Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen wegen der Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG (II A des erstgerichtlichen Urteilssatzes), der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG (II B) und der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG (II C 1 bis 3) und demzufolge in den Aussprüchen der nach § 35 Abs 4 FinStrG verhängten Geldstrafe, der nach § 17 Abs 1, Abs 2 lit a, Abs 6 FinStrG und § 37 Abs 2 FinStrG verhängten Verfallsstrafe, der nach § 19 Abs 1 FinStrG verhängten Wertersatzstrafe sowie der gemäß § 26 Abs 2 FinStrG erteilten Weisung aufgehoben.
Im Umfng der Aufhebung wird gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Andreas H***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Wien vorsätzlich
(II A) im Jahr 1981 eine eingangsabgabepflichtige Ware, nämlich eine Doppelmantelgolduhr der Marke Elgin unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen und so eine Verkürzung von Eingangsabgaben, nämlich Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag in der Gesamthöhe von 5.278 S bewirkt und hiedurch das Vergehen des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG begangen sowie
(II C) geschmuggelte Sachen gekauft und verhandelt, und zwar
1. im Jahr 1980 ein 110-teiliges Eßbesteck - strafbestimmender Wertbetrag 47.445 S,
2. Anfang 1984 1 kg 14-karätigen Goldschmuck und 1/2 kg 18-karätigen Goldschmuck - strafbestimmender Wertbetrag 98.715 S und
3. im Oktober 1984 3,5 kg 14-karätigen Goldschmuck und 1,5 kg 18-karätigen Goldschmuck - strafbestimmender Wertbetrag 350.628 S
und hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG begangen
gemäß § 259 Z 3 StPO
sowie von der Anklage (II B) er habe in Wien vorsätzlich im Dezember 1984 unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch Vorlage einer sowohl gewichtsmäßig (um 583,3 Gramm 14-karätiges und 8,8 Gramm 18-karätiges Gold) als auch wertmäßig unterfakturierten Rechnung der Firma H***** SA vom 18. November 1984, Rechnungsnummer 55369 hinsichtlich 779 Gramm 18-karätigen und 5455 Gramm 14-karätigen Goldschmuck eine Verkürzung von Eingangsabgaben nämlich an Zoll 8.852 S, an Einfuhrumsatzsteuer 24.457 S und an Außenhandelsförderungsbeitrag 203 S, insgesamt daher
33.412 S, bewirkt und hiedurch das Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG begangen,
gemäß § 214 FinStrG
freigesprochen.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
III. Der Angeklagte wird mit seiner gegen die Verfallsstrafe nach § 17 Abs 1, Abs 2 lit a, Abs 6 und § 37 Abs 2 FinStrG sowie gegen die Wertersatzstrafe nach § 19 Abs 1 FinStrG gerichteten Berufung auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.
IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
A./ Mit dem angefochtenen, am 24.November 1994 gefällten Urteil wurde Andreas H***** des Vergehens der Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen nach § 255 (richtig: 225) Abs 2 StGB (I. des erstgerichtlichen Urteilssatzes) sowie der Vergehen (richtig: der Finanzvergehen) des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG (II A), der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG (II B) und der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG (II C 1 bis 3) schuldig erkannt.
Darnach hat er in Wien
(zu I) am 3.Juli 1984 und 1.Dezember 1984 (im Urteilsspruch unrichtig jeweils 1994; vgl US 2, 8 und 9 sowie Anzeige ON 5) jeweils mit einem nachgemachten öffentlichen Beglaubigungszeichen, nämlich mit nachgemachten österreichischen Punzierungszeichen für ausländische Edelmetallgegenstände aus Gold versehene Sachen, und zwar - am 3.Juli 1984 - eine Gliederhalskette (Collier) und - am 1.Dezember 1984 - einen Rubinring, im Rechtsverkehr durch Verkauf an den Juwelier Wilhelm Sch***** gebraucht;
(zu II A) im Jahr 1981 vorsätzlich eine eingangsabgabenpflichtige Ware, nämlich eine Doppelmantelgolduhr Marke Elgin unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen und so eine Verkürzung von Eingangsabgaben, nämlich an Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag in der Höhe von (insgesamt) 5.278 S bewirkt;
(zu II B) im Dezember (genauer: am 19.Dezember) 1984 vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch Vorlage einer sowohl gewichtsmäßig (um 583,3 Gramm 14-karätiges und 8,8 Gramm 18-karätiges Gold) als auch wertmäßig unterfakturierten Rechnung der Firma H***** SA vom 18. November 1984, Rechnungsnummer 55369, hinsichtlich 779 Gramm 18-karätigen und 5455 Gramm 14-karätigen Goldschmuck eine Verkürzung von Eingangsabgaben, nämlich an Zoll 8.852 S, ein Einfuhrumsatzsteuer 24.457 S und an Außenhandelsförderungsbeitrag 203 S, insgesamt daher 33.412 S (offenbar Schreib- oder Rechenfehler - vgl US 11 und 12;
Summe richtig: 33.512 S), bewirkt;
(zu II C) vorsätzlich geschmuggelte Sachen gekauft und verhandelt, und zwar
1. 1980 ein 110-teiliges Eßbesteck - strafbestimmender Wertbetrag
47.445 S,
2. Anfang 1984 1 kg 14-karätigen und 1/2 kg 18-karätigen Goldschmuck - strafbestimmender Wertbetrag 98.715 S und
3. im Oktober 1984 3,5 kg 14-karätigen und 1,5 kg 18-karätigen Goldschmuck - strafbestimmender Wertbetrag 350.628 S.
Das Schöffengericht verhängte nach "§ 255 Abs 1 StGB" (richtig: § 225 Abs 1 StGB) und nach § 35 Abs 4 FinStrG gesonderte - jeweils bedingt nachgesehene - Geldstrafen, eine Verfallsstrafe hinsichtlich der Doppelmantelgolduhr, des 110-teiligen Eßbesteckes und 6.028 Gramm sichergestellten 14-karätigen Goldschmuckes sowie eine Wertersatzstrafe in der Höhe von 500.000 S und erteilte dem Angeklagten gemäß § 26 Abs 2 FinStrG die Weisung, den den "Finanzstrafbehörden" (richtig: den Finanzbehörden) geschuldeten Betrag binnen einem Jahr zu entrichten.
Von zwei weiteren Anklagepunkten wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG betreffend einen Platinbarren und eine silberne Zigarettendose wurde der Angeklagte - unangefochten - gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche mit einer auf Gründe der Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Er hatte sogleich nach Urteilsverkündung neben der Nichtigkeitsbeschwerde auch eine nicht näher spezifizierte Berufung angemeldet; ausgeführt wurde die Berufung lediglich hinsichtlich der Verfallsstrafe und der Wertersatzstrafe.
B./ Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt, soweit in der Rechtsrüge (Z 9 lit b) hinsichtlich der Finanzvergehen der Eintritt des Strafaufhebungsgrundes der absoluten Verjährung des § 31 Abs 5 FinStrG geltend gemacht wird, zwar nicht aus der Argumentation des Beschwerdeführers, wohl aber aus anderen rechtlichen Erwägungen im Ergbnis teilweise Berechtigung zu.
Zutreffend verweist die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme darauf, daß der Beschwerdeführer bei seinem Günstigkeitsvergleich zwischen den Bestimmungen über die absolute Verjährung des Finanzstrafgesetzes 1958, BGBl 1958/129 (dort nicht wie der Beschwerdeführer meint § 31 Abs 5, sondern § 55 Abs 8), und der durch die Finanzstrafgesetznovelle 1985, BGBl 1985/571, geschaffenen Bestimmung des § 31 Abs 5 FinStrG in der geltenden Fassung die mittlerweile - auch zum Zeitpunkt der Begehung der nun in Rede stehenden Finanzvergehen - gegeben gewesene, durch die Finanzstrafgesetznovelle 1975, BGBl 1975/335, geschaffene Rechtslage übergeht, die die Bestimmung des § 55 Abs 8 FinStrG 1958 eliminiert hatte und eine absolute Verjährung für die damals - zur Tatzeit der angeschuldigten Finanzvergehen - in die originäre Zuständigkeit der Gerichte fallenden Finanzvergehen überhaupt nicht vorsah.
Dennoch ergibt sich aus einem anderen als dem vom Beschwerdeführer angestellten Günstigkeitsvergleich vorliegend die Notwendigkeit der Beachtung einer zehnjährigen absoluten Verjährungsfrist.
Der Gesetzgeber hob mit der bereits erwähnten Finanzstrafgesetznovelle 1985 die für die gerichtliche Zuständigkeit zur Aburteilung der Finanzvergehen des Schmuggels und der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben (§ 35 FinStrG) und der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 FinStrG maßgebliche Wertgrenze von 200.000 S auf 500.000 S an (§ 53 Abs 2 FinStrG in der geltenden Fassung im Vergleich zur Fassung der Finanzstrafgesetznovelle 1975). Er schied damit eine Delinquenz bis zu 500.000 S aus dem strafgerichtlich zu ahndenden Bereich aus und wies sie dem Verwaltungsstrafrecht zu. Damit sollte eine über die Berücksichtigung der Geldwertänderung in den Jahren 1975 bis 1985 hinausgehende Verschiebung vom Kriminalunrecht zum Verwaltungsunrecht vorgenommen werden (RV 668 d. BlgNR 16.GP S 14). Lediglich aus Gründen der Prozeßökonomie (so ausdrücklich S 16 der erwähnten RV) wurde in der Übergangsvorschrift des Art II § 3 Abs 2 FinStrG-Nov 1985 statuiert, daß die Änderungen der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte und Finanzstrafbehörden durch dieses Bundesgesetz auf bereits anhängige Strafverfahren keinen Einfluß hat, daß also die Gerichte die bereits anhängigen Verfahren wegen solcher Finanzvergehen, die nach der Neuregelung an sich nur mehr Verwaltungsunrecht darstellen, fortzuführen haben. Diese rein prozessuale Vorschrift ändert aber nichts daran, daß der Gesetzgeber den in Frage kommenden Delikten materiell nur mehr die Bedeutung von Verwaltungsunrecht zumaß. Die Bestimmung des § 3 des Art II der FinStrG-Nov stellt nämlich insgesamt auf den Zweiten Abschnitt des FinStrG ab, der vom Finanzstrafverfahren handelt. Dagegen trifft § 2 des Art II der genannten Novelle Übergangsregelungen in Ansehung des Ersten Abschnittes des Finanzstrafgesetzes und statuiert hier insbesondere auch das Günstigkeitsprinzip (§ 2 Abs 1).
Daraus ergibt sich, daß die im Ersten Abschnitt des Finanzstrafgesetzes eingereihte und gleichzeitig mit der FinStrG-Nov 1985 geänderte Bestimmung über die absolute Verjährung des § 31 Abs 5 FinStrG trotz der weiteren Zuständigkeit des Gerichtes im vorliegenden Verfahren - das vor der FinStrG-Nov 1985 bei Gericht anhängig gworden war und (in den Schuldspruchfakten) einen strafbestimmenden Wertbetrag von 488.133 S umfaßt - so anzuwenden ist, als ob (materiell) ein in die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit ressortierendes Finanzvergehen vorläge (so bereits 15 Os 17/91). Mithin ist hier für die Prüfung des Eintrittes der absoluten Verjährung nach § 31 Abs 5 die Verjährungsfrist von 10 Jahren maßgebend (vgl auch SSt 59/46 und SSt 60/76 für jenen Bereich, in welchem für an sich der verwaltungsstrafrechtlichen Kognition unterliegende Finanzdelikte zufolge von Konnexitätsbestimmungen Gerichte zuständig sind).
Ausgehend von diesen Überlegungen zeigt sich, daß die absolute Verjährung in den Schuldspruchsfakten II A (Tatzeit 1981) und II C (Tatzeiten 1980, Anfang 1984 und Oktober 1984) schon zum Zeitpunkt der Fällung des Urteils erster Instanz (24.November 1994) eingetreten war. Das Schöffengericht hätte daher insoweit mit einem Freispruch nach § 259 Z 3 StPO vorzugehen gehabt (Dorazil/Harbich Finanzstrafgesetz § 214 E 15).
Zum Zeitpunkt der Fällung des Urteils erster Instanz war jedoch die 10-Jahres-Frist der absoluten Verjährung in bezug auf das "im Dezember" (genauer: am 19.Dezember) 1984 verübte Schuldspruchfaktum II B noch nicht abgelaufen. Ein Freispruch nach § 259 Z 3 StPO kam demnach damals nicht in Frage.
Indes betrifft dieses Finanzvergehen einen strafbestimmenden Wertbetrag von nur 33.412 S, ressortierte daher nach der hier maßgeblichen Zuständigkeitsbestimmung des § 53 Abs 2 FinStrG (sowohl in der geltenden Fassung als auch in jener der Finanzstrafgesetznovelle 1975) in die Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde. Der Schöffensenat hätte daher insoweit mit einer Unzuständigkeitsentscheidung nach § 214 FinStrG vorzugehen gehabt.
Alle diese Entscheidungen hatte der Oberste Gerichtshof nunmehr nach Aufhebung der bezüglichen Schuldsprüche wegen der Finanzvergehen zu fällen. Der Umstand, daß auch in Ansehung des Schuldspruchsfaktums II B die Frist der absoluten Verjährung kurz nach Fällung des Urteils erster Instanz (und noch vor Zustellung der Urteilsausfertigung an den Verteidiger) abgelaufen ist, kann nicht zu einer Sachentscheidung des Obersten Gerichtshofes auch in diesem Faktum führen. Denn der Oberste Gerichtshof hat die Schuld- und Freisprüche eines erstinstanzlichen Urteils grundsätzlich auf der Basis der Rechts- und Verfahrenslage zum Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Urteils zu prüfen. Er würde mit einer Sachentscheidung in eine bereits zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz gegeben gewesene Kompetenz der Finanzstrafbehörde eingreifen.
Da schon aus den dargelegten Erwägungen in Ansehung der dem Angeklagten angeschuldigten Finanzvergehen Freisprüche teils gemäß § 259 Z 3 StPO, teils gemäß § 214 FinStrG zu fällen waren, erübrigt es sich auf alles weitere Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde zu der Faktengruppe II sowie auf den im Gerichtstag zur Sprache gebrachten Einfluß des Beitrittes Österreichs zur EU auf das vorliegende Strafverfahren einzugehen.
Von der Generalprokuratur wurde - an sich zutreffend - aufgezeigt, daß hinsichtlich des Schuldspruchsfaktums II C 1 die Voraussetzungen des § 1 der Amnestie 1995, BGBl 1995/350, vorlägen. Im Hinblick auf den Freispruch wegen der bereits vor der Amnestie 1995 eingetretenen Verjährung erübrigt sich auch ein Eingehen darauf.
Mit diesen Freisprüchen fallen auch alle auf Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes gestützten Sanktionenaussprüche, sodaß die allein gegen solche Aussprüche erhobene Berufung des Angeklagten darauf zu verweisen war. Angesichts dieser Freisprüche und der damit verbundenen Kassation der Sanktionenaussprüche bedarf es auch keines weiteren Eingehens auf den von der Generalprokuratur aufgezeigten Umstand, daß infolge einer Verzögerung in der Gesetzgebungstätigkeit dem Rechtsbestand des Finanzstrafgesetzes in der Zeit vom 1. bis 21. Dezember 1984 - die Verübung des Schuldspruchfaktums II B fällt in diesen Zeitraum - keine einschlägige Verfallsbestimmung angehörte.
C./ Nicht berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen nach § 225 Abs 2 StGB wendet.
Mit diesem Urteilsfaktum stehen nur jene Ausführungen in der Verfahrensrüge (Z 4) des Angeklagten im Zusammenhang, mit denen die Abweisung der beantragten Vernehmung der Zeugen O*****, Dr.P***** und D***** moniert wird.
Durch die Aussage der beiden Erstgenannten sollte der Nachweis erbracht werden, daß eine vom Angeklagten an O***** verkaufte Kette vorerst vom Punzierungsamt wegen Fälschungsverdachtes beschlagnahmt worden, nach ergebnisloser Prüfung der Verdachtsmomente jedoch an den Genannten wieder ausgefolgt worden sei (siehe dazu auch S 483/I).
Zutreffend verweist das Erstgericht in der - allerdings entgegen § 238 Abs 2 StPO erst im Urteil nachgeholten - Begründung seines ablehnenden Zwischenerkenntnisses (US 18) aber darauf, daß der Angeklagte bei seinem Geständnis gegenüber den Beamten des Zollamtes Wien auch zugegeben hatte, daß er die auf dem importierten Goldschmuck angebrachten falschen Punzen selbst überschlagen bzw herausgefeilt habe (vgl S 129/I), daß (demgemäß) laut Angabe zweier in der Hauptverhandlung vernommener, beim Hauptmünzamt bzw dem Punzierungsamt Wien beschäftigter Zeugen auch nur an 18 vom Angeklagten ausgelieferten Goldschmuckstücken Falschpunzen feststellbar waren und daß (daher) derartige Falsifikate nur in drei (anderen) Juweliergeschäften in Wien vorgefunden wurden (vgl diese Zeugenaussage S 513/I und 272/II). Daß sich bei einer an O***** gelieferten Goldkette der Verdacht der Falschpunzierung nicht erhärtet hat, ist demgemäß angesichts der Vielzahl der in der Punzierung veränderten Schmuckstücke ohne Bedeutung.
Die Einvernahme des Alfred D***** war gleichfalls entbehrlich, weil dem zu erweisenden Umstand, daß dieser steirische Juwelier mit angeblich hoher (aus dem Auftreten auf der Schmuckmesse in Vicenca und den auffälligen Schuhen des italienischen Schmuckverkäufers abgeleiteten - vgl S 555/I) Wahrscheinlichkeit vom selben Italiener wie der Angeklagte Goldschmuck erworben und die Ware als unbedenklich empfunden habe, angesichts des vom Angeklagten bei seiner Vernehmung vor dem Zollamt zugestandenen Hinweises des italienischen Schmuckverkäufers auf die Falschpunzierung und seines Wissens, daß nur durch den Schmuggel der Ware nach Österreich und die deshalb erforderlichen Falschpunzierungen derart günstiger Kaufpreis zu erzielen gewesen sei (S 113 f, 125 f/I), keine entscheidende Bedeutung zukommt (s US 18).
Eine überlange Dauer des Verfahrens, die vorliegend zu einem nicht unerheblichen Teil auf einen Verstoß des Strafaktes zurückzuführen ist, stellt keinen Nichtigkeitsgrund dar. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers wurden auch die EMRK die strafprozessualen Nichtigkeitsgründe nicht erweitert oder ergänzt (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 E 3). Dies zeigt sich übrigens sinnfällig darin, daß der Beschwerdeführer dieses Vorbringen unter den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO einreiht, ohne dartun zu können, daß die prozessualen Voraussetzungen für die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes, nämlich ein in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht gestellten Antrag oder erhobener Widerspruch, erfüllt seien. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, daß vom Angeklagten ein ihm gemäß § 91 GOG freistehender Fristsetzungsantrag nicht gestellt wurde. Hingewiesen sei darauf, daß dem Angeklagten nach der langen Verfahrensdauer der Eintritt der absoluten Verjährung bei den Finanzvergehen und im übrigen der vom Erstgericht auch berücksichtigte Milderungsumstand des § 34 Z 18 StGB zugute gekommen ist.
Entgegen dem Inhalt der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten - soweit sie den Schuldspruch I betrifft - enthält das erstgerichtliche Urteil keinen inneren Widerspruch zwischen der Feststellung, wonach der gesamte aus zahlreichen Einzelstücken bestehende aus Italien importierte Goldschmuck mit falschen österreichischen Importpunzen versehen war (US 7), und der Verurteilung des Angeklagten nur wegen Verkaufes zweier Goldschmuckgegenstände mit derart gefälschten Punzen (und zwar auf einem Collier und auf einem Ring). Angesichts des vom Erstgericht für glaubwürdig erachteten Geständnisses des Angeklagten, nach dem Import des Goldschmuckes falsche Punzen überschlagen bzw herausgefeilt zu haben (S 129/I) und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß eine lückenlose Überprüfung sämtlicher vom Angeklagten weiterverhandelter Schmuckgegenstände wegen deren Anzahl und der in der Natur derartiger Handelsgeschäfte liegender relativ hohen Umschlaghäufigkeit sowie der mangelnden Eruierbarkeit der nunmehrigen Eigentümer gar nicht möglich ist, können diese beiden Tatsachen nach den Gesetzen logischen Denkens durchaus nebeneinander bestehen. Im übrigen wäre es dem Gericht in Ansehung dieses Urteilsfaktums aus rechtlichen Erwägungen gar nicht möglich gewesen, über die auf diese beiden Schmuckstücke beschränkte Anklage (S 479/I) im Urteilsspruch hinauszugehen, ohne sich einer Anklageüberschreitung schuldig zu machen, selbst wenn es zur Überzeugung kam, daß der Angeklagte noch weitere mit Falschpunzen versehene Schmuckstücke veräußerte.
Die vom Angeklagten vermißte Begründung für das Zutreffen der festgestellten subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des Vergehens nach § 225 Abs 2 StGB hat das Erstgericht mit dem Hinweis auf die geständige Verantwortung des Angeklagten vor dem Zollamt Wien zureichend gegeben (US 13, 14).
Auch bedurfte es keineswegs näherer Ausführungen über die (selbst für geschulte Beamte des Punzierungsamtes bestehenden) Schwierigkeiten der Feststellung gefälschter Edelmetallpunzen, hatte doch der Angeklagte nach seinem Geständnis gegenüber den Zollbeamten die schon vor dem Import des Goldschmuckes nach Österreich erfolgte Falschpunzierung nicht etwa durch Kontrolle der Punzen festgestellt, sondern infolge eines entsprechenden Hinweises des Verkäufers in Verbindung mit dem sonst nicht erzielbaren günstigen Kaufpreis erkannt (S 113 f/I).
Mit der das Schuldspruchfaktum I betreffenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet der Angeklagte die gerichtliche Strafbarkeit seines Verhaltens mit der Behauptung, daß ein Verkauf eines mit nachgemachten österreichischen Punzierungszeichen versehenen Edelmetallgegenstandes nicht als Gebrauch einer mit einem nachgemachten öffentlichen Beglaubigungszeichen versehenen Sache im Rechtsverkehr anzusehen sei, weshalb nur eine Bestrafung durch die Verwaltungsstrafbehörde gemäß § 28 Abs 1 lit f PunzierungsG in Betracht käme. Hiezu beruft er sich auf Kienapfel (WK § 225 Rz 31), der mit der Begründung, daß weder unter der Herrschaft des StG (§§ 197, 199 lit d) noch unter jener des StGB ein derart umfassendes Strafbedürfnis bezüglich des Gebrauches im Rechtsverkehr der in § 225 Abs 1 StGB umschriebenen "Falsifikate" hervorgetreten sei, eine teleologische Reduktion des § 225 Abs 2 StGB für notwendig erachtet; danach soll der Anwendungsbereich dieser "Spezialvorschrift" auf Gegenstände beschränkt sein, deren charakteristische Funktion ein spezifischer Gebrauch im Rechtsverkehr sei, was nur bei Gebrauch von Gewichten, Waagen und sonstigen Meßgeräten der Fall sei; bezüglich des sonstigen Gebrauches derartiger Falsifikate bleibe es dagegen bei allfälligen Sonderbestimmungen wie etwa dem des Verwaltungsstrafrechtes.
Diese Argumentation überzeugt nicht.
Als öffentliches Beglaubigungszeichen gilt nach der Definition des § 225 Abs 3 StGB jedes Zeichen, das ein Beamter innerhalb seiner Amtsbefugnisse oder eine mit öffentlichen Glauben versehene Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises an einer Sache in der vorgeschriebenen Form angebracht hat, um eine auf die Sache bezügliche Tatsache zu bestätigen. Eine Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 225 Abs 1 oder Abs 2 StGB bloß auf jene öffentlichen Beglaubigungszeichen, die an Gewichten Waagen oder sonstigen Meßgeräten angebracht sind, läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Unbestritten (auch von Kienapfel aaO Rz 19; vgl auch Leukauf/Steininger Komm3 § 225 RN 2, Bertel/Schwaighofer BT II2 § 225 Rz 2) ist auch, daß amtliche Feingehaltpunzen öffentliche Beglaubigungszeichen im Sinn der genannten Legaldefinition des § 225 Abs 3 StGB sind. Weshalb - außer bei den von Kienapfel genannten Meßgeräten - nach dem Zweck des § 225 StGB ein gerichtliches Strafbedürfnis nur in Ansehung des Herstellens eines in § 225 Abs 1 StGB genannten, ein öffentliches Beglaubigungszeichen betreffenden "Falsifikates", nicht aber hinsichtlich dessen Gebrauchs im Rechtsverkehr bestehe, ist nicht nachvollziehbar, wird doch erst durch den tatsächlichen Gebrauch dieses "Falsifikates" der Vorsatz jener Person, die das "Falsifikat" im Sinn des § 225 Abs 1 StGB hergestellt hat, effektuiert. Handelt demnach die das "Falsifikat" im Rechtsverkehr gebrauchende Person vorsätzlich, wird im Regelfall auch hinsichtlich des Schuld- und Unrechtsgehaltes dieser Tat zu jener des "bloßen Fälschers" kein wesentlicher Unterschied bestehen.
Dies kommt gerade beim Verkauf von Edelmetallgegenständen, die mit nachgemachten oder verfälschten amtlichen Feingehaltspunzen versehen sind, besonders zum Ausdruck, wird hiedurch doch das bei derartigen (zumeist mit hohem Kapitaleinsatz verbundenen) Handelsgeschäften im besonderen Maß erforderliche Vertrauen in die Richtigkeit der behördlichen Bestätigung über den Mindestfeingehalt an Platin, Gold oder Silber des Edelmetallhandelsgegenstandes untergraben. Gerade diese Tathandlungen bedürfen daher sehr wohl auch der gegenüber der - nur sibsidiär anzuwendenden - Verwaltungsstrafvorschrift des § 28 Abs 1 lit f PunzierungsG strengeren gerichtlichen Strafsanktion des § 225 Abs 2 StGB, die der Gesetzgeber in Kenntnis der damals schon bestehenden Verwaltungsstrafnormen des PunzierungsG 1954 geschaffen hat.
Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Verurteilung wegen des Vergehens der Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen nach § 225 Abs 2 StGB richtet, zu verwerfen.
Eine Strafberufung hinsichtlich der wegen dieses Vergehens verhängten Geldstrafe wurde nicht ausgeführt. Die nicht näher spezifizierte Anmeldung einer "Berufung" sogleich nach Verkündigung des Urteils ist angesichts der im erstgerichtlichen Urteil enthaltenen Sanktionenmehrheit nicht auf die erwähnte Geldstrafe zu beziehen (§ 294 Abs 2 StPO).
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