OGH 15Os63/20h

OGH15Os63/20h16.7.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juli 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen H***** H***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Jänner 2020, GZ 32 Hv 123/19v‑48, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00063.20H.0716.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde H***** H***** eines Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (I./A./), jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./B./) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./) sowie mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

I./ mit einer unmündigen Person eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen und zwar

A./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen 2008 und 2013 mit der am 24. Februar 2002 geborenen T***** I*****, indem er ihr mit der Hand in die Unterhose fuhr oder ihre Hose herunterzog und anschließend seinen Finger in die Scheide einführte, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine Anpassungsstörung, die mit emotionaler Irritation, Schlafstörungen, innerer Verunsicherung, Selbstverletzungen und Problemen im Umgang mit der eigenen Sexualität einhergeht, zur Folge hatte;

B./ von 2009 bis 2013 in vielfachen, zumindest neun weiteren Angriffen mit der am 24. Februar 2002 geborenen T***** I*****, indem er sie teils an den Brüsten küsste, ihr mit der Hand in die Unterhose fuhr oder ihre Hose herunterzog und anschließend jeweils einen Finger in die Scheide einführte, diese teils küsste und leckte;

II./ an einer unmündigen Person außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung vorgenommen, und zwar zu nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen 2009 und 2010 an der am 14. April 1999 geborenen C***** I*****, indem er ihr in zumindest zwei Angriffen die Strumpfhose und Unterhose auszog und sie mit seiner Zunge im Scheidenbereich leckte und in einem Angriff in die Hose griff und mit zumindest einem Finger die Scheide berührte, ohne jedoch einzudringen;

III./ geschlechtliche Handlungen mit mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen Personen vorgenommen, und zwar mit seinen Enkelinnen

A./ T***** I***** durch die zu I./ beschriebenen Tathandlungen;

B./ C***** I***** durch die zu  II./ beschriebenen Tathandlungen.

 

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung von in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen des Angeklagten dessen Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Der Antrag auf Vernehmung der M***** S***** als Zeugin wurde zum Beweis dafür gestellt, dass die Tathandlungen (bezüglich T***** I*****) „nur innerhalb eines Jahres gesetzt wurden“ (ON 47 S 57). Die darauf bezogene Verfahrensrüge (Z 4) spricht mangels rechtlicher Relevanz des Tatzeitraums (vgl § 58 Abs 3 Z 3 StGB) lediglich einen Strafzumessungsaspekt und damit einen Berufungsgrund an. Weshalb das angestrebte Beweisergebnis unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegenden Verfahrensergebnisse zur Frage der Kausalität (ON 47 S 50 f, 53) geeignet gewesen sein sollte, die zur Feststellung der für die Unterstellung einer (von mehreren) Taten (auch) unter § 206 Abs 3 erster Fall StGB (I./A./) entscheidenden Tatsachen anzustellende Beweiswürdigung zu Gunsten des Angeklagten maßgeblich zu beeinflussen, obwohl für die Zurechnung der schweren Tatfolge Mitkausalität genügt (RIS‑Justiz RS0089343, RS0091997; vgl US 6), ließ der Antrag nicht erkennen (RIS‑Justiz RS0116987).

Der Antrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens betreffend T***** I***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte „nicht mehr Taten gegenüber seinen Enkeltöchtern, insbesondere der T***** gesetzt hat, als heute und vor der Polizei zugegeben“, scheiterte schon daran, dass nicht einmal behauptet wurde, das Tatopfer (bzw der gesetzliche Vertreter der im Antragszeitpunkt noch Minderjährigen T*****) hätte die erforderliche Zustimmung zu einer Exploration erteilt oder würde eine solche erteilen (RIS‑Justiz RS0097584, RS0118956, RS0108614).

Die in der Beschwerdeschrift zu beiden Beweisanträgen nachgetragenen Argumente unterliegen dem sich aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ergebenden Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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