OGH 15Os76/97

OGH15Os76/973.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juli 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Walter G***** wegen des Verbrechens der Schändung nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 5.März 1997, GZ 7 Vr 910/96-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter G***** des Verbrechens der Schändung nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 22. August 1996 in Wolfau Manuela V*****, die wegen Schwachsinns unfähig ist, die Bedeutung des Vorganges einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht hat.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich eine auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a, b und e (gemeint wohl: c) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch nicht im Recht ist.

In seiner Verfahrensrüge (Z 4) macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Verteidigerrechte durch Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages "auf Einholung eines medizinischen SV-Gutachtens im Hinblick auf die Größe seines Gliedes" (174) geltend.

Er hat bei der Antragstellung aber weder ein Beweisthema angegeben noch die Umstände dargelegt, inwieweit das bei Durchführung des beantragten Beweises nach Ansicht des Antragstellers zu erwartende Ergebnis der Beweisaufnahme für die Schuldfrage von Bedeutung ist und aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung des beantragten Beweises auch tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde.

Es fehlt somit bereits an einem auf seine Berechtigung überprüfbaren Beweisantrag (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 18 und 19), sodaß der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht vorliegt.

Die vom Beschwerdeführer hiezu erst im Rechtsmittelverfahren vorgebrachten Gründe können keine Berücksichtigung finden, weil bei der Prüfung der Berechtigung des Antrages stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrages auszugehen ist (Mayerhofer aaO E 40 und 41).

Dem in der Mängelrüge (Z 5) behaupteten Widerspruch zwischen dem Urteilsspruch und den -gründen hinsichtlich des (Familien-)Namens des Tatopfers wurde durch den Berichtigungsbeschluß ON 27 in Ansehung des offenkundigen Diktatfehlers im Urteilsspruch der Boden entzogen.

Eine Undeutlichkeit macht der Beschwerdeführer insoweit geltend, als das Schöffengericht nicht festgestellt habe, ob er mit seinem Glied zwischen die inneren Schamlippen des Mädchens eingedrungen sei.

Undeutlich ist der Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen dann, wenn aus den Feststellungen des Urteiles nicht zu erkennen ist, welche Handlungen der Angeklagte nach Ansicht des Gerichtes vorgenommen und mit welchem Vorsatz er sie gesetzt hat (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 42).

Zur Vollendung des Verbrechens der Schändung ist zumindest teilweises Eindringen des männlichen Gliedes in die weibliche Scheide erforderlich (Leukauf/Steininger Komm3 § 205 RN 9, § 201 RN 8).

Dazu haben die Tatrichter aber ausreichende Feststellungen dahin getroffen, daß der Angeklagte begann, mit seinem eregierten Glied in die Scheide einzudringen (US 4) und teilweise in die Scheide eindrang (US 8 und 12). Damit wurde die (objektive) Tathandlung ausreichend konkretisiert.

Unter dem Gesichtspunkt der offenbar unzureichenden Begründung rügt der Beschwerdeführer die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, insbesondere jene, er habe erkannt, daß der Schwachsinn das Mädchen unfähig macht, die Bedeutung des Beischlafes einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Der Rechtsmittelwerber hat in der Hauptverhandlung selbst zugestanden, daß das Mädchen geistig so behindert sei, daß es das alles nicht verstehe (S 167). Darüber hinaus konnten auch die Tatrichter einen Eindruck von der Zeugin V***** gewinnen; dieser fand auch hinsichtlich der Erkennbarkeit des Schwachsinns Eingang in das Urteil (US 6 und 8). Diese Beweisergebnisse vermögen die bekämpften Feststellungen durchaus mängelfrei zu tragen.

Ein formeller Begründungsmangel liegt somit nicht vor.

Die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO gestützten Rechtsrügen sind nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt.

Eine prozeßordnungsgemäße Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes verlangt ein Festhalten an den tatsächlich getroffenen Feststellungen, deren Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den Nachweis, daß das Erstgericht bei Beurteilung des Urteilssachverhaltes einem Rechtsirrtum unterlegen ist (Mayerhofer aaO § 281 Z 9 a E 5).

Unter der lit a versucht der Beschwerdeführer unter Hinweis auf isoliert hervorgehobene Beweisergebnisse den Nachweis zu führen, daß das Erstgericht aus diesen hätte andere "rechtliche Schlüsse (zur subjektiven Tatseite) ziehen müssen". Er unternimmt damit aber nur den unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, und übergeht dabei sämtliche Feststellungen zu seinem Vorsatz bei der Tatbegehung. Ob Manuela V***** die Bedeutung und Tragweite eines "normalen" Beischlafes (zum Unterschied vom außerehelichen Beischlaf) erfaßte, betrifft keinen für die Schuldfrage relevanten Umstand, weil § 205 Abs 1 StGB die Vollziehung des außerehelichen Beischlafes pönalisiert.

Die Ausführungen, das Erstgericht hätte sich nicht mit dem Schuldausschließungsgrund der irrtümlichen Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes auseinandergesetzt (lit b), übergeht neuerlich die ausdrücklichen gegenteiligen Feststellungen über den Vorsatz des Beschwerdeführers und insbesondere jene, wonach er die Diskretions- und Dispositionsunfähigkeit der Zeugin Manuela V***** hinsichtlich des außerehelichen Beischlafes erkannt hat.

Der Einwand, er sei wegen eines nicht unter Anklage gestellten Sachverhaltes verurteilt worden (lit c), ist schon durch die bereits erwähnte, nur einen Schreib- oder Diktatfehler betreffende Berichtigung des Urteilsspruches obsolet geworden.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur (§ 35 Abs 2 StPO), die nur die Erklärung enthält, daß sich die Nichtigkeits- beschwerde zur Beschlußfassung nach § 285 d StPO eigne, vorbringt, diese sei unschlüssig und es sei nicht erkennbar, warum die Anwendung des § 285 d StPO angeregt werde, sei er lediglich auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (Bulut gegen Österreich 59/1994/506/588) verwiesen, der eine nicht begründete Stellungnahme der Generalprokuratur mit keinem Wort zu beanstanden fand, sondern bloß - über die Bestimmung des § 35 Abs 2 StPO hinaus - aus dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit deren Zustellung an die Verteidigung verlangt, welcher es anheimgestellt wird, in die Überlegung einzutreten, ob und welche Reaktion darauf erforderlich ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Daraus folgt, daß die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zukommt (§ 285 i StPO).

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