Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Andrei M***** wurde des Vergehens der Schändung als Beteiligter nach §§ 205 Abs 2, 12 StGB schuldig erkannt, weil er am 5. September 2002 in Wien zur Handlung des Handlung des Paul B***** (dessen Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist) dadurch beigetragen hat, dass er, nachdem sie verabredet hatten, einen pornografischen Film zu drehen, die aufgrund ihrer Alkoholisierung bewusstlose Bernadette M***** aus einem Nebenzimmer in sein Zimmer trug und dort auf das Bett legte und sodann die Unzuchtshandlung des Paul B***** (welcher "die aufgrund ihrer schweren Alkoholisierung bewusstlose Bernadette M***** dadurch, dass er ihr, nachdem ihr Rock und Unterhose heruntergezogen hatte, seinen Zeigefinger in ihre Scheide einführte, mithin eine Person, die sich in einem Zustand befand, der sie zum Widerstand unfähig machte, zur Unzucht missbraucht hat") filmte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Ausziehen von Rock und Unterhose stelle keine Tathandlung iSd § 205 StGB dar, der Angeklagte sei deshalb zu Unrecht verurteilt worden, negiert den Urteilsinhalt, wonach das Einführen eines Fingers ("nachdem Rock und Unterhose heruntergezogen wurden") als Missbrauch zur Unzucht angesehen wurde (vgl US 3, 8 und 12) und verfehlt damit ebenso die prozessordnungsgemäße Darstellung des Nichtigkeitsgrundes (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581 und 584) wie die - unter dem Aspekt eines Mangels an Feststellungen - beweiswürdigend auf urteilsfremder Grundlage angestellten spekulativen Behauptungen (inhaltlich auch Z 5), aus dem vorherigen ("anlässigen") Verhalten des Opfers sei kein ausreichender Abwehrwille abzuleiten gewesen (Ratz aaO Rz 593). Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht treffe aufgrund des in der Hauptverhandlung vorgeführten Videos Feststellungen bzw leite aus der Videovorführung Schlussfolgerungen ab, welche mit dem tatsächlichen Inhalt des Videos unvereinbar seien, bleibt unsubstantiiert und kommt damit nicht dem Gebot der deutlichen und bestimmten Bezeichnung jener Tatumstände nach, die den Nichtigkeitsgrund bilden sollen (Ratz aaO § 285d Rz 10). Die Feststellung, dass der Angeklagte dadurch einen strafbaren Tatbeitrag leistete, indem er die alkoholbedingt bewusstlose Bernadette M***** im stillschweigenden Einverständnis, dass der unmittelbare Täter Paul B***** nachfolgend an der Genannten eine im Sinn des § 205 Abs 2 StGB tatbildliche Unzuchtshandlung vornehmen wird, für Filmaufnahmen in sein Atelier trug und das anschließende Tatgeschehen selbst filmte, hat das Erstgericht - der Mängelrüge (Z 5) zuwider - nicht auf das in der Hauptverhandlung vorgeführte Videoband (AS 551/I), sondern auf die für glaubwürdig erachteten Angaben des Erstangeklagten Paul B***** und die aus dem von den Teilnehmern geschilderten Partyverlauf gezogenen Schlussfolgerungen gestützt (US 10 f). Mit der Behauptung, "durch den Inhalt der Videoaufnahme werde die (einen Tatbeitrag leugnende) Verantwortung des Angeklagten eindeutig verifiziert", ohne konkrete Filmausschnitte zu bezeichnen, die der zuvor bezeichneten Urteilsannahme entgegen stehen sollen, wird ein Begründungsdefizit nicht gesetzeskonform aufgezeigt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO). Die Verantwortung des Angeklagten, "er habe bloß einen lustigen Film drehen wollen", hat das Schöffengericht mit plausibler Argumentation verworfen (US 11).
Entgegen der in der gemäß § 35 Abs 2 StPO zur Stellungnahme des Generalprokurators zur Nichtigkeitsbeschwerde abgegeben Äußerung vertretenen Meinung ist das Schöffengericht bei seinen Feststellungen zum relevanten Tatgeschehen der Verantwortung des Mitangeklagten B***** gefolgt und hat sich lediglich zur entscheidungsunwesentlichen Stimmungs- und Motivlage auf die Videoaufzeichnung bezogen. Im Übrigen wurde diese von den Tatrichtern erkennbar lediglich illustrativ und nicht als Grundlage zur Feststellung entscheidungsrelevanter Umstände zitiert (US 10).
Soweit die Beschwerde weiter vorbringt, es sei lediglich vom Drehen eines erotischen Kunstfilms die Rede gewesen, sodass bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch das in der Folge gesetzte Tatverhalten des Erstangeklagten nicht umfasst gewesen sein konnte, verkennt sie zum einen, dass der Angeklagte nach den Urteilskonstatierungen die unzüchtigen Handlungen des Paul B***** zur Gänze gefilmt hat, sodass es als nicht entscheidungswesentlich dahinstehen kann, ob zuvor von der Herstellung eines "erotischen" Filmes die Rede gewesen ist (Ratz aaO § 281 Rz 398), und bekämpft im Übrigen die beweiswürdigenden Annahmen des Erstgerichtes, wonach unter dem Prätext des erotischen Filmes sexuelle Handlungen an der widerstandsunfähigen Bernadette M***** vorgenommen werden sollten, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Die Tatsachenrüge (Z 5a) legt mit der Behauptung der Vernachlässigung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung nicht deutlich und bestimmt dar, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3 StPO), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (Ratz aaO § 281 Rz 480). Da Art 6 EMRK nicht zu den nach der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO mit Nichtigkeit bewehrten Vorschriften gehört, ist deren Verletzung vielmehr unter den weiter dort genannten Voraussetzungen mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 leg cit geltend zu machen (15 Os 22/97). Mit dem bloßen Hinweis, Grundsätze des Verfahrens, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften, insbesondere durch Art 6 EMRK oder sonst durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten ist, seien unrichtig angewendet worden, ohne dass damit konkret auf einen Verfahrensantrag des Beschwerdeführers oder ein Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes Bezug genommen wird, kann allerdings dieser Nichtigkeitsgrund nicht dargetan werden (14 Os 103, 104/97).
Die Konstatierungen zur behaupteten Sehschwäche des Angeklagten wurden vom Erstgericht auf Grundlage der aufgenommenen Beweise in freier Würdigung der damit erzielten Ergebnisse formal mängelfrei festgestellt, ein Antrag dazu, welcher der Verteidigung offengestanden wäre, wurde in der Hauptverhandlung nicht gestellt. Die Beschwerde versucht diesfalls lediglich neuerlich unter selektivem Hervorheben einzelner Aussageteile und eingenständiger Würdigung der den Angeklagten scheinbar entlastenden Teile des Beweisverfahrens in einer auch unter diesem Nichtigkeitsgrund nicht vorgesehen Art die Beweiswerterwägungen der Tatrichter in Frage zu stellen, vermag damit aber keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Liegt keiner der § 288 Abs 1 Z 1 bis 2a StPO bezeichneten Nichtigkeitsgründe vor, so hat der Oberste Gerichtshof nach Z 3 leg cit seiner Entscheidung die Tatsachen zugrunde zu legen, die der Gerichtshof erster Instanz festgestellt hat. Unter Beachtung des das Nichtigkeitsverfahren bestimmenden Neuerungsverbotes konnte einer Besichtigung des Videos (in nichtöffentlicher Sitzung) daher nicht näher getreten werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO (zum Teil nach § 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO) in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Über die Berufung wird das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).
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