Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurden Alexander S*****, Jürgen D***** und Bernhard K***** der Verbrechen der vorsätzlichen Gemeingefährdung nach § 176 Abs 1 StGB (II/1, hinsichtlich Jürgen D***** auch II/2) schuldig erkannt.
Danach haben sie
II. anders als durch eine der in den §§ 169, 171 und 173 StGB mit Strafe bedrohten Handlungen eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) einer größeren Zahl von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeigeführt, und zwar
1. Alexander S*****, Jürgen D***** und Bernhard K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken am 20. Oktober 2006 in A***** dadurch, „dass sie ein zündfähiges und explosives Benzin-Luft-Gemisch unter Zuhilfenahme getränkter Textilfetzen und einer Holzstange entzündeten und in einen Reifencontainer warfen", wodurch es zu einer Explosion kam (Schaden 83.504,05 Euro);
2. Jürgen D***** am 31. Dezember 2006 in A***** in der Diskothek „C*****" dadurch, dass er unter den dort anwesenden 280 Gästen eine Rauchfackel entzündete.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wenden sich die Angeklagten mit von Alexander S***** und Bernhard K***** gemeinsam und von Jürgen D***** gesondert ausgeführten, auf Z 5, vom Letztgenannten auch auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, die ihr Ziel verfehlen.
Zu den Beschwerden der Angeklagten Alexander S***** und Bernhard K*****
Das Vorbringen (Z 5), die Tatrichter hätten die Verantwortung der Angeklagten, wonach sie es auf einen Brand und nicht auf eine Explosion abgesehen hätten, und den in die selbe Richtung weisenden Umstand, dass sich Alexander S***** nahe am Entzündungsort aufgehalten habe, nicht erörtert, berührt keinen für den Schuldspruch entscheidenden Umstand: Eine unwesentliche Abweichung des tatsächlichen Kausalverlaufs vom vorgestellten schließt den Vorsatz nicht aus (zB Fuchs AT I6 14/18). Da eine Abweichung unwesentlich ist, wenn der Erfolg im Risikozusammenhang mit der Tathandlung steht, ist der Vorsatz in Bezug auf den Kausalverlauf im Ergebnis ohne Bedeutung. Ob aber der Erfolg allenfalls - zB weil der Risikozusammenhang fehlt - nicht objektiv zurechenbar ist, betrifft bei strafbaren Handlungen, die wie § 176 Abs 1 StGB auch hinsichtlich des Erfolgs Vorsatz erfordern, die für die Strafbemessung bedeutsame und demgemäß aus Z 11 zweiter Fall relevante (12 Os 119/06a [verst Senat], EvBl 2007/130, 700) Frage, ob nur Versuch und damit ein Milderungsgrund vorliegt (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB; Fuchs AT I6 14/19, 13/51, Kienapfel/Höpfel, AT I12 Z 16 Rz 5, 6, 8a, 8b mwN).
Nach den getroffenen Feststellungen gossen die Angeklagten etwa 20 l Benzin in einen befüllten, oben offenen Altreifencontainer im Ausmaß von ca 5,7 x 2,5 x 2,5 m, zündeten einen mit Benzin getränkten Fetzen, der um eine Holzstange gewickelt war, an und warfen diesen in den Container, worauf die Benzin-Luft-Mischung explodierte (US 9 f). Dem Erstgericht ist bei diesem Tatgeschehen kein Irrtum unterlaufen, als es - auch mit Blick auf den geforderten Risikozusammenhang - Vollendung annahm (Z 11 zweiter Fall). Angemerkt sei noch, dass die Verantwortung der Angeklagten, sie hätten es nicht auf eine Explosion, sondern auf einen Brand abgesehen, gar wohl bedacht wurde (US 10 f).
Entscheidend für die Schuldfrage und den Strafsatz war auf der subjektiven Tatseite vielmehr die Willensausrichtung der Angeklagten in Richtung der Herbeiführung einer konkreten Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß. Die Feststellung einer solchen Tendenz begründeten die Tatrichter übrigens mit Blick auf die zugestandene Brandlegungsabsicht (auch ohne Einschluss einer Explosion) logisch und empirisch einwandfrei, indem sie sich auf das Wissen der Angeklagten um die in unmittelbarer Nähe des Reifenbehälters abgestellten elf Fahrzeuge (von denen dann fünf zerstört oder schwer beschädigt wurden) und Container mit Müll und Abfallholz stützten (US 11 f).
Von der Verwendung eines Sprengstoffs, für welche dem Vorbringen zufolge (Z 5) im Beweisverfahren „keinerlei Hinweise gefunden wurden", ist das Schöffengericht ohnedies nicht ausgegangen.
Zur Beschwerde des Angeklagten Jürgen D*****
Mit dem aus Z 5 erstatteten Vorbringen zu II/2, „im angefochtenen Urteil" mangle es „überhaupt jeglicher Begründung, dies sowohl was das Erfüllen des objektiven als auch des subjektiven Tatbestandes anlangt", „zumal es das Erstgericht" unterlasse, „sowohl bezüglich des objektiven als auch des subjektiven Tatbestandes zu diesem Faktum eine Begründung anzuführen", geht der Beschwerdeführer darüber hinweg, dass die Konstatierungen auf sein Geständnis im Zusammenhalt mit den sicherheitsbehördlichen Erhebungen gegründet wurden und das Erstgericht aus seinem Verhalten die festgestellte Willensausrichtung ableitete (US 10).
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) zu I/1 und 2 den jeweils festgestellten Willen des Angeklagten, eine konkrete Gefahr in der im Urteil bezeichneten Richtung herbeizuführen (US 9, 10, 12), bestreitet, verfehlt sie den bei Darlegung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes gebotenen Vergleich des konstatierten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz.
Die gebotene Ausrichtung am festgestellten Geschehen und eine methodische Ableitung aus dem Gesetz lässt das weitere Vorbringen vermissen, die vom Angeklagten durch Anzünden eine Rauchfackel unter den 280 Gästen der Diskothek herbeigeführte Panik, die zu einer Flucht ins Freie über Notausgänge und Fluchtwege führte (US 9), habe er durch Entfernen oder Löschen der Fackel beherrschen können, weshalb die Fackel „ungeeignet war, eine Gefahr für die Menschen, somit für Leib oder Leben einer größeren Anzahl herbeizuführen".
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen den dazu erstatteten Äußerungen der Verteidiger bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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