OGH 15Os64/24m

OGH15Os64/24m9.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart des Schriftführers Dr. Jetzinger in der Strafsache gegen * S* wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 29. Februar 2024, GZ 3 Hv 141/23x‑546, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00064.24M.1009.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant, wurde * S* mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 und 5 Z 4 iVm § 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er von Jahresanfang 2011 bis 30. Juni 2013 in H* und andernorts als Geschäftsführer der S* GmbH (§ 161 Abs 1 StGB) grob fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft dadurch herbeigeführt, dass er kridaträchtig handelte, indem er entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen so führte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der GmbH erheblich erschwert wurde, „wobei die angeführten kridaträchtigen Handlungen des Angeklagten auch tatsächlich den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH und einen damit einhergehenden erheblichen Befriedigungsausfall ihrer Gläubiger mitverursachten“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

[4] Die Mängelrüge (Z 5 letzter Fall) behauptet, das Schöffengericht hätte eine Aussage des als Zeugen vernommenen ehemaligen Steuerberaters der S* GmbH Mag. * W* aktenwidrig wiedergegeben. Der Nichtigkeitswerber nimmt jedoch bloß eine eigenständige Bewertung der Aussage des Zeugen vor, indem er die erstgerichtliche Erwägung kritisiert, der Steuerberater habe ausgesagt, dass er sich selbst anhand der ihm vom Angeklagten zur Verfügung gestellten Geschäftsbücher und geschäftlichen Aufzeichnungen der GmbH keinen Überblick über die wahre Vermögens‑, Finanz- und Ertragslage verschaffen konnte, weil eine Bewertung von nicht fertiggestellten Bauvorhaben anhand dieser (unvollständigen) Geschäftsaufzeichnungen nicht möglich war (US 20). Indem die Beschwerde Passagen der Aussage hervorhebt, wonach dem Zeugen „aufgrund der Firmenstruktur“ ein derartiger Überblick nicht möglich war und die Bewertung von nicht fertigen Bauvorhaben nicht in seine Aufgabe als Wirtschaftsprüfer falle, wird ein Fehlzitat im Sinn des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes nicht aufgezeigt (vgl RIS‑Justiz RS0099431).

[5] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet betreffend die objektive Sorgfaltswidrigkeit nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (vgl RIS‑Justiz RS0116565), weshalb das erstgerichtliche Urteil Feststellungen enthalten müsste, welche „differenzierte Maßfigur aus welchem konkreten Verkehrskreis dem Berufungswerber gleichzusetzen wäre und welchen Erfahrungs‑ und Wissensstand eine solche Maßfigur an den Tag hätte legen müssen“ (vgl zum anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab als Rechtsfrage RIS‑Justiz RS0089407).

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[7] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

[8] Anzumerken bleibt, dass es den erstgerichtlichen Feststellungen zur Mitverursachung der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft durch die nach § 159 Abs 5 Z 4 StGB inkriminierte Verhaltensweise des Angeklagten (US 7 bis 11; vgl RIS‑Justiz RS0118309) – entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur – am erforderlichen Sachverhaltsbezug nicht fehlt (vgl RIS‑Justiz RS0119090), weshalb sich der Oberste Gerichtshof zu einem amtswegigen Vorgehen nach § 290 StPO nicht veranlasst sah.

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