European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00066.9300011.0617.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
I. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
II. Aus deren Anlaß wird jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das, abgesehen von der zu III. getroffenen Entscheidung, im übrigen ‑ ebenso wie der mit dem Urteil verkündete Beschluß, mit welchem vom Widerruf der im Verfahren AZ U 9/91 des Bezirksgerichtes Eibiswald gewährten bedingten Strafnachsicht und einer Verlängerung der Probezeit abgesehen wird ‑ unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 1, soweit der Angeklagte schuldig erkannt wurde, auch in der Zeit vom 2. November 1990 bis Sommer 1992 mit der am 2. November 1976 geborenen Claudia Maria Z* den außerehelichen Beischlaf unternommen und (auch) hiedurch das Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB begangen zu haben, sowie demzufolge im Strafausspruch (ausgenommen den Ausspruch über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben.
Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Franz R* wird für die ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich die Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (Punkt 1 im verbleibenden Umfang) und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (Punkt 3) sowie die Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (Punkt 2) und des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (Punkt 4) gemäß §§ 28 Abs 1, 206 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 (achtundzwanzig) Monaten verurteilt.
III. Der Berufung der Privatbeteiligten Claudia Maria Z* gegen das Adhäsionserkenntnis wird Folge gegeben, der Ausspruch, wonach die Genannte mit ihren Ersatzansprüchen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird, aufgehoben und insoweit in der Sache selbst erkannt:
Der Angeklagte Franz R* wird gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung eines Betrages von 5.000 (fünftausend) S bei Exekution an die Privatbeteiligte Claudia Maria Z* verurteilt.
IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem bekämpften Urteil wurde Franz R* des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes), des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (Punkt 2), des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (Punkt 3) und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (Punkt 4) schuldig erkannt.
Darnach hat er in K* und Umgebung in etwa wöchentlich wiederkehrenden Abständen mit kurzen Unterbrechungen
(zu 1) seit Ende 1988 bis Sommer 1992 mit seiner am 2. November 1976 geborenen (leiblichen) Tochter Claudia Maria Z* den außerehelichen Beischlaf unternommen;
(zu 2) durch die unter 1 angeführte Handlung mit einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, den Beischlaf vollzogen;
(zu 3) seit 1985 bis 2. November 1990 seine (unmündige) Tochter Claudia Maria Z* dadurch, daß er bis zu 3 Finger in ihre Scheide einführte und mit ihr Handonanie, Mundverkehr und Analverkehr durchführte, zur Unzucht mißbraucht, um sich geschlechtlich zu befriedigen,
(zu 4) durch die zu Punkt 1 bis 3 angeführten Handlungen seine minderjährige Tochter Claudia Maria Z* zur Unzucht mißbraucht.
Vorweg ist anzumerken, daß das zu Punkt 2 des Urteilssatzes angeführte und nur dem Abs 1 des § 211 StGB unterstellte Tatverhalten nach den Urteilsfeststellungen auch die mit einer höheren Strafdrohung verbundene Tatqualifikation nach § 211 Abs 2 StGB begründete. Darnach wäre aber insoweit eine Idealkonkurrenz mit dem Delikt des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB nicht in Betracht gekommen (Leukauf‑Steininger Komm3, § 212 RN 23). Dieser Rechtsfehler des Erstgerichtes gereicht aber dem Angeklagten letztlich nicht zum Nachteil, weil sein Schuldspruch wegen Vergehens nach § 212 Abs 1 StGB (Punkt 4) wegen der zu Punkt 3 angeführten, nicht in einem Beischlaf bestehenden Tathandlungen ohnedies auch zutreffend war.
Der Angeklagte meldete gegen dieses Urteil fristgerecht (ausschließlich) das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde an (S 464). Die Rechtsmittelausführung wird im Rubrum ‑ darüber hinausgehend ‑ als "Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung" bezeichnet (S 485), in der Rechtsmittelschrift aber sodann erklärt, daß "auf die Ausführung einer Berufung wegen Strafe verzichtet" werde (S 491). Im Gerichtstag zog der Verteidiger jedoch die auf eine Berufung bezugnehmenden Ausführungen in seiner Rechtsmittelschrift, weil auf einem Mißverständnis beruhend, zurück, weshalb hierauf nicht eingegangen werden braucht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird inhaltlich der Beschwerdeausführungen auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützt. Im Rechtsmittelantrag begehrt der Beschwerdeführer allerdings (auch), "nach § 288 a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten", womit er sich implicite auf den für eine Entscheidung nach § 288 a StPO vorausgesetzten Nichtigkeitsgrund des § 281 a StPO bezieht. In der Beschwerde wird aber in keiner Weise dargetan, worauf sich die Annahme gründet, in der vorliegenden Strafsache sei ein Gerichtshof zweiter Instanz, der die Versetzung in den Anklagestand ausgesprochen hat, unzuständig gewesen (nach der Aktenlage blieb die Anklageschrift unbekämpft, sodaß ein Oberlandesgericht gar nicht in die Lage kam, darüber zu befinden). Es mangelt damit jedenfalls an einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung jener Tatumstände, die den Nichtigkeitsgrund nach § 281 a StPO bilden sollen (§§ 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO).
Durch die in der Verfahrensrüge (Z 4) monierte Ablehnung des Antrages auf Einholung eines weiteren Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Frauenheilkunde zum Beweis dafür, daß die von Claudia Maria Z* behaupteten sexuellen Kontakte nicht stattgefunden haben können (S 372), wurde der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt. Denn § 118 Abs 2 StPO sieht die Beiziehung eines zweiten Sachverständigen nur ‑ ausnahmsweise ‑ für den Fall der besonderen Schwierigkeit der Beobachtung oder Begutachtung vor. Schwierig ist die Begutachtung, wenn der (erste) Sachverständige die ihm vom Gericht vorgelegten Sachfragen gar nicht oder doch nicht mit Bestimmtheit zu beantworten vermag und sich die Möglichkeit einer Beantwortung durch einen anderen Sachverständigen nicht von vornherein ausschließen läßt (vgl SSt 57/47; ÖJZ‑LSK 1979/370 ua). Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall aber nicht zu.
Der vom Erstgericht beigezogene Sachverständige Univ.‑Prof. Dr. W* stellte in seinem Gutachten unmißverständlich klar, daß es sich beim Tatopfer angesichts des an der Basis (noch immer) unversehrten Hymenalsaums aus anatomischer Sicht um ein unberührtes Mädchen (virgo intacta) handelt, deren Scheideneingang aber dessenungeachtet zufolge seiner extremen Dehnbarkeit dem einer Frau gleichzusetzen ist, die bereits intime sexuelle Kontakte, ja sogar geboren hatte. Diese wenngleich in der medizinischen Fachliteratur nicht beschriebene körperliche Eigenheit läßt ‑ nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen ‑ bei Claudia Maria Z* die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs (bis zur Vollendung) ohne anatomische Defloration zu (S 127 ff, 335 ff). Das Gutachten blieb damit auch nicht etwa dunkel, unbestimmt oder widersprüchlich, ohne daß der Sachverständige eine Aufklärung hätte geben können. Soweit der Beschwerdeführer nunmehr vorbringt, daß es "nach dem Stand der Wissenschaft" völlig unmöglich wäre, mit einer Frau wiederholt Geschlechtsverkehr in verschiedenen Stellungen auszuüben, ohne deren Hymen zu verletzen bzw. einzureißen, versucht er lediglich, die sachliche Richtigkeit des Gutachtens des Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. W* in Zweifel zu ziehen, ohne dafür in seinem Beweisantrag von diesem in der Expertise unberücksichtigt gebliebene Argumente ins Treffen geführt zu haben. Die Beurteilung der Beweiskraft des Gutachtens oblag allein den Tatrichtern, deren diesbezügliche Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren nicht angefochten werden kann. Auf jene Argumente aber, die erst im Gerichtstag vorgetragen wurden, kann bei der Erledigung der Verfahrensrüge von vornherein nicht eingegangen werden.
Nicht berechtigt ist auch der Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe durch die Verweigerung der nochmaligen Untersuchung der Claudia Maria Z* Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers deshalb beeinträchtigt, weil deren Untersuchung durch Univ.‑Prof. Dr. W* nur der gutächtlichen Klärung ihres allenfalls noch gegebenen jungfräulichen Zustandes diente. Denn damit setzt sich die Beschwerde darüber hinweg, daß Univ.‑Prof. Dr. W* eine neuerliche (körperliche) Untersuchung der Genannten auch unter dem Gesichtspunkt der weiteren (über die Frage der Jungfräulichkeit hinausgehenden) Gutachtenserstellung ausdrücklich für entbehrlich erachtete (S 277, 278). Der in der Hauptverhandlung am 2. Dezember 1992 vom Sachverständigen in Aussicht gestellten Erstattung des Endgutachtens zur Frage, ob die bereits objektivierte Tatsache der aus anatomischer Sicht gegebenen Unberührtheit der Claudia Maria Z* mit den von ihr behaupteten sexuellen Kontakten in Einklang zu bringen wäre, wurde aber in der Hauptverhandlung vom 3. Feber 1993 von diesem Sachverständigen nach eingehender Befundaufnahme entsprochen (S 335 ff).
Was schließlich das Beschwerdevorbringen betrifft, Univ.‑Prof. Dr. W* selbst habe in seinem ‑ lediglich auf der körperlichen Untersuchung des Mädchens beruhenden, im übrigen aber keine Verfahrensergebnisse berücksichtigenden ‑ "Kurzgutachten" vom 29. Juli 1992 erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Behauptung der Claudia Maria Z* gehegt, daß ihr der Beschwerdeführer bereits seit dem 9. Lebensjahr bis zu 3 Finger in die Scheide eingeführt habe (S 131), so übersieht der Beschwerdeführer, daß dieser Sachverständige in seinem auch die Ergebnisse der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung, so insbesondere die Aussage der Claudia Maria Z* über die kontinuierliche Steigerung der Intensität der an sich behutsam und ohne Gewaltanwendung erfolgten sexuellen Angriffe (s. vor allem S 317 f, 332) berücksichtigenden "Endgutachten" letztlich zum ‑ der richterlichen Beweiswürdigung unterliegenden ‑ Ergebnis gelangte, daß der von ihm erhobene Befund eines extrem dehnbaren, das Einführen auch von drei Fingern zulassenden Hymenalsaums schon "einige Jahre zuvor" gegeben sein konnte (S 336). Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten, vom Sachverständigen aber ausgeräumten Bedenken können sohin dem Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen gleichfalls keine Berechtigung verleihen.
Der reklamierte Verfahrensmangel liegt somit nicht vor. Auch die Mängelrüge (Z 5) ist unbegründet:
Soweit der Beschwerdeführer dem Erstgericht vorwirft, im Urteil die Aussage der Claudia Maria Z*, beim ersten unter Verwendung eines Kondoms vollzogene Geschlechtsverkehr "einen Samenerguß verspürt zu haben", nicht erörtert zu haben, releviert er keinen für das Erkenntnis in der Schuldfrage entscheidenden Tatumstand. Davon abgesehen kann von einer erörterungsbedürftigen, weil "völlig unverständlichen" Aussage der zufolge des jahrelangen sexuellen Mißbrauchs jedenfalls zur Zeit ihrer Aussage doch entsprechend erfahrenen Zeugin insoweit keine Rede sein.
Den Beschwerdeausführungen zuwider war das Erstgericht im Hinblick auf die ihm obliegende Verpflichtung zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) auch nicht verhalten, die ‑ an Hand des Urteilssachverhaltes ohnedies leicht eruierbare ‑ Anzahl der dem Beschwerdeführer angelasteten geschlechtlichen Vereinigungen im Urteil ziffernmäßig festzuhalten und den jeweiligen Tatort anzuführen; inwieweit diesem behaupteten Mangel entscheidungswesentliche Bedeutung zukommen könnte, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.
Mit dem weiteren Einwand, die Urteilsfeststellung der aus anatomischer Sicht nicht erfolgten Defloration der Claudia Maria Z* schließe "nach Denkgesetzen und herrschender Lehre" den im Urteil festgestellten vielfachen Geschlechtsverkehr im Zeitraum von 1988 bis 1992 aus, negiert der Beschwerdeführer die auf dem Gutachten des Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. W* beruhenden, zum entgegengesetzten Ergebnis gelangenden beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter, ohne diesbezüglich einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen.
Der ‑ der Sache nach einen Verfahrensmangel (Z 4) behauptende ‑ Vorwurf, das Erstgericht habe auf die Erstattung des von Univ.‑Prof. Dr. W* in der Hauptverhandlung vom 2. Dezember 1992 angekündigten "umfassenden Endgutachtens" verzichtet, geht deshalb fehl, weil ‑ wie bereits dargelegt ‑ dieses Gutachten in der Hauptverhandlung am 3. Februar 1993 erstattet wurde.
Dem Beschwerdeführer kann auch nicht gefolgt werden, wenn er der Aussage der Claudia Maria Z*, er habe mit ihr bisweilen nur kurz vor der vorhersehbaren Heimkehr der Mutter den Geschlechtsverkehr durchgeführt, "jeden Realitätsbezug" abspricht; die Annahme eines derartigen, die Gefahr der Entdeckung in Kauf nehmenden Verhaltens ist keineswegs denkgesetzwidrig, sodaß es der vom Beschwerdeführer vermißten gesonderten Erörterung nicht bedurfte. Daß diese Zeitspanne tatsächlich nur 10 bis 15 Minuten betragen habe, ist dieser Zeugenaussage im übrigen gar nicht zu entnehmen: Die Zeugin machte diese Zeitangabe lediglich zur Veranschaulichung ihrer Darstellung, vom Beschwerdeführer oftmals augenscheinlich allein zum Zwecke der raschen Durchführung eines Geschlechtsverkehrs aufgesucht worden zu sein (S 327 f).
Nicht zielführend ist schließlich auch das Bemühen der Beschwerde, an Hand einzelner vom Erstgericht nicht gesondert erörterter Angaben der Zeugin Z* aufzuzeigen, daß die dem Beschwerdeführer angelasteten Tathandlungen zur ‑ tatsächlich aber nicht eingetretenen ‑ Verletzung des Hymens des Tatopfers hätten führen müssen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer bisweilen (der Situation nach wenig effektive) Abwehrmaßnahmen des Mädchens durch Festhalten deren Hände überwand (S 334) und den Geschlechtsverkehr unter anderem auch in seinem PKW durchführte (S 333), steht mit der in Zweifel gezogenen Annahme der Unversehrtheit des (extrem dehnbaren) Hymenalsaums in keinem Widerspruch, zumal der Beschwerdeführer nach der Aussage des Tatopfers die Intensität der sexuellen Angriffe erst mit zunehmendem Alter des Mädchens kontinuierlich steigerte und dabei grundsätzlich dem jeweiligen Alter des Tatopfers Rechnung trug (s. insb. S 332).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Aus Anlaß dieses Rechtsmittels war jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Erstgericht im Punkt 1 des Schuldspruches die den Zeitraum ab dem 2. November 1990 betreffenden Tathandlungen rechtsirrig (auch) als Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB wertete ‑ ein Rechtsirrtum, er sich im übrigen bereits in der Anklageschrift findet ‑, womit eine materiellrechtliche Nichtigkeit unterlief. Tatopfer dieses Deliktes kann nur eine unmündige Person sein, also eine, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 74 Z 1 StGB). Diese Voraussetzung lag bei der am 2. November 1976 geborenen Claudia Maria Z* ab dem 2. November 1990 nicht mehr vor, was im übrigen beim Schuldspruch wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (Punkt 3) beachtet wurde.
Es war daher das im übrigen unberührt bleibende Urteil gemäß § 290 Abs 1 StPO zu Punkt 1 im Ausspruch, wonach der Angeklagte mit der am 2. November 1976 geborenen Claudia Maria Z* den außerehelichen Beischlaf auch in der Zeit ab 2. November 1990 bis Sommer 1992 unternahm, und in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung dieses Verhaltens als Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufzuheben.
Bei der damit erforderlichen Strafneubemessung konnte der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe (US 38) übernehmen, die vom Erstgericht an sich auch ihrem Gewicht nach zutreffend beurteilt wurden. Es war lediglich dem Umstand Rechnung zu tragen, daß ein Teil des erstgerichtlichen Schuldspruches weggefallen ist, was zwar nicht zu vernachlässigen ist, die Strafzumessungsschuld des Angeklagten jedoch nur unwesentlich verringert.
Davon ausgehend entspricht eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 Monaten der Schwere der personalen Täterschuld und dem hohen Unwert der vom Angeklagten verschuldeten Taten.
Mit der Kassation des Strafausspruches wäre zwar an sich auch der in untrennbarem Zusammenhang mit dem Strafausspruch stehende Beschluß nach § 494 a Abs 1 StPO aufzuheben und auch insoweit neuerlich zu entscheiden. Dieser ‑ entgegen dem Gebot des § 494 a Abs 4 StPO nicht gemeinsam mit dem Urteil, sondern gesondert ausgefertigte ‑ Beschluß (ON 53) war im vorliegenden Verfahren jedoch schon aus dem Gesichtspunkt des Verschlimmerungsverbotes aufrechtzuerhalten, womit sich eine neuerliche Entscheidung erübrigt.
Das Tatopfer Claudia Maria Z* machte vorbehaltlich weiterer Ansprüche einen Ersatzanspruch von 5.000 S aus dem Titel des Schmerzengeldes bzw. verminderter Heiratsaussicht geltend; der Angeklagte wurde hiezu gehört (S 378).
Die Privatbeteiligte wurde im angefochtenen Urteil gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Das Schöffengericht führte hiezu (bloß floskelhaft) aus, die Ergebnisse des Strafverfahrens reichten nicht aus, "um darüber auch nicht (gemeint: nur) in Teilbereichen verläßlich urteilen zu können" (US 39).
Der die Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung von 5.000 S anstrebenden Berufung der Privatbeteiligten kommt Berechtigung zu.
Gemäß § 1328 ABGB hat derjenige, der eine Frauensperson durch eine strafbare Handlung oder sonst durch Hinterlist, Drohungen oder Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt, ihr den erlittenen Schaden und entgangenen Gewinn zu ersetzen.
Die Voraussetzungen für diesen Schadenersatzanspruch sind angesichts des Schuldspruches evidentermaßen gegeben; insoweit bedarf es keiner weiteren Erhebungen. Was aber die Höhe des (als Teilanspruch geltend gemachten) Ersatzanspruches anlangt, ist zu beachten, daß auch das durch die strafbare Handlung ausgelöste psychische Leid (SSt 52/5) und damit die psychische Belastung eines unmündigen oder minderjährigen Mädchens durch die speziell im ländlichen Bereich drohende Rufschädigung, die die Heiratsaussichten zu vermindern pflegt (Dittrich‑Tades ABGB33 § 1328 E 8 bis 11; Reischauer in Rummel ABGB‑Komm2 § 1328 Rz 10 f; Harrer in Schwimann ABGB‑Praxiskomm § 1328 Rz 9 f), abzugelten ist.
Bei der Ermittlung der Höhe der für Umstände der eben bezeichneten Art zu leistenden Entschädigung kann nach herrschender Rechtsprechung durchaus iS des § 273 ZPO auf eine Schätzung zurückgegriffen werden (Reischauer aaO Rz 11; Harrer aaO Rz 9). Die demnach vorzunehmende Abwägung ergibt, daß der ‑ vorläufig geltend gemachte und bei endgültiger Bereinigung zu berücksichtigende ‑ Betrag von 5.000 S angesichts der eingetretenen und zu erwartenden Folgen der oben genannten Art bei der ohnedies emotionell labilen, gehemmten, schüchternen und kontaktarmen Claudia Maria Z* (vgl. Gutachten der Sachverständigen Dr. W* ON 32) keineswegs überhöht ist.
Es war daher der Berufung der Privatbeteiligten Folge zu geben und wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
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