OGH 15Os36/88

OGH15Os36/8815.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.März 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Takacs als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef W***, Hans Peter T*** und Remzulah S*** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach §§ 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG sowie § 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich aller Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 27. April 1987, GZ 21 a Vr 2667/86-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Remzulah S*** sowie demzufolge in dem diesen Angeklagten betreffenden Straf- und Vorhaftanrechnungsausspruch aufgehoben und die Strafsache an das Erstgericht - zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung - zurückverwiesen.

II. Die Staatsanwaltschaft mit ihrer den Angeklagten S*** betreffenden Berufung auf die zu I getroffene Entscheidung verwiesen.

III. Gemäß § 285 i StPO werden die Akten zur Entscheidung über die die Angeklagten W*** und T*** betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurden der Angeklagte Josef W*** des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG und die Angeklagten Hans Peter T*** und Remzulah S*** des teilweise vollendeten, teilweise versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 3 Z 3 SGG sowie § 15 Abs 1 StGB, teilweise als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB und des Verbrechens nach § 14 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Nur der Angeklagte S*** bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; die Staatsanwaltschaft erhebt Berufung hinsichtlich aller Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kann bereits, soweit Verfahrensmängel (Z 4) geltend gemacht werden, Berechtigung nicht versagt werden. Das Schöffengericht hat die Anträge des Beschwerdeführers auf Vernehmung des Branko K*** (S 270/III) und auf Beischaffung des Reisepasses des Beschwerdeführers (S 274/III) abgewiesen (S 272/III und 275/III). Hiebei verletzte es die ihm gemäß § 238 Abs 2 StPO auferlegte Verpflichtung, seine Zwischenerkenntnisse zu begründen (und diese Gründe im Protokoll ersichtlich zu machen). Allerdings könnte unter dem Gesichtspunkt einer Prüfung der Relevanz dieser Formverletzung (§ 281 Abs 3 in Verbindung mit Abs 1 Z 4 StPO) aus einer im Urteil nachgetragenen Begründung erkennbar sein, daß die Unterlassung der Verkündung der Begründung des Zwischenerkenntnisses keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung üben konnte (Mayerhofer/Rieder, StPO2 E 69 zu § 281 Abs 1 Z 4, E 11 zu § 238).

Im Urteil jedoch beschränkte sich das Schöffengericht auf die floskelhafte Wendung, die Beweisanträge seien "auf Grund der Verantwortungen der Angeklagten sowie der Beweisergebnisse" abzuweisen gewesen (US 11).

Diese mangels jedweder Substantiierung inhaltsleere Wendung läßt jede sachbezogene Erörterung dahingehend vermissen, von welchen konkreten Umständen sich das Schöffengericht bei seinen Zwischenerkenntnissen leiten ließ, und ist demgemäß nicht nachvollziehbar. Hiebei bezieht das Gericht sich in der wiedergegebenen undifferenzierten Form sogar (auch) auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers, zu deren Stützung diese Anträge jedoch gestellt worden waren.

Zutreffend verweist nun der Beschwerdeführer darauf, daß durch die Vernehmung des gesondert verfolgten K*** dargetan werden sollte, daß er "mit dieser Sache" (den vorliegenden Suchtgiftdelikten) nicht in Verbindung stehe und daß er - entgegen der Aussage des Angeklagten T***, der das Erstgericht folgte (US 7 in Verbindung mit S 48/I) - nicht (schon) am 1.Oktober (oder 30. September), sondern erst am 2.Oktober 1986 nach Österreich eingereist sei. Zum Nachweis des zuletzt angeführten Umstandes diente außerdem der Antrag auf Beischaffung des Reisepasses. Aus einem Stempel in diesem Dokument würde sich nämlich der 2. Oktober 1986 als Tag der Einreise nach Österreich ergeben. Da nun keineswegs verläßlich auszuschließen ist, daß diese beiden begehrten Beweisaufnahmen, sofern sie das behauptete Ergebnis gebracht hätten, auf die Wertung der Glaubwürdigkeit der Verantwortung des Beschwerdeführers und jener des Mitangeklagten T*** durch das Schöffengericht und damit auf die Entscheidung keinen dem Erstgenannten nachteiligen Einfluß üben konnten, war schon deshalb wegen dieses dem Schöffengericht unterlaufenen Verfahrensmangels das bekämpfte Urteil im Schuldspruch des Angeklagten S***, demzufolge aber auch in dem ihn betreffenden Strafausspruch (einschließlich des darauf beruhenden Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) sofort bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285 e StPO).

Im Hinblick darauf war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die in der Verfahrensrüge vertretene Rechtsansicht des Beschwerdeführers über das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuchs gemäß § 15 Abs 3 StGB jedenfalls insofern nicht zielführend sein kann, als ihm die vollendete Einfuhr von Suchtgift und ein Suchtgiftkomplott (§ 14 Abs 1 SGG) zur Last liegt und bezüglich eines versuchten Inverkehrsetzens des Suchtgiftes absolut untauglicher Versuch selbst dann nicht vorläge, wenn dieser durch das Verhalten eines "Verbindungsmannes der Polizei" ausgelöst worden wäre (SSt 55/65, SSt 54/67, SSt 50/30 = JBl 1979, 663 uam), zumal bei der vorliegenden, tatsächlich Suchtgift betreffenden Tathandlung auch nicht gesagt werden könnte, daß nach der Art des Objektes, an dem sich der Angriff auf das geschützte Rechtsgut der menschlichen Gesundheit realisiert, die Verletzung dieses Rechtsgutes unter keinen Umständen möglich sei (EvBl 1987/5 - verst.Sen.). Zur Entscheidung über die Berufung der Anklagebehörde hinsichtlich der - rechtskräftig schuldig erkannten - Angeklagten W*** und T*** waren die Akten dem Oberlandesgericht Linz zuzuleiten (§ 285 i StPO nF).

Soweit dieses Rechtsmittel den Angeklagten S*** betraf, war die Berufungswerberin auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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