OGH 15Os47/22h

OGH15Os47/22h7.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Mag. Marko, BA, BA, als Schriftführerin in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Februar 2022, GZ 66 Hv 58/21p‑57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00047.22H.0607.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * G* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 12 zweiter Fall, 15 StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

[2] Danach hat er im Dezember 2019 in W* bzw in A* * B* dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) um mehr als das 25‑fache übersteigenden Menge einem verdeckten Ermittler in W* zu überlassen, und zwar am 6. Dezember 2019 Heroin in zwei verschiedenen Qualitäten, nämlich 1.973,8 Gramm (Wirkstoff: zumindest 37,96 % Heroin, zumindest 2,35 % Acetylcodein und zumindest 3,13 % Monoacetylmorphin) sowie 2.984,3 Gramm (Wirkstoff: zumindest 55,67 % Heroin, zumindest 3,07 % Acetylcodein und ca 0,7 % Monoacetylmorphin) um 105.000 Euro, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist, weil vor Abschluss des Geschäfts der polizeiliche Zugriff erfolgte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Offenbar unzureichend ist eine Begründung, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach Denkgesetzen oder allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache nicht ziehen lässt (RIS‑Justiz RS0108609). Eine unter Nichtigkeitsdrohung stehende Begründungspflicht besteht ausschließlich für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz RS0099497). Entscheidend ist eine Tatsache nur dann, wenn die Feststellung ihres Vorliegens oder Nichtvorliegens in den Urteilsgründen entweder die rechtliche Entscheidung über Schuld‑ oder Freispruch oder darüber beeinflusst, welche strafbare Handlung begründet wird (RIS‑Justiz RS0117264).

[5] Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) die Zuordnung der Rufnummer, mit der B* kommunizierte, zum Angeklagten als nicht begründet kritisiert, bezieht sie sich nicht auf eine entscheidende Tatsache, sondern bekämpft bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld.

[6] Der Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs‑ und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen (RIS‑Justiz RS0119583).

[7] Mit dem neuerlichen Hinweis, es gebe keine Beweisergebnisse, die die in Rede stehende Telefonnummer dem Angeklagten zuordnen würden, und Kritik an angeblichen Widersprüchen in der Aussage des Zeugen B* (vgl hiezu die Erwägungen des Erstgerichts auf US 6) und daran, dass die Übersetzung der Chatnachrichten „nicht beeidet vorgenommen“ worden sei, gelingt es der Rüge nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu erwecken.

[8] Dies gilt gleichermaßen für die von der Rüge angestellten Spekulationen, die Übersetzungen seien „nicht wahrheitsgetreu und daher jedenfalls manipuliert“ (zur Anwesenheit einer Dolmetscherin in der Hauptverhandlung vgl ON 56 S 1).

[9] Soweit die Beschwerde moniert, den Übersetzungen seien keine Originalnachrichten in albanischer Sprache angehängt und die ermittelnden Beamten hätten keine Nachforschungen in A* darüber getätigt, auf wessen Namen die fragliche Rufnummer angemeldet war, erklärt sie nicht, wodurch der anwaltlich vertretene Angeklagte daran gehindert gewesen wäre, entsprechende Anträge auch noch in der Hauptverhandlung zu stellen (RIS‑Justiz RS0115823).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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