OGH 15Os42/02

OGH15Os42/0216.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Mai 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann A***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 9. Oktober 2001, GZ 22 Hv 1011/01w-52, nach Anhörung der Generalprokurator in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann A***** des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 21 Abs 2 StGB wurde er in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Inhaltlich des Schuldspruches hat er am 20. März 2001 in Graz außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Hermine K***** dadurch, dass er sie auf sein Bett hinunterdrückte, sich über sie kniete, sie mit der Hand am Hals fasste und würgte, ihr Schläge gegen das Gesicht versetzte, sie an den Haaren riss und die Spitze eines Springmessers gegen ihr Gesicht richtete, sohin mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafes zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Ihr kommt Berechtigung zu.

In der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer geltend, die Tatrichter hätten den Schuldspruch unter anderem auf die Aussagen der Hermine K***** vor den Sicherheitsbehörden gestützt, obwohl diese in der Hauptverhandlung nicht verlesen und daher nicht Gegenstand des Verfahrens geworden waren.

Nach dem Hauptverhandlungsprotokoll wurde tatsächlich nur die Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz (ON 2) "mit Ausnahme der darin enthaltenen Zeugenaussagen" verlesen (S 390). Dessen ungeachtet schenkte das Schöffengericht den "Bekundungen (der Hermine K*****) vor der Sicherheitsbehörde" Glauben und erachtete durch sie und weitere Beweismittel die leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt (US 9).

Die Berücksichtigung von Beweismitteln, die nicht im Sinne des § 258 StPO zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurden, stellt den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO her (Foregger/Fabrizy StPO8 § 281 Rz 46; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 118f). Daraus folgt, dass sich eine neue Hauptverhandlung nicht vermeiden lässt. Das Urteil war daher in nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO). Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die weiteren Argumente der Beschwerde.

Im erneuerten Verfahren wird das Gericht die Feststellungen mängelfrei zu begründen und sodann den Sachverhalt einer neuerlichen rechtlichen Würdigung zu unterziehen haben.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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