OGH 15Os61/97

OGH15Os61/9715.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Mai 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Marte als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rupert W***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23.April 1996, GZ 8 U 455/95-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die schriftliche Ausfertigung des Urteils des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23.April 1996, GZ 8 U 455/95-18, verletzt insoweit, als sie im Strafausspruch über das Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafe vom mündlich verkündeten Urteil abweicht, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 458 Abs 1, 270 Abs 2 Z 4 iVm 260 Abs 1 Z 3, 447 StPO.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO werden die in der bezeichneten Ausfertigung enthaltenen Aussprüche über das Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafe und über die - damit untrennbar verbundene - Probezeitverlängerung gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO sowie das darauf gegründete Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 11.Oktober 1996, AZ II Bl 286/96 (= GZ 8 U 455/95-22), aufgehoben und dem Bezirksgericht Innsbruck die neuerliche schriftliche Ausfertigung des (tatsächlich) mündlich verkündeten Urteils vom 23. April 1996 (S 83) einschließlich des gleichzeitig verkündeten Beschlusses über die Probezeitverlängerung aufgetragen

Text

Gründe:

Im Verfahren AZ 8 U 455/95 des Bezirksgerichtes Innsbruck verkündete der Bezirksrichter am 23.April 1996 nach Schluß der Verhandlung das Urteil, demzufolge über Rupert W***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB eine (unbedingte) Freiheitsstrafe von "6 Wochen" verhängt wurde; unter einem faßte er gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 und Abs 6 erster Halbsatz StPO den Beschluß auf Absehen vom Widerruf der dem Beschuldigten im Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 4.November 1994, GZ 8 U 442/94-15, gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen zweimonatigen Freiheitsstrafe unter gleichzeitiger Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre (S 83 im Akt 8 U 455/95 sowie die in diesem Strafakt uneinjournalisiert einliegende Kopie der Eintragung des Bezirksanwaltes im BA-Register und das handschriftliche Protokoll über die Hauptverhandlung vom 23. April 1996).

Rechtliche Beurteilung

Abweichend von dem (das Erstgericht bindenden - vgl Mayerhofer StPO4 § 270 E 14 ff) mündlich verkündeten Urteilsspruch ist in der schriftlichen Urteilsausfertigung das Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafe mit "2 (zwei) Monaten" angeführt (89, 101).

Diese aufgezeigte Abweichung zwischen mündlich verkündetem und schriftlich ausgefertigtem Urteil, die weder durch Urteilsangleichung beseitigt, noch vom Landesgericht Innsbruck als Berufungsgericht im Rechtsmittelverfahren wahrgenommen wurde, welches mit Urteil vom 11. Oktober 1996, AZ II Bl 286/96 (= 8 U 455/95-22), über die vom Angeklagten erhobene "volle Berufung" sowie über dessen Beschwerde gegen den Probezeitverlängerungsbeschluß (§ 498 Abs 3 StPO) endgültig entschieden hat, steht - wie der Generalprokurator in seiner dagegen gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach § 458 Abs 1 StPO wird nach Schluß der Verhandlung das Urteil gefällt, samt den wesentlichen Gründen vom Richter verkündet und bei sonstiger Nichtigkeit dem Protokoll (über die Hauptverhandlung) einverleibt oder beigelegt. Gemäß § 270 Abs 2 Z 4 StPO iVm § 447 StPO muß die Urteilsausfertigung das Erkenntnis des Gerichtes über die Schuldfrage enthalten, und zwar im Falle eines Strafurteils mit allen im § 260 StPO aufgeführten Punkten. Zufolge des § 260 Abs 1 Z 3 StPO muß das schuldigsprechende Erkenntnis - bei sonstiger Nichtigkeit - aussprechen, zu welcher Strafe der Angeklagte verurteilt worden ist.

Da vorliegend die schriftliche Urteilsausfertigung vom mündlich verkündeten Ausspruch über die Dauer der tatsächlich verhängten Freiheitsstrafe abweicht, ist das bezirksgerichtliche Urteil mit dem Nichtigkeitsgrund des § 468 Abs 1 Z 3 StPO behaftet.

Der erwähnte Verstoß des Bezirksrichters gereicht dem Verurteilten zum Nachteil, weshalb eine konkrete Maßnahme im Sinne des letzten Satzes des § 292 StPO geboten ist (SSt 30/24; EvBl 1976/100) und demgemäß in Stattgebung der Beschwerde spruchgemäß zu entscheiden war. Eine bloße Angleichung der schriftlichen Ausfertigung an das verkündete Urteil analog §§ 447, 270 Abs 3 StPO käme nach der auf Grund einer unrichtigen Urteilsausfertigung ergangenen Berufungsentscheidung nicht mehr in Betracht (vgl Foregger/Kodek StPO6 S 370 unten).

Nach schriftlicher Ausfertigung des verkündeten Urteils werden eine Ausfertigung desselben mit entsprechender Rechtsbelehrung dem Beschuldigten Rupert W***** neuerlich zuzustellen und die Akten - sofern die angemeldete Berufung nicht zurückgezogen wird, jedenfalls - dem Landesgericht Innsbruck zur Entscheidung über die angemeldeten Rechtsmittel vorzulegen sein.

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