OGH 15Os45/05i

OGH15Os45/05i2.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juni 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rene F***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (idF BGBl I 2001/130) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13. Oktober 2004, GZ 11 Hv 123/04f-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rene F***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (idF BGBl I 2001/130) schuldig erkannt.

Danach hat er am 22. Juni 2002 in Frohleiten Melanie G***** außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt, indem er sie zu Boden zog, sie niedergedrückt hielt, ihr die Kleider vom Körper streifte und ihr die Beine auseinanderspreizte, zur Duldung des Beischlafs genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Der Verfahrensrüge nach Z 4 zuwider durfte der Beweisantrag auf ergänzende Vernehmung der Zeugin Melanie G***** unter Vorhalt der Aussagen der Zeugen Sch*****, D*****, W***** und Gr***** ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden, beeinhaltete er doch nicht einmal ein Beweisthema als Mindesterfordernis für die - somit nicht mögliche - inhaltliche Prüfung seiner Berechtigung. Im Übrigen erschöpft sich die Beschwerde nur in der Behauptung fehlenden Substrats des den Antrag abweisenden Beschlusses des Schöffengerichts.

Der (in der Hauptverhandlung vom 25. August erstmals gestellte [S 298] und in jener vom 13. Oktober 2004 konkretisierte [S 350 f]) Antrag auf Durchführung einer Tatrekonstruktion im Zuge eines Ortsaugenscheins „unter Ladung der Zeugin G***** und Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fach der Gerichtsmedizin" sowie Einholung eines Gutachtens dieses Sachverständigen scheitert schon daran, dass ein Zeuge nicht verpflichtet ist, sich einer körperlichen Untersuchung zu unterziehen oder sonst an einer Befundaufnahme mitzuwirken. Der auf Befundaufnahme unter Mitwirkung der Zeugin an einer Tatrekonstruktion gerichtete Beweisantrag hätte somit darzulegen gehabt, warum anzunehmen sei, dass sich die Zeugin G***** ungeachtet dessen dazu bereitfinden werde (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 350). Abgesehen davon wird mit der Behauptung, „unter Ansatz der örtlichen Gegebenheiten unter Berücksichtigung der Alkoholisierung des Angeklagten" sei die Tatschilderung der Zeugin G***** „aufgrund der körperlichen Gegebenheiten der Zeugin und des Angeklagten technisch nicht durchführbar", mangels Darlegung, warum die beantragte Beweisaufnahme dieses vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse, ein bloßer Erkundungsbeweis begehrt (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Die Beschwerdeausführungen zur Antragsrelevanz scheitern am Neuerungsverbot, weil bei der Prüfung der Berechtigung eines Beweisantrags stets von den im Zeitpunkt der Stellung des Antrags vorgebrachten Gründen auszugehen ist und im Rechtsmittel vorgebrachte Gründe tatsächlicher Art keine Berücksichtigung finden können (vgl Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 4 E 40, 41).

Dem Begehren, der Oberste Gerichtshof möge im Rahmen des § 285f StPO ein Sachverständigengutachten im Sinn des Beweisantrags einholen, genügt es zu entgegnen, dass der Oberste Gerichtshof als in der Schuldfrage nicht entscheidende Rechtsinstanz selbst kein Beweisverfahren durchführen darf (Ratz, WK-StPO Vor § 280 Rz 12). Die Mängelrüge (Z 5) behauptet eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen zur Gewaltanwendung, kritisiert aber mit dem Vorwurf, die Schlüsse der Tatrichter seien „wissenschaftlich durch nichts begründet und bloß falsche Hypothesen", bloß nach Art einer Schuldberufung die - den Grundsätzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen nicht zuwider laufende - Beweiswürdigung der Tatrichter. Eine - in Rechtsmitteln häufig verlangte - logisch zwingende Begründung ist nicht erforderlich. Werden von der Nichtigkeitsbeschwerde den Urteilsannahmen bloß eigene Auffassungen und Erwägungen des Beschwerdeführers entgegengestellt, wird unzulässig das Beweiswürdigungsermessen des Schöffengerichts angegriffen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449 ff).

Der Beschwerde zuwider ist dem Urteil nicht zu entnehmen, dass das Schöffengericht aus der von der Zeugin Sch***** geschilderten Veränderung der Zeugin G***** nach der Tat einen als „alleinig möglich" erklärten Schluss auf eine stattgefundene Vergewaltigung gezogen hat (US 15).

Die Aussage der Zeugin Gr***** wurde vom Erstgericht nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern eingehend gewürdigt (US 13 f). Die Aufklärungsrüge (Z 5a) macht mit der Forderung, das Schöffengericht hätte von Amts wegen die bereits unter Z 4 relevierte Tatrekonstruktion durchführen und das dort begehrte Sachverständigengutachten, darüber hinaus auch noch ein aussagepsychologisches Gutachten betreffend die Zeugin G***** einholen sollen, nicht deutlich, wodurch der anwaltlich vertretene Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3 StPO), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (§§ 232 Abs 2, 254 StPO; vgl auch § 246 Abs 2 StPO; RIS-Justiz RS0114036; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 479 f). Die Rechtsrüge nach Z 9 lit a behauptet zum einen bloß abstrakt einen „Feststellungsmangel", ohne diesen zu konkretisieren, und geht zum anderen mit der Behauptung, der Tatablauf könne „so nicht stattgefunden haben" nicht von den erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen aus, sondern bestreitet diese. Die Rüge nach Z 9 lit b wiederum behauptet mit dem bloßen Hinweis auf eine in der Hauptverhandlung hervorgekommene Alkoholisierung des (sich nicht einmal selbst in Richtung Volltrunkenheit verantwortenden) Angeklagten kein auf einen Zustand der Zurechnungsunfähigkeit hinweisendes und zu entsprechenden Feststellungen Anlass gebendes Sachverhaltssubstrat. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, bei nichtöffentlicher Beratung in Übereinstimmung mit der Ansicht des Generalprokurators, jedoch entgegen der auf das Rechtsmittel bloß verweisenden Äußerung des Verteidigers gemäß § 35 Abs 2 StPO sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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