Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten T*****auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem hinsichtlich des Angeklagten Markus E*****rechtskräftig gewordenen, jedoch vom Angeklagten Jürgen Franz T*****bekämpften Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 19.Februar 1993 wurden Markus E*****- neben anderen Delikten - des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und Jürgen Franz T*****des Verbrechens des Raubes als Beteiligter (Beitragstäter) nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach liegt dem Markus E*****zur Last, am 23.August 1992 in Kufstein der Berta S***** mit Gewalt gegen ihre Person, indem er ihr mit einem heftigen Ruck die Umhängetasche entriß, wodurch die Frau zu Sturz kam, deren Handtasche samt Geldtasche mit einem Bargeldbetrag von ca 500 S und Briefmarken im Wert von 20,50 S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; dem Jürgen Franz T***** liegt zur Last, dadurch, daß er Markus E*****Anleitungen für die Durchführung des Raubes gab und während der Tat Aufpasserdienste leistete, zur Ausführung dieser Tat beigetragen zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Angeklagten T***** gegen dieses Urteil erhobenen, auf § 281 Abs 1 Z 1 a, 3, 4, 5 a, 9 lit a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Unzutreffend ist der Einwand, der Beschwerdeführer sei nicht während der ganzen Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten gewesen (Z 1 a).
Nachdem der Angeklagte T***** zu der für 19.Februar 1993, 8 Uhr 30, anberaumten und zu diesem Zeitpunkt begonnenen Hauptverhandlung nicht erschienen war, wurde das Verfahren gegen ihn mit Beschluß des Schöffensenates (gemäß § 57 StPO) ausgeschieden, weshalb sein Verteidiger um 8 Uhr 40 den Verhandlungssaal verließ (S 50/II). Um 8 Uhr 45 erschien T***** (S 51/II). Daraufhin wurde die Verhandlung zur Herbeiholung seines Verteidigers um 8 Uhr 47 unterbrochen und um 8 Uhr 52 fortgesetzt. Ab 8 Uhr 55 war der Verteidiger wieder anwesend (S 52/II), worauf der Beschluß auf Wiedereinbeziehung des Verfahrens gegen den Angeklagten T***** verkündet wurde (S 53/II).
Schon aus diesem Ablauf ergibt sich, daß die behauptete Nichtigkeit nicht vorliegt. Denn in der Zeit zwischen der Ausscheidung und der Wiedereinbeziehung des Verfahrens gegen den Angeklagten T***** - und allein während dieser Zeitspanne war dessen Verteidiger nicht im Verhandlungssaal - betraf die Hauptverhandlung prozessual nicht diesen Angeklagten, sondern ausschließlich den Mitangeklagten E*****.
Soweit aber der Beschwerdeführer vorbringt, seinem Verteidiger sei jener Teil der Aussage des Mitangeklagten E*****nicht zur Kenntnis gebracht worden, der während der Abwesenheit des Verteidigers erfolgte, übergeht er, daß ihm nach dem Inhalt des auch von ihm insoweit nicht angezweifelten Hauptverhandlungsprotokolls zu einem späteren Zeitpunkt - also während der Anwesenheit des Verteidigers - die Verantwortung des Angeklagten E***** (in vollem Umfang) zur Kenntnis gebracht wurde (S 58/II).
Mit dem weiteren Einwand, sein Verteidiger habe keine Möglichkeit zur Gegenäußerung (nach § 244 Abs 3 StPO) gehabt, zeigt der Beschwerdeführer keinen Nichtigkeitsgrund auf (Foregger-Kodek StPO5 § 244 Erl II).
Gestützt auf § 281 Abs 1 Z 3 StPO rügt der Beschwerdeführer einen angeblichen Protokollierungsfehler im Hauptverhandlungsprotokoll, der einen einzigen Satz betrifft und der seiner Meinung nach einer Nichtprotokollierung im Sinn des § 171 StPO gleichkomme.
Der angerufene Nichtigkeitsgrund liegt jedoch nur dann vor, wenn die Aufnahme eines Hauptverhandlungsprotokolls gänzlich unterlassen wurde, nicht aber bei Mängeln in der Protokollierung (Mayrhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 3 E 51).
Im übrigen ergibt sich aus dem im Akt erliegenden stenographischen Protokoll bereits das vom Beschwerdeführer als unverständlich hervorgehobene Wort "Ament", das die Schriftführerin - ersichtlich wegen der Ungewöhnlichkeit der Verwendung dieses Ausdruckes durch den Angeklagten E***** - in Langschrift festhielt.
In seiner Verfahrensrüge (24) behauptet der Beschwerdeführer, durch die Abweisung seines Antrages auf Vornahme eines Ortsaugenscheins am Friedhof Kufstein in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden zu sein.
Auch diese Rüge schlägt fehl.
Denn jene Position "X" an der Ecke der Kindergräber des Friedhofes von Kufstein, von der aus der Beschwerdeführer sowohl das Raubopfer als auch seinen - auf den Stiegen des Durchganges zwischen altem und neuem Friedhof sitzenden - Komplizen sehen konnte (vgl hiezu das Lichtbild S 351/I), wurde vom Beschwerdeführer selbst in der Hauptverhandlung bezeichnet (S 62/II iVm S 323/I).
Zutreffend konnte daher das Schöffengericht in seinem Zwischenerkenntnis (S 63/II) darauf verweisen, daß aus der Position "X" Sicht auf das Raubopfer und den Komplizen (und damit die Möglichkeit einer Zeichengebung durch Kopfnicken) gegeben war und es daher unerheblich ist, ob diese Sicht auch aus der - später eingenommenen - Position "B" möglich ist.
In der Tatsachenrüge (Z 5 a) versucht der Beschwerdeführer die ihn belastenden Angaben des Mitangeklagten E***** als unglaubwürdig darzustellen.
Diese Angaben wurden jedoch vom Schöffengericht, das auch auf die Abweichungen im Aussageinhalt in den verschiedenen Verfahrensstadien einging und eine durchaus plausible Erklärung dafür fand, eingehend gewürdigt und dabei als glaubwürdig beurteilt (US 14 f).
Die für die Anfechtung dieser Beurteilung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von erheblichen Bedenken gegen ihre Richtigkeit kann aber keineswegs - wie hier - im Vorbringen bestehen, daß das Erstgericht Beweisergebnisse bedenklich gewürdigt habe. Die Tatsachenrüge gestattet nämlich nicht die Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung (Mayrhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 5 a E 4 ua).
Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit a - indes der Sache nach Z 10) strebt der Beschwerdeführer eine Beurteilung des Tatgeschehens als Diebstahl oder allenfalls - nach seinen eine erhebliche Gewalt verneinenden Ausführungen - als minderschwerer Raub nach § 142 Abs 2 StGB an.
Die Rechtsrüge ist allerdings nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Denn zur gesetzmäßign Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes bedürfte es des Festhaltens am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt und dessen Vergleichung mit den darauf anzuwendenden Gesetzen.
Dieses Erfordernis verfehlt der Beschwerdeführer.
Soweit er Feststellungen hinsichtlich eines auf Abnötigung der geraubten Sachen gerichteten Vorsatzes vermißt, übersieht er, daß diese Art der Tathandlung, nämlich eine Herausgabe der Sache durch das Opfer, gar nicht als gegeben angenommen wurde (eine derartige Annahme wäre auch durch die Verfahrensergebnisse nicht indiziert), sondern eine Sachwegnahme durch den Mitangeklagten E***** (Leukauf-Steininger Komm3 § 142 RN 12 und 13).
Soweit er aber die Anwendung erheblicher Gewalt und einen darauf gerichteten Vorsatz bestreitet, setzt er sich in Widerspruch zu jenen Urteilsfeststellungen, mit denen konstatiert wurde, daß der Vorsatz der beiden Angeklagten auch dahin ging, daß das Reißen an der Tasche des Raubopfers unter Umständen mit solcher Gewalt vorzunehmen sei, daß die Frau zu Sturz kommen und Verletzungen davontragen könnte (US 10), und die Tatausführung tatsächlich mit solcher Gewalt erfolgte, daß nicht nur der Tragriemen der Handtasche abriß, sondern auch ein Gliederarmband der Armbanduhr des Opfers, diese Uhr mehrere Meter weit weggeschleudert wurde, die Frau zu Sturz kam und das Wegreißen der Handtasche Schwellungen und Blutunterlaufungen im Bereich der Finger der linken Hand des Opfers zur Folge hatte (US 11, 15 f).
Auch die Strafzumessungsrüge (Z 11), in welcher der Beschwerdeführer vorbringt, es sei ihm zu Unrecht eine Mehrheit strafbarer Handlungen als erschwerend zugerechnet worden, weil im erstgerichtlichen Urteil nur eine Tat festgestellt worden sei, versagt.
Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß das Schöffengericht - zutreffend - im Urteilsspruch gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14.Oktober 1992, GZ 37 Vr 1745/92-30 (richtig: ON 13) Bedacht nahm und bei Anführung der Strafzumessungsgründe (US 16) erneut auf diese Bedachtnahme verwies.
Bei Verhängung einer Zusatzstrafe ist zu ermitteln, welche Strafe bei gemeinsamer Aburteilung zu verhängen gewesen wäre, sodann die im Vor-Urteil verhängte Strafe hievon abzuziehen und der verbleibende Rest als Zusatzstrafe zu verhängen (Leukauf-Steininger Komm3 § 40 RN 2, § 31 RN 17).
Bei der solcherart vorzunehmenden gedanklichen Ermittlung der Strafhöhe für den Fall der Aburteilung sämtlicher Straftaten in einem Urteil sind selbstredend alle jene Strafzumessungsgründe mitzuberücksichtigen, die das Vor-Urteil betrafen. Die dort festgestellten Strafzumessungsgründe (S 141 im Akt AZ 37 Vr 1745 des Landesgerichtes Innsbruck) wurden demnach zutreffend in das nunmehrige Urteil übernommen (US 16).
Im Hinblick darauf, daß das Schöffengericht bei Aufzählung der besonderen Strafzumessungsgründe ausdrücklich auf die Tatsache der Bedachtname auf das erwähnte Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. Oktober 1992 verwies, ergibt sich, daß es dieses Urteil nicht als "einschlägige Vorstrafe" ansah, sondern die darüber hinausgehenden einschlägigen (gegen fremde Vermögenswerte gerichteten) Vorstraftaten.
Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).
Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten T***** fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck (§ 285 i StPO).
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