OGH 15Os70/15f

OGH15Os70/15f22.7.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juli 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leisser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bekim K***** und Nejazi D***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 15. Dezember 2014, GZ 10 Hv 61/13z‑272, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00070.15F.0722.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Schuldspruch und unbekämpfte Freisprüche des Bekim K***** enthaltenden Urteil wurden dieser und Nejazi D***** von der wider sie erhobenen Anklage, sie hätten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit (dem abgesondert verfolgten) Bashkim O***** und einem unbekannt gebliebenen Mittäter am 11. Juni 2013 in R***** Dr. Klaus W***** und Mag. Gudrun W*****

1./ durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld und Wertgegenstände im Gesamtwert von 775.280 Euro, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem sie diese unter Vorhalt einer Pistole und eines Messers zur Übergabe von Geld und Wertgegenständen aufforderten;

2./ durch Einsperren in ein WC und Verriegeln der Türe widerrechtlich die persönliche Freiheit entzogen,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Freispruch der beiden Angeklagten gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft geht fehl.

Die Tatrichter gingen in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) unter Auseinandersetzung mit den wesentlichen Beweisergebnissen (US 7 ff) davon aus, dass die Täterschaft der Angeklagten im Zweifel zu ihren Gunsten nicht mit hinreichender Sicherheit nachweisbar sei (US 5 Mitte), weil ‑ auch unter Bedachtnahme auf die als Schutzbehauptungen verworfenen Angaben der Angeklagten und die weiters erörterten Indizien für ihre Tatbegehung - allein die Ergebnisse der angeordneten Auskünfte über Daten von Nachrichtenübermittlungen („Rufdaten“) keine ausreichende Grundlage für einen Schuldspruch tragende Feststellungen sowohl bezüglich der Personen der Täter als auch ihrer konkreten Tathandlungen seien (US 12 ff). Die hinter den Daten stehenden Endgeräte könnten ihre Besitzer wechseln (US 14 f) und selbst unter der Annahme ihrer Verwendung durch die Angeklagten stehe zwar die Anwesenheit in einem bestimmten Sendebereich fest, jedoch bleibe offen, welche konkreten Handlungen von ihnen gesetzt worden seien (US 13 f).

Die Erwägung der Tatrichter, aus der (von ihnen als erwiesen erachteten) Verwendung der Mobiltelefone durch die Angeklagten nach der Tatbegehung (am 21. Juni 2013 sowie am 8. Juli 2013) könne nicht (hinreichend sicher) auf die Verwendung dieser Mobiltelefone durch die Angeklagten bei der am 11. Juni 2013 begangenen Tat geschlossen werden, widerspricht ‑ der Mängelrüge zuwider (Z 5 vierter Fall) ‑ nicht den Kriterien folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen. Dass aus der späteren Verwendung der Telefone im Zusammenhalt mit weiteren Beweisergebnissen auch für den Standpunkt der Beschwerdeführerin günstigere Schlussfolgerungen möglich gewesen wären, ist als Akt freier Beweiswürdigung mit der Mängelrüge nicht bekämpfbar (vgl RIS‑Justiz RS0098400).

Soweit die Rüge weiters vorbringt, das Erstgericht hätte aus der Annahme der Verwendung der Mobiltelefone durch die Angeklagten im Zeitpunkt der Tatbegehung in einem den Tatort umfassenden (oder nahe liegenden) Sendebereich ableiten müssen, dass „jedenfalls ein Tatbeitrag im Sinne von Aufpasserdiensten geleistet worden ist“, setzt sie den erstgerichtlichen bloß eigene beweiswürdigende Erwägungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung entgegen, vermag damit aber kein Begründungsdefizit in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.

Bleibt anzumerken, dass die Beteiligungsform ‑ wie die Beschwerde zutreffend ausführt ‑ zwar unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion (Z 10) keine entscheidende Tatsache betrifft (RIS‑Justiz RS0013731), die Frage, ob die Angeklagten überhaupt (zumindest) eine einem Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zu subsumierende Handlung begangen haben, jedoch für die Schuldfrage entscheidend ist.

Gründet das Gericht im Übrigen den Freispruch auf die Verneinung der Täterschaft der Angeklagten im Zweifel zu deren Gunsten, ohne dabei eine Aussage zu sämtlichen Tatbestandselementen (hier: zur subjektiven Tatseite) zu treffen, reicht es für den Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde nicht hin, einen Begründungsmangel (Z 5) bloß in Ansehung der getroffenen Urteilsannahmen (hier: der Negativfeststellung zur Vornahme von Ausführungs‑ oder zumindest tatkausalen Beitragshandlungen) aufzuzeigen. Vielmehr wäre hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das Urteil keine Konstatierungen enthält, unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse ein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen; fehlen die dafür notwendigen Indizien, bedarf es zur Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4, werden die fehlenden Tatbestandsmerkmale verneint, wäre insoweit ein Begründungsmangel geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0127315).

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

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