OGH 15Os71/92

OGH15Os71/922.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Lachner, Dr.Kuch und Dr.Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Liener als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jaafar El-H***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12.Dezember 1991, GZ 2a Vr 4388/89-101, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde Jaafar El-H***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Wien

1./ am 7.März 1988 durch sein im Wachzimmer Wien 21., Hermann-Bahrstraße, zur Zahl D 858-Fd/88 erfolgtes tatsachenwidriges Anzeigevorbringen, der PKW "Jaguar JF" mit dem Kennzeichen W***** sei ihm zwischen dem 4.März und dem 7.März 1988 gestohlen worden, zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Polizeibeamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht, und

2./ am 9.März 1988 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der W***** Versicherungs AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Behauptung, der kaskoversicherte PKW "Jaguar JF" mit dem Kennzeichen W***** sei zwischen dem 4.März und dem 7.März 1988 in Wien von unbekannten Tätern gestohlen worden, wogegen das Fahrzeug in diesem Zeitraum tatsächlich durch Bahman St***** (nunmehr: Si*****) im Einvernehmen mit Jaafar El-H***** nach Jugoslawien verbracht worden sei, zur Auszahlung eines Betrages von 615.000 S und damit zu einer Handlung verleitet, die das genannte Versicherungsunternehmen an seinem Vermögen schädigte, wobei der Schaden 500.000 S überstieg,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Freispruch erhobenen, auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft kommt keine Berechtigung zu.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund kann nur auf einen Begründungsmangel in Ansehung erhobener Beweise, nicht jedoch auf eine allfällige unvollständige Ausschöpfung möglicher weiterer Beweisquellen gestützt werden.

Das übersieht die Nichtigkeitswerberin, soweit sie

Mit diesen Einwänden reklamiert der öffentliche Ankläger - dem die vermißten Befragungen in der Hauptverhandlung möglich gewesen wären - vielmehr eine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO, zu deren Geltendmachung es ihm aber mangels einer auf die vermißten Beweisaufnahmen abzielenden Antragstellung in der Hauptverhandlung - und eines Vorbehaltes der Nichtigkeitsbeschwerde im Fall eines abweislichen Zwischenerkenntnisses des Schöffengerichtes oder der Verweigerung eines solchen Erkenntnisses (§ 281 Abs. 3 StPO) - an der Beschwerdelegitimation fehlt.

Davon abgesehen berücksichtigte das Schöffengericht ohnehin die Möglichkeit einer "Umlackierung" des PKWs sowie das Vorbringen in der Diebstahlsanzeige im Rahmen seiner Beweiswürdigung (US 5, 8 f), ohne diesen - keinen zwingenden Schluß auf eine Tatbeteiligung des Angeklagten El-H***** zulassenden - Umständen die ihnen von der Beschwerdeführerin beigemessene Bedeutung zuzuerkennen. Indem die Beschwerde die denkmöglichen Urteilsausführungen über die Ursachen eines fehlerhaften Vorbringens in der Diebstahlsanzeige als bloße Vermutungen bezeichnet, kritisiert sie der Sache nach lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Anhaltspunkte für Sprachschwierigkeiten sind im übrigen entgegen dem Beschwerdevorbringen daraus abzuleiten, daß eine Hauptverhandlung wegen Verständigungsschwierigkeiten mit dem Angeklagten El-H***** zur Beiziehung eines Dolmetschers vertagt wurde (S 325/I), wogegen der Vertreter der Beschwerdeführerin keinen Einwand erhob.

Das angeblich von Renate Sk***** (oder Sk***** - S 317, 354 f/I) mitghörte Telefonat zwischen El-H***** und Si***** hatte nach der Aktenlage lediglich die Verständigung des Letztgenannten vom Diebstahl des PKWs zum Gegenstand (S 317, 320, 355/I); eine solche Informationserteilung indiziert aber eher das Fehlen einer Tatbeteiligung des El-H***** und ist daher ausschließlich zu dessen Entlastung geeignet, weshalb das Unterbleiben ihrer Erwähnung in den Entscheidungsgründen keine nachteiligen Folgen für den Standpunkt der Nichtigkeitswerberin nach sich zu ziehen vermag.

Gleichfalls nicht erörterungsbedürftig war in Anbetracht des Gebotes der Abfassung der Entscheidungsgründe in gedrängter Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) ferner das Vorbringen des Zeugen Gerhard W*****, wonach El-H***** die Renate Sk***** (bzw Sk*****) ersucht haben soll, "für ihn auszusagen" (S 355/I); vermochte der erwähnte Zeuge doch nicht einmal das Thema der angeblich von diesem Angeklagten angestrebten Aussage der Genannten anzugeben. Dieser Aussage des Zeugen wurde daher von den Tatrichtern zu Recht keine Relevanz für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Verantwortung des Angeklagten beigemessen. Eine weitere Aufklärung hätte möglicherweise eine Vernehmung der Renate Sk***** (oder Sk*****) bringen können, die vom Gericht zunächst versucht (S 258, 279/II) und letztlich unterlassen wurde (AS 290 ff/II). Ein entsprechender Beweisantrag (dessen Ablehnung oder Übergehen zu einer Verfahrensrüge berechtigt hätte) wurde von der Beschwerdeführerin aber nicht gestellt.

Mit der Behauptung, das Vorbringen des El-H***** zu der Frage, auf welche Weise Bahman Si***** in den Besitz eines Nachschlüssels zum PKW gelangt sein konnte, wäre mit einem vom Erstgericht unberücksichtigt gelassenen inneren Widerspruch behaftet, unterliegt die Nichtigkeitswerberin hinwieder einem Mißverständnis: im Rahmen der von der Beschwerdeführerin herangezogenen Ausführungen zeigt El-H***** nämlich lediglich dem Vorgenannten (allenfalls) offen gestandene Zugriffsmöglichkeiten auf, ohne sich dabei konkret festzulegen (S 39 und 157 a/I).

Soweit die Nichtigkeitswerberin schließlich noch mit dem Hinweis auf eine mögliche Relevanz wirtschaftlicher Schwierigkeiten als Beweggrund für eine Tatbeteiligung des El-H***** die Erwähnung des Umstandes vermißt, daß der gegenständliche PKW kurze Zeit vor dem Ablauf des ersten Versicherungshalbjahres (bis dahin bestand volle Abgeltung des Neuwertes) als gestohlen gemeldet geworden ist und ein Garagenplatz für dieses Fahrzeug erst knapp zuvor angemietet worden sei (S 218/I), geht sie nicht von der ohnehin auch die wirtschaftlichen Gegebenheiten in Rechnung stellenden erstrichterlichen Argumentation in ihrer Gesamtheit aus, sondern stellt auf eine isolierte Betrachtung der vorangeführten Aspekte ab; damit erweist sie sich (auch) im vorliegenden Zusammenhang als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO).

In gleicher Weise war mit der vom öffentlichen Ankläger angemeldeten, auch anläßlich der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde nicht zurückgezogenen Berufung (S 294, 329 f/II) zu verfahren, die mangels eines mit Berufung anfechtbaren Urteilsausspruches ins Leere geht.

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