OGH 15Os60/92-8

OGH15Os60/92-82.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Lachner, Dr.Kuch und Dr.Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Liener als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang L***** wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs. 1, 86 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 9.März 1992, GZ 39 Vr 2509/90-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u ß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang L***** (im zweiten Rechtsgang abermals) des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs. 1, 86 StGB schuldig erkannt und dafür nach § 86 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren verurteilt.

Inhaltlich des Schuldspruchs hat er am 15.November 1990 in Salzburg dadurch, daß er Rudolf K***** im Zuge eines Raufhandels zahlreiche Fußtritte gegen den Kopf, den Oberkörper und gegen die Bauchregion versetzte und schließlich dem bereits auf dem Boden liegenden Rudolf K***** mit beiden Füßen mit voller Wucht auf den Bauch sprang, wodurch dieser die im angefochtenen Urteil detailliert dargestellten Verletzungen erlitt, diesen vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat den Tod des Rudolf K***** zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit seiner auf die Z 5 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die unbegründet ist.

Im Rahmen der Mängelrüge (Z 5), in welcher der Beschwerdeführer die Unvollständigkeit und die Widersprüchlichkeit der Urteilsbegründung behauptet, bezieht er sich auf das Fehlen bzw. das Vorliegen miteinander unvereinbarer Feststellungen zur Frage, "durch welchen Zeitraum hindurch K***** wehrlos war" und hält diese Feststellungen als für die Lösung der Notwehrproblematik entscheidungswesentlich. Der Ausspruch des Gerichtes ist allerdings nur dann iS des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO unvollständig, wenn er wichtige, in der Hauptverhandlung vorgeführte Verfahrensergebnisse oder sonst im Beweisverfahren hervorgekommene Umstände mit Stillschweigen übergeht oder ungewürdigt läßt oder den Feststellungen widerstreitende Beweisergebnisse nicht erörtert. Nichts davon vermag die Beschwerde aufzuzeigen.

Auch ein innerer Widerspruch zwischen den in der Beschwerde zitierten Feststellungen ist nicht gegeben. Ein innerer Widerspruch läge nur dann vor, wenn das angefochtene Urteil verschiedene Tatsachen festgestellt hätte, die nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können. Daß der Angeklagte, nachdem er sich aus der Umklammerung durch Rudolf K***** zu lösen vermochte, auf den Oberkörper des Genannten sprang und mit den Füßen gegen dessen Brustkorb bzw. Bauch trat, steht keineswegs im Widerspruch zu der Feststellung, daß es ihm zuvor gelungen war, sich aus dieser umklammerung zu lösen, obgleich Rudolf K***** noch im Liegen versuchte, ihn an den Beinen (zu erfassen) und umzureißen. Damit wird auch in diesem Zusammenhang ein formeller Begründungsmangel nicht aufgezeigt.

Die Ausführungen der Mängelrüge stellen sich vielmehr zur Gänze als der - im Nichtigkeitsverfahren unzulässige - Versuch dar, zu anderen als von den Tatrichtern getroffenen Feststellungen zu gelangen, womit (nur) deren Beweiswürdigung bekämpft wird. Das gilt insbesondere auch für die Beurteilung der Bedeutung der mit den Tathandlungen verbundenen Äußerungen des Angeklagten.

Die Mängelrüge ist sohin zur Gänze unbegründet.

Mit den Ausführungen zur Rechtsrüge (Z 9 lit. b) und mit der (in der Mängelrüge enthaltenen) Behauptung von Feststellungsmängeln in bezug auf die Notwehrsituation verläßt der Angeklagte insgesamt die erstinstanzlichen Feststellungen. Die Tatrichter, welche die auf diese Argumente gestützte Verantwortung des Angeklagten in ihre beweiswürdigenden Überlegungen mit einbezogen, in der Folge aber verwarfen, haben ausdrücklich festgestellt, daß der Angeklagte auf den schon wehrlos auf dem Boden liegenden K***** eintrat und deshalb von Dorothea L***** schreiend aufgefordert wurde, von K***** abzulassen. Insoweit stützen sich die Feststellungen auf die im zweiten Rechtsgang vor dem erkennenden Gericht gehörte Zeugin Dorothea L*****, die ihre Angaben vor den Sicherheitsbehörden bestätigte (US 7). Darüber hinaus vernachlässigt die Nichtigkeitsbeschwerde die ausdrückliche Urteilsannahme, daß der Angeklagte dem Rudolf K***** die zum Tode führenden Verletzungen zu einem Zeitpunkt zugefügt hat, zu dem keine Notwehrsituation für Wolfgang L***** mehr gegeben war (ebenfalls US 7). Im übrigen aber negiert sie die Konstatierung des angefochtenen Urteils, wonach der Angeklagte jedenfalls aus Wut über Rudolf K*****, also aus einem sthenischen Affekt, die Grenzen der gerechtfertigten Notwehr überschritten habe, weshalb er selbst im Falle der hypothetischen Annahme des Vorliegens einer Notwehrsituation, umso mehr einer bloß irrtümlich angenommenen Notwehrsituation für vorsätzliches Handeln haften würde. Insofern ist die Nichtigkeitsbeschwerde daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die sohin teils offenbar unbegründete, teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach der Z 2, teilweise auch nach der Z 1 (iVm § 285 a Z 2) des § 285 d Abs. 1 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285 i StPO).

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