OGH 15Os4/14y

OGH15Os4/14y19.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ent als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas B***** wegen der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 29. August 2013, GZ 609 Hv 3/13f‑111, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Andreas B***** der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB (I./), des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (II./) und der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 (richtig: und § 15) StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 22. Juni 2012 in Wien „im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit dem abgesondert verfolgten Martin S*****

I./ andere vorsätzlich getötet, und zwar

1./ Stephanie V***** durch Versetzen von insgesamt 14 Stichen mit einem Messer am Körper, Hals und linken Unterarm, die aufgrund mehrfacher Verletzungen innerer Organe und des Brustkorbs infolge Verblutens zum Tod der Genannten führten;

2./ Halina H***** durch Versetzen von insgesamt 19 Stichen mit einem Messer an Kopf und Körper sowie durch Schläge mit der Faust oder Tritte gegen das Gesicht, den Körper und die Extremitäten der Genannten, wodurch diese einen Nasenbeinbruch, Prellungen in der linken Kinn‑/Unterkieferregion, am rechten Ober‑ und Unterarm, an beiden Handrücken, in der mittleren Rückenregion, an der linken Hüfte und im rechten Innenknöchelbereich erlitt, wobei die Stichverletzungen insbesondere im Bereich des Halses, einhergehend mit Beschädigungen der inneren Drosselvene rechts und der äußeren Halsschlagader rechts, infolge Verblutens zum Tod der Genannten führten;

II./ anderen fremde bewegliche Sachen mit Gewalt gegen eine Person unter Verwendung von Waffen, nämlich jeweils eines nicht näher festzustellenden Messers, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1./ Stephanie V***** durch die unter I./1./ angeführte Gewaltanwendung ein Goldcollier, einige Ringe sowie diverse weitere Schmuckstücke in nicht festzustellendem Gesamtwert und Bargeld im Betrag von zumindest 20.000 Euro;

2./ Halina H***** durch die unter I./2./ angeführte Gewaltanwendung Bargeld in nicht festzustellendem Gesamtbetrag;

III./ an einer fremden Sache, nämlich an der von Stephanie V***** bewohnten Wohnung der Gemeinde Wien in *****, ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem sie an zwei Orten, nämlich im Wohnzimmer und in der Küche dort vorgefundene Sachen in Brand setzten, wobei das Entstehen einer Feuersbrunst durch Ausbreitung des Brandes auf die gesamte Wohnung und in Folge das gesamte Haus nur durch Einschreiten der Feuerwehr verhindert werden konnte“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 4, 5 und 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Andreas B*****, welche sich als nicht berechtigt erweist.

Die Verfahrensrüge (Z 4) behauptet Nichtigkeit, weil das Erstgericht die Zeugin Karin O*****, welche sich als Lebensgefährtin des Angeklagten im vorangegangenen Verfahren gemäß § 156 Abs 1 Z 1 StPO der Aussage entschlagen hatte, zur Hauptverhandlung nicht geladen habe, um sie zu fragen, ob sie weiterhin von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch mache oder nunmehr eine Aussage tätigen wolle. Damit wird ein Verstoß gegen eine in Z 4 angeführte Vorschrift nicht aufgezeigt (vgl RIS‑Justiz RS0099118). Ein entsprechender Antrag (Z 5) wurde vom Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht gestellt.

Die weitere Verfahrensrüge (Z 5) macht geltend, dass nach Aussetzung des den Rechtsmittelwerber betreffenden Wahrspruchs und rechtskräftiger Verurteilung des Martin S***** die Weiterführung des Verfahrens gegen Andreas B***** für diesen nachteilig gewesen wäre, weil die Geschworenen „zwar über eine Fragestellung des bewussten und gewollten Zusammenwirkens mit dem Mittäter zu entscheiden hatten, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, den ursprünglich Zweitangeklagten in seiner Stellung als mehrerer Kapitalverbrechen angeklagten Person zu erleben“. Es hätte daher auch der Wahrspruch gegen S***** ausgesetzt werden müssen, um dann das Verfahren gemeinsam zu führen. Die Verfahrensrüge scheitert schon daran, dass sie sich nicht einmal auf einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag beruft.

Weil § 321 Abs 2 StPO für die den Geschworenen zu erteilende Rechtsbelehrung nur eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt‑ oder Eventualfrage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes neben der Klarlegung des Verhältnisses der einzelnen Fragen zueinander und der Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage verlangt, verfehlt die Kritik daran, dass der Begriff der „Mittäterschaft“ nicht erläutert wurde, eine gesetzmäßige Darstellung des Nichtigkeitsgrundes (Z 8). Der Begriff des „Mittäters“ kommt im StGB nämlich nicht vor (RIS‑Justiz RS0101091 [T7]; Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 64). Eine Frage nach einer Beteiligung nach § 12 dritter Fall StGB wurde nicht gestellt, weshalb es diesbezüglich auch keiner Rechtsbelehrung bedurfte (vgl neuerlich RIS‑Justiz RS0101091 [T7]). Im Übrigen wird mit dem Vorbringen, bei richtiger Rechtsbelehrung hätten „die Geschworenen die Möglichkeit gehabt, den Mittäter S***** als unmittelbaren Täter anzusehen und zwar auch im Rahmen einer Einzeltäterschaft oder mit einem weiteren unbekannten Täter und hätte daher für den Angeklagten B***** die realistische Möglichkeit eines Freispruchs bestanden“, nicht dargelegt, inwiefern der behauptete Fehler Einfluss auf die Entscheidung der Geschworenen haben hätte können (vgl Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 62).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Über die Berufung wird demgemäß das Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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