OGH 15Os76/89

OGH15Os76/8920.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.März 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Georg Robert S*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ernst V*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. September 1988, GZ 12 d Vr 13.850/81-148, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten V*** und des Verteidigers Dr. Köhler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben: das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch zum Faktum B. hinsichtlich des Angeklagten Ernst V***, nach § 290 Abs. 1 StPO aber auch hinsichtlich des Angeklagten Michael G***, also in diesem Punkt zur Gänze, sowie ferner in den die genannten Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben; die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte V*** auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil der Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Ernst V*** der Verbrechen (B.) des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und (C. II.) der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie (A.) der (teils in vier und teils in drei Fällen begangenen) Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und Z 2, zum Teil auch Abs. 3 letzter Fall StGB schuldig erkannt. Die auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des genannten Angeklagten richtet sich der Sache nach nur gegen die Schuldsprüche zu den Fakten A. I. und II. sowie B. und C. II. 1.

Darnach hat er

(zu A.) in Wien fahrlässig

(zu I.) gleich einem Schuldner mehrerer Gläubiger der Ernst

V*** GesmbH

1. in der Zeit vom 2.Oktober bis zum 31.Dezember 1979 als deren Geschäftsführer ihre Zahlungsunfähigkeit dadurch herbeigeführt, daß er, nachdem er den Geschäftsbetrieb mit völlig unzureichendem Eigenkapital aufgenommen hatte, leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benutzte sowie durch Verkäufe unter dem Einstandspreis eine verlustreiche Geschäftsgebarung bewirkte;

2. in der Zeit vom 1.Oktober 1981 bis zum 11.Mai 1982 als deren tatsächlicher Geschäftsführer in Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung ihrer Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, daß er neue Schulden einging und Schulden zahlte;

(zu II.) als leitender Angestellter gleich einem Schuldner mehrerer Gläubiger der Georg Robert S*** GesmbH im Zusammenwirken mit ihrem deswegen unter einem abgeurteilten Geschäftsführer dieses Namens

1. in der Zeit von Anfang Jänner bis Ende August 1981 deren Zahlungsunfähigkeit dadurch herbeigeführt, daß beide, nachdem sie einen Textilhandelsbetrieb bedeutenden Umfangs mit unzulänglichem Eigenkapital aufgenommen hatten, leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benutzten, daß sie diesen auf unredliche Weise beschafften, indem sie ein entsprechendes Geschäftsvolumen vortäuschten, daß sie übermäßigen Aufwand trieben und daß sie große Warenmengen unter dem Einstandspreis verkauften;

2. in der Zeit von Anfang September 1981 bis zum 7.Mai 1982 in Kenntnis von deren Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung ihrer Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, daß sie neue Schulden eingingen, Schulden zahlten und nicht rechtzeitig die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragten, wobei sie zudem dadurch die Geschäftsbücher verfälschten, daß sie Ein- und Ausgänge nicht oder unter falschen Bezeichnungen verbuchen ließen;

(zu B.) im Jänner 1982 in Mödling zum schweren Betrug des deswegen unter einem abgeurteilten Michael G***, der mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten die B*** FÜR A*** UND W*** AG "bzw" die S*** GesmbH unrechtmäßig zu bereichern, Georg S*** durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die Vorspiegelung, letztere sei eine Darlehensnehmerin von guter Bonität, der überdies der Kredit erst nach dem Vorliegen einer erstklassigen grundbücherlichen Sicherstellung ausbezahlt werde, zur Gewährung eines Darlehens in der Höhe von 2 Mio S, also zu einer Handlung verleitete, die S*** um diesen Betrag am Vermögen schädigte, dadurch beigetragen, daß er an einer Kreditverhandlung teilnahm, dem Genannten den ihm zusätzlich versprochenen Anstellungsvertrag verschaffte, für die Beschaffung von Grundbuchsunterlagen sorgte und als scheinbare weitere Sicherheit eine persönliche Bürgschaft für das Darlehen übernahm; sowie (zu C. II. 1.) um den 15.April 1982 in Wien als tatsächlicher Geschäftsführer der V*** GesmbH Bestandteile von deren Vermögen beiseite geschafft oder veräußert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger vereitelt oder geschmälert, indem er ihr noch vorhandenes Warenlager mit einem Einstandspreis von mindestens 1,5 Mio S an die S*** GesmbH transferierte und so einen Schaden in gleicher Höhe herbeiführte.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.

Nicht stichhältig sind die Mängel- (Z 5) und die Tatsachenrüge (Z 5 a) gegen die bezeichneten Schuldsprüche wegen fahrlässiger und betrügerischer Krida (Fakten A. I. und II. sowie C. II. 1.). Die einleitende Behauptung des Beschwerdeführers, das Erstgericht habe auf die Angaben der Zeuginnen H*** und W*** (S 260 bis 262/IX, 183 f., 187 f./VII), denen zufolge er nach seinem Ausscheiden aus der V*** GesmbH (lt US 16: am 16.September 1981) keine Anweisungen mehr gegeben habe und nur mehr gelegentlich dort anwesend gewesen sei, nicht Bezug genommen und nicht begründet, warum es ihnen nicht folgte (Z 5), trifft nicht zu. Nach eingehender Würdigung jener Verfahrensergebnisse, die für die gegenteilige Urteilsannahme, und zwar dafür sprechen, daß der Angeklagte V*** auch nach seinem "offiziellen" Ausscheiden aus der bezeichneten Gesellschaft deren "faktischer Geschäftsführer" blieb (US 16), wird nämlich im Urteil ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die "von ehemaligen Angestellten verfaßten Schreiben und Aussagen" daran nichts ändern (US 20 bis 22, 26):

damit hat der Schöffensenat, dem Gebot einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe entsprechend (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), deutlich genug zum Ausdruck gebracht, daß er die Angaben der genannten Zeuginnen gleichfalls in seine beweiswürdigenden Erwägungen miteinbezogen, die dagegen sprechenden Indizien aber für überzeugender gehalten hat.

Die weitere Feststellung jedoch, daß der Beschwerdeführer auch über die Bankkonten der S*** GesmbH zeichnungsberechtigt war (US 33, 40 f.), konnte das Erstgericht durchaus aktengetreu aus dessen eigener Darstellung (vgl S 21, 23 in ON 36/IV, S 52/VII) gleichwie aus Angaben der Mitangeklagten S*** (vgl S 350/VI, 77/VII, 97/IX) und G*** (vgl S 81 in ON 17/III) ableiten; sie ist daher sehr wohl durch Verfahrensergebnisse gedeckt und steht entgegen der Beschwerdeansicht auch mit der Urteilsannahme, daß er bei den sogenannten "Scheckdrehereien" von dieser Zeichnungsberechtigung keinen Gebrauch machte, sondern die betreffenden Schecks jeweils von S*** unterfertigen ließ (US 41), keineswegs im Widerspruch (Z 5).

Weder für die Schuldfrage noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes hinwieder ist die Höhe des Gläubigerschadens von Bedeutung. Die vom Angeklagten V*** mit Bezug auf das Faktum A. II. unter dem Aspekt einer Undeutlichkeit (Z 5) der Sache nach reklamierte Fehlbeurteilung in Ansehung des Ausmaßes seiner Mitverantwortlichkeit am Schaden betrifft demnach keine im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes entscheidende Tatsache, sodaß insoweit die allfällige Notwendigkeit einer Korrektur erst im Rahmen der Straffrage aktuell wird.

Im wesentlichen Gleiches gilt für jene in Ansehung ihrer Zielrichtung ersichtlich bloß auf die Strafbemessung gemünzten Argumente des Beschwerdeführers zur Tatsachenrüge (Z 5 a), mit denen er

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