OGH 15Os72/93

OGH15Os72/9327.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Mai 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kirschbichler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred P***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Feldkirch vom 19.Februar 1993, GZ 16 Vr 1035/92-53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred P***** auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (1) und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG (2) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Bregenz

(zu 1) am 12.August 1992 den Ernst M***** vorsätzlich getötet, indem er aus der unter Punkt 2 bezeichneten Waffe zunächst vier Schüsse gegen die Beine und sodann drei weitere gegen den Oberkörper des Genannten abgab, sowie

(zu 2) ab einem bisher nicht ermittelten Zeitpunkt zwischen etwa Mitte Mai 1992 und 11.August 1992 unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole, Marke CZ, 9 mm Parabellum, besessen sowie am

11. und 12.August 1992 auch geführt.

Die Geschworenen hatten die Hauptfragen I (nach dem Verbrechen des Mordes) und II (nach dem Vergehen nach dem WaffG) stimmeneinhellig bejaht. Die für den Fall der Bejahung der Hauptfrage I gestellte Zusatzfrage III (nach Notwehr oder Putativnotwehr) sowie die Zusatzfrage V (nach Zurechnungsunfähigkeit) wurden einstimmig verneint.

Darüber hinaus haben die Laienrichter auch die Eventualfragen IV (nach fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen im Hinblick auf eine Notwehrüberschreitung) sowie VI und VIII (nach Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung) sowie die Zusatzfrage VII (nach Notwehr oder Putativnotwehr in bezug auf eine Rauschtat) jeweils ebenfalls einhellig verneint; richtigerweise wären diese Fragen infolge Bejahung der Hauptfrage I und Verneinung der Zusatzfragen III und V überhaupt nicht zu beantworten gewesen. Daraus ist jedoch dem Angeklagten ein Nachteil nicht erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf die Z 8, 10 a und 13 des § 345 Abs. 1 StPO gründet.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund macht er mit der Begründung geltend, aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergebe sich, daß der Obmann der Geschworenen während der Beratungen den Vorsitzenden des Schwurgerichtshofes gemäß § 327 Abs. 1 StPO ersucht habe, sich ins Beratungszimmer zu begeben, um eine ergänzende Belehrung über die Reihenfolge der Fragenbeantwortung zu erteilen (S 305); es habe also eine weitere Rechtsbelehrung stattgefunden, die entgegen der Bestimmung des § 327 Abs. 2 StPO weder zu Protokoll genommen noch dieses Protokoll dem Hauptverhandlungsprotokoll angeschlossen worden sei.

Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll (ON 52/S 305 iVm dessen "Präzisierung" ON 65/S 409) ergibt sich hiezu, daß der Obmann der Geschworenen eine nochmalige detaillierte Belehrung über die Folgen der jeweiligen Beantwortung der Fragen sowie der Reihenfolge begehrte und daß der Vorsitzende hierauf diese Belehrung erteilte, wobei dabei über den Inhalt der schriftlichen Rechtsbelehrung nicht hinausgegangen wurde.

Daraus folgt, daß eine Überschreitung oder Ergänzung der den Geschworenen gemäß § 321 StPO erteilten Rechtsbelehrung nicht stattgefunden hat; der Sache nach wurde vielmehr nur - bezogen auf die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage und die Reihenfolge der Fragenbeantwortung - die diesbezüglich bereits schriftlich erfolgte Instruktion wiederholt. Daß diese Instruktion unrichtig gewesen sei, behauptet die Beschwerde nicht. Die aber (allein) gerügte bloße Verletzung der Formvorschrift des § 327 StPO steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 1 und 2 zu § 327), sodaß die Rüge insoweit nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführt ist.

Mit der Tatsachenrüge (Z 10 a) versucht der Angeklagte, erhebliche Bedenken gegen seine von den Geschworenen im Wahrspruch konstatierte Zurechnungsfähigkeit und seinen gleichfalls festgestellten Tötungsvorsatz zu erwecken. Nach eingehender Prüfung der hiezu vorgebrachten Argumente gelangte der Oberste Gerichtshof allerdings zur Überzeugung, daß sich aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit dieser im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen ergeben. Der Sache nach unternimmt der Angeklagte mit seinem Vorbringen insgesamt nur den Versuch, die der Anfechtung entrückte, gemäß Art 91 Abs. 2 B-VG ausschließlich den Geschworenen zugewiesene Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Punkten aufkommen lassen.

Mit der Behauptung schließlich, die Geschworenen hätten bei der Strafbemessung den erwiesenen Milderungsgrund des § 34 Z 11 StPO nicht berücksichtigt, wird der Sache nach Nichtigkeit gemäß § 345 Abs. 1 Z 13 zweiter Fall StPO behauptet; auch dies jedoch zu Unrecht.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß gemäß § 338 StPO nicht die Geschworenen allein, sondern gemeinsam mit dem Schwurgerichtshof über die Strafe entscheiden. Mit dem eigentlichen Vorbringen aber, das Erstgericht habe einen bestimmten Milderungsgrund nicht berücksichtigt, wird der relevierte Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, weil damit weder eine unrichtige rechtliche Beurteilung festgestellter Strafzumessungstatsachen, noch ein Verstoß gegen allgemeine Strafbemessungsgrundsätze behauptet wird (RZ 1988/47; EvBl 1989/53 ua).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher - übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO; § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, jeweils iVm § 344 StPO).

Die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung gründet sich auf §§ 285 i, 344 StPO.

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