Spruch:
1. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch
1. a und b, demgemäß auch im Strafausspruch und im Privatbeteiligtenzuspruch von 1,360.830 S (soweit er sich auf den Schuldspruch 1.a und b gründet) aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Josef G***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe sich am 9. Februar 1996 in Deutschlandsberg ihm anvertraute Güter mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz zugeeignet, nämlich
1. den der D***** GesmbH rückabzuführenden Umsatzsteueranteil von
a) 1,254.354 S aus dem Kauf der Liegenschaft EZ 230 KG Spielfeld zum Preis von 9,500.000 S,
b) 93.576 S aus dem Kauf der beweglichen Wirtschaftsgüter der zu Punkt a bezeichneten Liegenschaft zum Preis von 561.456 S brutto,
und (auch) hiedurch das Verbrechen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Gemäß § 366 Abs 1 StPO wird die Privatbeteiligte D***** GesmbH mit ihren Entschädigungsansprüchen im Betrag von 1,360.830 S auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
2. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
3. Für das dem Angeklagten nach dem unberührt gebliebenen Teil des erstgerichtlichen Schuldspruchs 2. zur Last fallende Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB wird er nach § 133 Abs 2 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.
4. Die Aussprüche über den Privatbeteiligtenzuspruch von (restlichen) 467.880 S und über den Verfahrenskostenersatz erster Instanz werden aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen.
5. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.
6. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef G***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er sich am 9. Februar 1996 in Deutschlandsberg die nachbezeichneten Güter im Gesamtwert von 1,815.810 S, die ihm anvertraut worden waren, nämlich
1. den der D***** GesmbH rückabzuführenden Umsatzsteueranteil von
a) 1,254.354 S aus dem Kauf der Liegenschaft EZ 230 KG Spielfeld zum Preis von 9,500.000 S,
b) 93.576 S aus dem Kauf der beweglichen Wirtschaftsgüter der zu a angeführten Liegenschaft zum Preis von 561.456 S brutto und
2. die zur Liegenschaft EZ 230 KG Spielfeld gehörenden beweglichen Wirtschaftsgüter im Wert von 467.880 S netto,
mit dem Vorsatz zugeeignet hat, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeits- beschwerde ist (nur) teilweise im Recht.
Zum Schuldspruch 1.a und b
(Veruntreuung des Umsatzsteueranteils im Gesamtbetrag
von 1,360.830 S):
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend wendet die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ein, das Erstgericht habe den diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Sachverhalt rechtsirrtümlich dem Grundtatbestand des § 133 Abs 1 StGB unterstellt, weil das tatgegenständliche Vorsteuerguthaben niemals zum Vermögen der D***** GesmbH gehört habe und dem Angeklagten niemals anvertraut worden sei.
Anvertraut ist eine Sache (= Gut) nämlich nur, wenn die Verfügungsgewalt darüber auf Grund eines Rechtsgeschäftes oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses - allerdings ohne Rücksicht auf dessen zivilrechtliche Natur oder Gültigkeit - mit der Verpflichtung erlangt wird, diese Verfügungsmacht entsprechend einer vereinbarten Rückstellungs- oder Verwendungspflicht im Sinne des Gewaltgebers auszuüben. Dabei ist nicht maßgebend, wer juristischer Eigentümer der Sache ist; entscheidend ist vielmehr, in wessen freies Vermögen sie wirtschaftlich gehört. Sie muß also für den Täter wirtschaftlich eine fremde sein (vgl Leukauf/Steininger Komm3 RN 2 f mwN und Kienapfel BT II3 Rz 16 f, 33, 71 jeweils zu § 133).
In dem hier zu beurteilenden Fall übermittelte Mag. K***** am 7. Dezember 1995 namens der D***** GesmbH dem Steuerberater des Angeklagten vereinbarungsgemäß zwei mit 31. Oktober 1995 datierte Rechnungen, und zwar betreffend die aus dem Verkauf der Betriebsliegenschaft EZ 230 KG Spielfeld anfallende Vorsteuerberichtigung (§ 12 Abs 14 UStG 1994 in der damals geltenden Fassung) in der Höhe von 1,254.354 S und über den Verkauf des beweglichen Inventars unter separater Anführung des darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrages von 93.576 S (US 9). Zum Abzug der beiden darin ausgewiesenen Vorsteuerbeträge von insgesamt 1,347.930 S war gemäß § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 ausschließlich der als Reifen- und Karkassenhändler tätige Angeklagte Josef G***** berechtigt (vgl hiezu Ruppe UStG 1994 § 12 Tz 14). Das über Antrag vom 17. Jänner 1996 (S 35 f) vom Finanzamt Deutschlandsberg - zunächst mit Sperrvermerk - auf das (betriebliche) Abgabenkonto des Beschwerdeführers überwiesene Guthaben im Sinne des § 215 BAO stellte folglich einen Vermögenswert dar, der ausschließlich dem vom Angeklagten betriebenen Unternehmen zustand und über den er (als juristischer und wirtschaftlicher Eigentümer) frei verfügen durfte (vgl VwGH 12. November 1981, 81/15/0114).
Da dieser Sachverhalt von jenem im Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes über die mögliche Veruntreuung von sogenanntem "Giralgeld" abweicht (SSt 56/17 = EvBl 1985/104 = JBl 1985, 688 mit Anm Liebscher), ist der Rechtsstandpunkt des Erstgerichtes verfehlt.
Daß der Rechtsmittelwerber - entgegen einer Vereinbarung vom 14. Juli 1995 - auf Grund eines (erst mehr als ein halbes Jahr nach dieser Zusage gefaßten) Entschlusses (US 5 ff, 11) am 9. Februar 1996 den Überrechnungsantrag (§ 215 Abs 4 BAO) vom 17. Jänner 1996 wieder zurückzog und sich das Steuerguthaben auszahlen ließ (US 11 f), begründet - unbeschadet allfälliger zivilrechtlicher Erfüllungsansprüche seitens der D***** GesmbH - keine strafrechtliche Verantwortlichkeit. Denn allein aus der allgemeinen Pflicht, einen Vertrag (hier nach Art einer Zessionsvereinbarung) zu erfüllen, oder aus dem Umstand, jemandem eine bestimmte Summe oder Sache zu schulden, läßt sich - der Rechtsansicht des Erstgerichtes zuwider (US 16 f) - noch keine den Erfordernissen des § 133 StGB genügende sachbezogene Fürsorgepflicht (Verpflichtung, verschiedene Vermögensinteressen des Berechtigten wahrzunehmen) ableiten, zumal diese Strafnorm keineswegs die Aufgabe hat, Vertragswidrigkeiten als solche zu pönalisieren (Leukauf/Steininger aaO RN 3 und Kienapfel aaO Rz 35 jeweils mwN).
Wegen des dem Schöffengericht solcherart unterlaufenen Rechtsirrtums war der Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil im Schuldspruch 1.a und b, in dem darauf beruhenden Adhäsionserkenntnis sowie im Strafausspruch aufzuheben, der Angeklagte nach § 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO insoweit vom Anklagevorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen und die Privatbeteiligte D***** GesmbH gemäß § 366 Abs 1 StPO mit ihren Entschädigungsansprüchen im Betrag von 1,360.830 S (1,254.354 S und 93.576 S an Umsatzsteueranteilen zuzüglich 12.900 S Säumniszuschlag) auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, weswegen ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen entbehrlich ist.
Zum Schuldspruch 2.
(Veruntreuung der bis zur Bezahlung des Kaufpreises anvertrauten beweglichen Wirtschaftsgüter - US 17 zweiter Absatz):
Zur gegen diesen Schuldspruch gerichteten Verfahrensrüge (Z 4) ist der Beschwerdeführer nicht legitimiert.
Die am 30. Juli 1998 durchgeführte Hauptverhandlung wurde nämlich unter anderem zur Vernehmung der vom Verteidiger beantragten Zeugen Agnes G*****, Erika B***** und Sabine G***** auf unbestimmte Zeit vertagt (S 383 iVm 377 f). In der am 26. Jänner 1999 gemäß § 276a StPO (wegen Zeitablaufs) neu durchgeführten Hauptverhandlung (S 397) entschlug sich Agnes G***** berechtigt der Aussage (S 406). Obwohl Erika B***** und Sabine G***** trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen waren (S 405), nahm dies der Angeklagte ebenso wie sein gewählter Verteidiger ohne weitere Antragstellung zur Kenntnis, sodaß auch kein Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes gefällt wurde (S 406 ff).
Die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes gemäß § 281 Abs 1 Z 4 StPO setzt indes voraus, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde. Wird aber - wie vorliegend - die Hauptverhandlung aus einem der in § 276a StPO genannten Gründen neu durchgeführt, so müssen in der neuerlichen Hauptverhandlung alle Beweisanträge wiederholt werden, um rechtswirksam zu bleiben (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 1, 30 ff). Da bezüglich der nicht erschienenen Zeugen B***** und G***** die erforderliche Antragstellung in der neu durchgeführten Hauptverhandlung unterblieb, war die in diesem Umfang erfolglose Beschwerde zu verwerfen.
Bei der durch die teilweise Urteilaufhebung notwendig gewordenen Strafneubemessung für das verbleibende Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die Tatsache, daß der Wert des veruntreuten Gutes nahe an die Qualifikationsgrenze von 500.000 S heranreicht, als mildernd hingegen den ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten. Die mit acht Monaten ausgemessene - gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingte nachgesehene - Freiheitsstrafe entspricht sowohl der personalen Täterschuld als auch dem Unrechtsgehalt der Tat.
Der Privatbeteiligtenzuspruch von 467.880 S sowie die Verpflichtung zum Kostenersatz des Verfahrens erster Instanz waren aus dem Urteil des Erstgerichtes zu übernehmen.
Mit seiner Berufung war der Rechtsmittelwerber auf die Strafneubemessung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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