Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen wird der Akt dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen Teilfreispruch enthält, wurde Walter E***** (zu 1.) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB, (zu 2.) des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB und (zu 3.) des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 (zu ergänzen: Abs. 1), 106 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er in der Zeit von Ende 1986 bis Jänner 1992 in Graz seine am 14.August 1981 geborene, unmündige Stieftochter Sara E*****
(zu 1.) in wiederholten Angriffen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er seine Finger in ihre Scheide einführte, sie dazu aufforderte, sein erigiertes Glied bis zum Samenerguß zu "reiben", ihr sein Glied in den Mund steckte und versuchte, dieses auch anal einzuführen,
(zu 2.) hiedurch als Stiefvater seine minderjährige Stieftochter zur Unzucht mißbraucht und
(zu 3.) durch gefährliche Drohung mit dem Tod, und zwar durch die wiederholten Äußerungen, wenn sie jemandem, insbesondere der Mutter, von den zu Punkt 1. angeführten Handlungen etwas erzähle, werde er zuerst die Mutter und dann sie und ihre Schwester Jasmin mit einem Messer in Stücke schneiden bzw sie "aufschlitzen oder erschießen", wobei er der Minderjährigen zur Bekräftigung seiner Worte ein Überlebensmesser zeigte, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme einer Mitteilung an die Mutter genötigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Mit der Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich der Beschwerdeführer zunächst gegen die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Vernehmung der Zeugen Dr.J*****, Grete S*****, Helga P*****, Margit E*****, Rosa E*****-E***** und Rosa E***** zum Beweise dafür, daß die Aussage der Sara E***** ihrem gesamten Inhalte nach falsch und nur unter dem Druck ihrer Mutter zustande gekommen sei.
Durch die Nichtdurchführung dieser Beweise wurden jedoch Verteidigungsrechte nicht verletzt, zielte doch dieses Begehren nach dem in erster Instanz formulierten Beweisantrag bloß auf die Möglichkeit, ein allenfalls zu Gunsten des Angeklagten verwertbares mittelbares Beweisergebnis zu erlangen, und damit auf die Durchführung eines - unzulässigen - Erkundungsbeweises ab, den das Gericht demnach zu Recht ablehnen konnte.
Nicht im Recht ist die Beschwerde auch, soweit sie die Ablehnung der beantragten Beiziehung eines zweiten Sachverständigen für Psychologie und Psychiatrie zum selben Beweisthema (ebenfalls) als Verfahrensmangel (Z 4) reklamiert. Die erfolgreiche Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes hätte, bezogen auf das in Rede stehende Begehren, zur Voraussetzung, daß das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen die in den §§ 125, 126 StPO bezeichneten Mängel aufweist; derartige Mängel behauptet der Rechtsmittelwerber indes gar nicht. Die Frage aber, ob ein Gutachten ausreichend und schlüssig ist, bleibt als Beweisfrage der Beurteilung durch die Tatsacheninstanz vorbehalten (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 132, 133).
Wenn in der Beschwerde unter Hinweis auf einzelne, aus dem Zusammenhang genommene Passagen der Ausagen der Zeugen Dr.K***** und Inspektor W***** sowie der Ausführungen des Sachverständigen Dr.H*****, dessen Gutachten und in weiterer Folge die Glaubwürdigkeit der Zeugin Sara E***** nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Zweifel zu ziehen versucht wird, dann gelangt damit der relevierte Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.
Entgegen der Beschwerdeargumentation weist aber auch die gutachtlich zu beurteilende Frage des Vorliegens von Konfabulierungstendenzen bei der minderjährigen Belastungszeugin keineswegs einen so hohen Schwierigkeitsgrad auf, daß die Bestellung zweier Sachverständiger im Sinne des § 118 Abs. 2 StPO erforderlich gewesen wäre. Der Verfahrensrüge kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu.
Den Ausführungen in der Mängelrüge (Z 5) zuwider besteht zwischen den festgestellten Tathandlungen des Angeklagten und dem sich aus dem Befund der Universitätsfrauenklinik Graz (AS 67-69) ergebenden Umstand, daß Sara E***** im anatomischen Sinne unberührt ist, kein erörterungsbedürftiger Widerspruch. Daß nämlich das Einführen eines Fingers in die Scheide - die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs liegt dem Angeklagten nicht zur Last - notwendigerweise eine Verletzung des Hymens zur Folge haben müsse, entspricht - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - durchaus nicht allgemeiner Lebenserfahrung. Ebensowenig schließt das Fehlen von Verletzungsmerkmalen anläßlich der gynäkologischen Untersuchung vom 19. Mai 1992 (ON 10) die lange zuvor liegenden Tathandlungen aus.
Dem bekämpften Ausspruch - sowohl zu den Unzuchtshandlungen wie auch zur schweren Nötigung - haftet aber auch nicht die behauptete Unvollständigkeit an: denn das Erstgericht hat die von der Beschwerde ins Treffen geführten Divergenzen - die es gemäß dem Gebot der gedrängten Abfassung der Urteilsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) nicht detailliert wiedergeben mußte - sehr wohl in den Kreis seiner beweiswürdigenden Erwägungen einbezogen (S 325-333). Nach dem Urteilssachverhalt war der Grund der vom Angeklagten genützten Abwesenheit der Mutter seiner Stieftochter durchaus nicht ausschließlich das Einkaufen oder Drehorgelspiel, sodaß die diesbezüglichen Überlegungen des Beschwerdeführers ins Leere gehen. Daß dieser aber nie mit Sara E***** allein gewesen wäre, ist der Aktenlage nicht zu entnehmen, sodaß auch dieser Beschwerdeeinwand versagt. Keine entscheidungswesentliche Tatsache betrifft der Hinweis auf den erst 1991 getätigten Kauf eines Videorecorders und eines "Überlebensmessers", schließt dies doch die Urteilsannahme, wonach der Angeklagte mit Sara E***** Pornohefte und Pornofilme angesehen bzw seinen Drohungen (auch) unter Vorzeigen eines solchen Messers Nachdruck verliehen hat, für den inkriminierten Zeitraum - insgesamt gesehen - jedenfalls nicht aus. Ob schließlich der Angeklagte für Sara E***** tatsächlich die einzige männliche Bezugsperson war, betrifft ebenfalls keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache.
Nach eingehender Prüfung der zahlreichen, in der Tatsachenrüge (Z 5 a) erhobenen Einwände gelangt der Oberste Gerichtshof zur Überzeugung, daß damit keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Beschwerdeführers zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen dargetan werden. Der Sache nach unternimmt der Rechtsmittelwerber mit seinem Vorbringen (abermals) nur den - im schöffengerichtlichen Verfahren nach wie vor unzulässigen - Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellungen aufkommen lassen.
Die sohin zur Gänze offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten und jene der Staatsanwaltschaft Graz fällt demzufolge in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).
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