere dahin, der Angeklagte habe auf eine Abdeckung durch die I***** "innerhalb kürzester Zeit" vertraut - zur Stützung des Beweisantrages auf sich beruhen.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß der Angeklagte in einem Schriftsatz vom 28.Februar 1994 ankündigte: "Zu den Anklagepunkten I) und II) 3) und 4) bekenne ich mich schuldig" (S 280). Die Anklagefakten II) 3) und 4) entsprechen den Schuldspruchfakten II.1. und 2. des Urteilstenors. Inhaltlich seiner gemäß § 244 Abs 3 StPO in der Hauptverhandlung vom 2.März 1994 erstatteten Replik auf den Vortrag des Anklagevertreters verwies der Verteidiger ausdrücklich "auf die schriftliche Beschuldigtenverantwortung vom 28.2.1994" und erklärte vorweg, "daß sich der Angeklagte zu den Fakten I) und II) 3) und 4) schuldig bekennen wird" (S 285). In seiner Vernehmung vor dem Schöffengericht gab Klaus S***** (der auf Befragen des Vorsitzenden geantwortet hatte, "daß er Gegenstand und Umfang der Anklage verstanden hat") demgemäß an: "Ich fühle mich im Sinne der wider mich erhobenen Anklage bis auf das Faktum II) 1) und 2) [von dem er letztlich rechtskräftig freigesprochen wurde] schuldig. Im Umfang meines Schuldeingeständnisses ist der Sachverhalt, der in der Anklage geschildert wird, richtig. Ich verweise nur darauf, daß ich keinen dauerhaften Vermögensvorteil aus diesen Transaktionen zog" (S 285). In der fortgesetzten Hauptverhandlung vom 6.April 1994 hielt der Angeklagte seine bisherige Verantwortung mit der Ergänzung aufrecht:

"Es ist so, daß noch in dieser Woche die Zahlung von ca S 2,000.000,-

bis S 3,000.000,- durch die Firma I***** angekündigt wurde, letztere Firma wird durch die Herren B***** und D***** vertreten ..., in Händen habe ich derzeit nichts" (S 317-319 oben).

Angesichts dieser wiederholten, klaren, umfassenden und uneingeschränkten Schuldbekenntnisse des Angeklagten zu dem in Beschwerde gezogenen Urteilsfaktum im Zusammenhalt mit dem Umstand, daß der Angeklagte dem geschädigten Kreditinstitut schon vor der Anzeigeerstattung (nur) Schadensgutmachung in Aussicht stellte (S 13), diese aber von der I***** trotz eines "Schuldbeitrittes" weder zum vorerst avisierten Datum 15.Jänner 1993 geleistet wurde (S 13), noch zum später avisierten Datum 22.Juli 1993 (S 171, 177, 185) sowie nach der eindeutigen Protokollierung des dem Antrag zukommenden maßgebenden Sinnes (Mayerhofer-Rieder aaO E 23) war das Beweisthema nach Lage der Dinge unbeachtlich, das heißt ungeeignet, auf die Entwicklung der Strafsache entweder über die Schuld oder für den anzuwendenden Strafsatz irgend einen Einfluß zu üben (Mayerhofer-Rieder aaO E 63, 64), sondern bezog sich nur auf eine für die Straffrage bedeutsame Schadensgutmachung.

Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt:

Daß eine vollständige Schadensgutmachung selbst bis zur Urteilsfällung nicht erfolgte, erhellt allein schon aus dem Antrag des in der Hauptverhandlung vom 6.April 1994 anwesenden Vertreters der (nach wie vor) geschädigten ***** Bank ***** AG "auf Zuspruch eines Restbetrages in der Höhe von S 2,850.000,- (die restlichen 500.000 S hatte der Angeklagte bereits am 8.Februar 1993 zurückgezahlt - vgl US 6 vorletzter Absatz iVm S 49) hinsichtlich der Fakten L***** und K*****"; diese Forderung wurde vom Angeklagten und dem Verteidiger auch anerkannt (S 335).

Aus all dem folgt, daß durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis - der Beschwerde zuwider - weder Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt noch unrichtig angewendet worden sind, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften, insbesondere durch Art 6 der EMRK, oder sonst durch das Wesen eines die Strafverfolgung und die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung - entgegen dem Antrag der Generalprokuratur - als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen fällt demnach in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz (§ 285 i StPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte